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Börse Frankfurt-News: Aktienmärkte in der Gefährdungszone- Hüfners Wochenkommentar

Veröffentlicht am 07.03.2012, 15:46
Aktualisiert 07.03.2012, 15:48
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 7. März 2012. Die extrem hohe Liquidität sowie die sich bessernde Konjunktur werden sich in den kommenden Monaten positiv auf die Entwicklung der Aktienmärkte auswirken.Negativ sind die schlechteren Aussichten für die Inflation, die zunehmenden weltpolitischen Spannungen und die ungelösten Probleme der Eurokrise.Insgesamt überwiegen aus meiner Sicht die Chancen, wobei es aber zu erheblichen Schwankungen kommen wird.

Bei den vielen Tipps für die Anleger zu Einzelthemen in meinen Wochenkommentaren werde ich immer wieder nach dem Gesamtbild gefragt. Wird sich die furiose Entwicklung der Aktienmärkte in den ersten zwei Monaten des Jahres fortsetzen oder ist mit einer Pause oder einem Rückschlag zu rechnen? Bisher gab es drei starke Säulen, die die Entwicklung der Märkte getragen haben. Eine hat sich zuletzt noch verstärkt, eine ist inzwischen brüchiger geworden. Die stärkste Säule ist die extrem hohe Liquidität auf den Märkten. So viel Geld, wie im Augenblick gedruckt wird, hat es meines Wissens in der Welt noch nie gegeben. Die Grafik zeigt die Entwicklung in den USA in den zurückliegenden 100 Jahren. Was sich da abgespielt hat, ist ein Strukturbruch, man könnte auch von einem Kulturschock sprechen.

So etwas gab es noch nicht

Die Banken schwimmen im Geld. Sie nutzen es zum Teil, um Staatsanleihen zu kaufen. Das hat geholfen, die Eurokrise in 16 der 17 Mitgliedsländer zu enspannen. Zum Teil geht die Liquidität aber auch in andere Bereiche der Finanzmärkte. Es müsste schon ganz starke Gründe geben, dass nicht auch Aktien davon profitieren. Dieser Effekt wird angesichts des Volumens, um das es geht, noch geraume Zeit andauern.

Manche Händler haben Angst, dass die positiven Effekte bald verpufft sein könnten, weil es jetzt keine Phantasie für neue Programme gibt. Das ist nicht richtig. Erstens hat die EZB noch weiteres Pulver im Köcher. Sie kann zum Beispiel die Zinsen senken. Zweitens - und noch wichtiger - kommt es nicht nur auf die Erwartungen an. Jetzt muss erst einmal der 'Brocken' von 316 Milliarden Euro, der Nettoeffekt des letzten Tenders, verdaut werden.

Das führt zu höheren Kursen. Die zweite Säule ist die bessere Konjunktur. In den meisten großen Industrieländern sind die Befürchtungen einer Wachstumsabschwächung Anfang 2012 nicht eingetreten. Noch ist eine Reihe von Unternehmen mit ihren Prognosen vorsichtig. Die Zurückhaltung wird sich jedoch lösen. Am besten sieht es in den USA aus, wo die Wirtschaft in diesem Jahr um 2,5 Prozent bis 3 Prozent wachsen wird. In Japan hellen sich die Perspektiven auf. Vielleicht kann dort eine Rezession vermieden werden. Im Euroraum gibt es eine zweigeteilte Konjunktur: In den Kernländern rund um Deutschland sieht es ordentlich aus (Wachstum über 1 Prozent), in Südeuropa wird es freilich einen Rückgang der Wirtschaftsleistung geben.

Unter diesen Umständen werden die Unternehmensgewinne weiter steigen. Das stimuliert die Aktienkurse und untermauert die Liquiditätshausse von der fundamentalen Seite.

