FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 13. Oktober 2014. Innerhalb von nur drei Wochen hat der DAX über 1.000 Punkte verloren. Charttechniker sind nicht überrascht - und es könnte noch schlimmer kommen.
Mit dem Absturz des DAX in der vergangenen Woche wurden erneut wichtige charttechnische Hürden gerissen: "Den Freitag dürften die meisten Anleger hierzulande nicht so schnell vergessen", kommentiert Christian Henke von IG Markets. Obwohl der deutsche Leitindex ein neues Verkaufssignal generiert habe, sei das Ende der Hausse aber noch nicht besiegelt.
Der DAX hat vergangene Woche 4,4 Prozent verloren und ging bei 8.788,81 Punkten aus dem Handel, dem tiefsten Stand seit einem Jahr. Auslöser waren enttäuschende Daten zu den Auftragseingängen und zur Industrieproduktion in Deutschland. "Hinzu kam, dass der IWF seine Prognosen für das Weltwirtschaftswachstum senkte, die Volkswirte erwarten nur noch 3,3 Prozent in diesem sowie 3,8 Prozent im kommenden Jahr", erläutert die LBBW. Am Montagmorgen notiert der DAX ganz leicht im Plus.
Positiver Langfristtrend intakt
Der Index hatte sich Henke zufolge zuvor in einer Seitwärtsphase befunden, dann sei die untere Begrenzung der seit November 2013 bestehenden Preisspanne bei 8.952/8.982 Punkten aber signifikant unterschritten worden. Rein theoretisch bliebe der Weg frei bis in den Bereich bei 8.132/8.152 Punkten, den ehemaligen Höchstständen aus den Jahren 2000 und 2007. "Diese einstige betonharte Widerstandsbarriere fungiert nun als solide und hoffentlich zuverlässige Unterstützung", meint Henke.
Dennoch sei der langfristige Aufwärtstrend weiterhin intakt, der DAX halte sich bislang in einem seit März 2009 bestehenden Aufwärtstrendkanal auf, dessen untere Trendkanallinie momentan bei 7.680 Punkten verlaufe. Bei der Betrachtung des Kursverlaufs auf Tagesbasis sei der DAX nach diesem Kursdesaster zudem nun überverkauft. "Eine technische Gegenbewegung bis zur Ausbruchsstelle bei 8.982/8.952 Zählern ist möglich, wenngleich diese vorerst nichts an dem neuen Verkaufssignal ändern dürfte."
US-Märkte könnten helfen
"Wollen die Bullen das Zepter weiter in der Hand behalten, hilft nur noch ein beherzter und vor allem rascher Spurt zurück über die massive Unterstützungszone bei 8.900/9.000 Punkten", meint auch Karen Szola von finanzen.net. Bleibe dieser aus, werde mit dem Fall unter die sogenannte Nackenlinie bei 8.900 Zählern ein übergeordnetes Verkaufssignal ausgelöst. Dahinter stecke eine bearishe Kopf-Schulter-Formation, die der Index mit den Kursgipfeln bei 9.794, 10.050 und 9.891 Punkten in den vergangenen Monaten gebildet habe. "Aus dieser Trendwendeformation lässt sich ein Kursziel bei 7.750 Zählern ableiten." Aufgrund der mittlerweile sehr stark überverkauften Markttechnik sieht Szola aber durchaus Chancen auf eine technische Erholung. "Je nach Intensität könnte dies dann der Startschuss für eine Jahresendrallye sein." Dafür müsse es aber gelingen, die obere Begrenzung der seit Ende 2013 bestehenden Schiebezone bei 9.800 Zählern nach oben zu überwinden.
Die US-Indizes seien unterdessen noch nicht in charttechnische Schieflage geraten, sie notieren gerade noch über ihren wichtigen 200-Tage-Linien, die allerdings aktuell einem Test unterzogen würden. "Verhindern die Durchschnittslinien einen weiteren Kursrückgang, so werden sich auch beim deutschen Aktienbarometer in Kürze wieder steigende Notierungen einstellen. Geht dieses Szenario aber nicht auf, so sollten sich Anleger warm anziehen."
Euro-Schwäche als Pluspunkt
Aus fundamentaler Sicht gibt es aber Anlass zu Optimismus: Sascha Rehbein von der Weber Bank erwartet zwar, dass sich die derzeitige Euro-Schwäche erst im vierten Quartal positiv in den Unternehmensbilanzen bemerkbar machen wird, allerdings könnten Unternehmenslenker gerade aus exportorientierten Branchen bereits in dieser Bilanzsaison ihren Ausblick nach oben anpassen und somit die Kurse stützen. "Nichtsdestotrotz bleiben wir aktuell taktisch defensiv ausgerichtet, da aus der Charttechnik markante Unterstützungsmarken zum Teil durchbrochen wurden", bemerkt der Analyst. Mittelfristig sollten die Aktienmärkte in einem Spannungsfeld zwischen einerseits schwächeren Konjunkturdaten und anderseits unterstützender Geldpolitik von Seiten der EZB bleiben.
In den kommenden Tagen nimmt die US-Berichtssaison an Fahrt auf, vor allem Banken, aber auch Technologieunternehmen wie Intel, Ebay, IBM und Google legen ihre Bücher offen. Nach Einschätzung der LBBW dürfte die M&A-Welle Investmentbanken im eigentlich schwächeren Sommerquartal Geld in die Kassen gespült haben, positive Überraschungen seien möglich.
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftsdaten
Dienstag, 14. Oktober
11.00 Uhr. Deutschland: ZEW-Konjunkturerwartungen Oktober. Die Sorgen vor einem Einbruch der Konjunktur in Deutschland dürften sich der Commerzbank zufolge auch im ZEW-Index niedergeschlagen haben, der voraussichtlich auf -5,0 gefallen sei (Konsens: 0,0). Der Index beruht auf einer Befragung von Finanzmarktexperten und gilt als besonders empfindlicher Seismograph.
Mittwoch, 15. Oktober
14.30 Uhr. USA: Einzelhandelsumsätze September. Die Commerzbank rechnet mit einem kleinen Minus von 0,1 Prozent gegenüber dem Vormonat (Konsens -0,1 Prozent), darauf deute vor allem der geringere Autoabsatz hin. Eine generelle Konsumschwäche zeige dies aber nicht an.
Donnerstag, 16. Oktober
11.00 Uhr. EU: Verbraucherpreise September. Mit Blick auf die sehr schwachen Aufschwungskräfte muss der Preisdruck in der Währungsunion weiter mit der Lupe gesucht werden, meint HSBC Trinkaus. Im September habe die Teuerung wahrscheinlich, wie im August, bei 0,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr gelegen.
15.15 Uhr. USA: Industrieproduktion September. Nach Einschätzung von HSBC Trinkaus dürfte die Industrieproduktion im September um 0,3 Prozent (Konsens 0,4 Prozent) gegenüber dem Vormonat zugelegt haben, im August war die Produktion noch um 0,1 Prozent zurückgegangen.
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Von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG
© 13. Oktober 2014
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)