Die dritte Säule war bisher die Preisstabilität. Man ging davon aus, dass sich die Inflation weltweit verlangsamen würde. Das hätte die Kaufkraft der Verbraucher erhöht, sich positiv auf die Unternehmensgewinne ausgewirkt (durch niedrigere Kosten) und es den Notenbanken erleichtert, weitere expansive Impulse zu geben. Der Anstieg der Notierungen für Öl (+ 13 Prozent seit Jahresbeginn) hat einen Strich durch diese Rechnung gemacht. In Europa ist die Geldentwertung im März wieder leicht angestiegen. Ob das so anhalten wird, ist schwer abzuschätzen.

Den drei Säulen des Aufschwungs stehen drei Risikofaktoren gegenüber. Der wichtigste aus meiner Sicht sind die weltpolitischen Spannungen. Sie nehmen in beängstigender Weise zu. 2010 gab es nach einer Statistik des Heidelberger Instituts für Internationale Konflikte 6 Kriege. 2011 waren es 20. In diesem Jahr könnten es noch mehr werden angesichts des absehbaren Konfliktpotenzials von Iran über Afghanistan/Pakistan bis zu Syrien und Nordafrika sowie der Subsahara in Afrika. Wenn hier etwas passieren sollte, könnte sich die gute Stimmung in der Welt schnell ändern, von den negativen Auswirkungen auf die Rohstoffpreise ganz zu schweigen.

Das zweite Risiko ist die drohende Abschwächung der chinesischen Wirtschaft. Der chinesische Ministerpräsident sprach vor dem Volkskongress in dieser Woche nur noch von einem Wachstum von 7,5 Prozent in diesem Jahr. Das wäre sehr wenig. Andererseits haben sich die Umfragen der Einkaufs-Manager im Reich der Mitte zuletzt etwas verbessert. Zudem wird die Politik alles tun, um gegenzusteuern. Solange sich die Expansion im Bereich von 8 Prozent hält (2011 waren es noch 9,5 Prozent), ist das kein Beinbruch. Sollten es jedoch weniger werden, was angesichts der vielen Probleme in dem Land (und der Befürchtungen mancher dort tätigen Unternehmen) durchaus möglich ist, dann gibt es Probleme.

Schließlich sind die strukturellen Schwierigeiten der letzten Jahre, vor allem die Eurokrise, noch nicht gelöst. Sie sind nur von der Liquidität zugedeckt. Sie werden wieder hochkommen und vor allem: Sie müssen irgendwann gelöst werden. Nach dem Brüsseler Gipfel in der letzten Woche hatte ich den Eindruck, als seien die Politiker ein wenig zu entspannt, so als könnten sie die Krise jetzt abhaken.

Für den Anleger

Bei drei positiven und drei negativen Faktoren müsste es eigentlich Unentschieden stehen. Ich bewerte die hohe Liquidität und die Konjunktur jedoch stärker und bin daher für die Aussichten der Märkte optimistischer. Dies auch, weil noch viel Geld in den Vorhöfen des Kapitalmarkts wartet. Andererseits ist die Entwicklung in den letzten Wochen zu schnell gegangen, so dass eine 'technische Reaktion' fällig ist. Zudem sind Indexstände beim DAX von knapp 7.000 schon wieder gefährlich nahe an den bisherigen Höchstständen von 8.000. Dies begrenzt den Anstieg der Aktienkurse und spricht für hohe Volatilität.

Anmerkungen oder Anregungen? Martin Hüfner freut sich auf den Dialog mit Ihnen: redaktion@deutsche-boerse.com.

© 7. März 2012 /Martin Hüfner

Dr. Martin W. Hüfner ist Chief Economist bei Assenagon Asset Management S.A. Er war viele Jahre Chefvolkswirt beziehungsweise Senior Economist bei der HypoVereinsbank und der Deutschen Bank. In Brüssel leitete er den renommierten Wirtschafts- und Währungsausschuss der Chefvolkswirte der Europäischen Bankenvereinigung. Hüfner schreibt für große internationale Zeitungen wie die Neue Züricher Zeitung oder die Schweizer Finanz und Wirtschaft sowie für große Zeitungen in Deutschland. Er ist Autor mehrerer Bücher, u. a. 'Europa Die Macht von Morgen' und 'Comeback für Deutschland'.

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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