FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Anleger sollten sich zu Beginn der neuen Woche auf starke Schwankungen am deutschen Aktienmarkt (DAX) einstellen. "Mit dem Verfassungsreferendum in Italien sowie dem zweiten Versuch einer Präsidentenwahl in Österreich geht die Angst vor populistischen Strömungen im Euroraum um", fasste Analystin Claudia Windt von der Landesbank Helaba die aktuellen Sorgen vieler Investoren zusammen.
In beiden Ländern zeichnet sich Windt zufolge ein Kopf-an-Kopf-Rennen ab. Glaube man den Umfragen, sei es durchaus möglich, dass mit einem künftigen österreichischen Bundespräsidenten Norbert Hofer das Lager der EU-Gegner innerhalb der Europäischen Union Zulauf erfahre.
ANLEGER FÜRCHTEN POLITISCHE HÄNGEPARTIE IN ITALIEN
Ebenso würde der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi mit der Ablehnung des "Renzirendums" geschwächt. Falls Renzi daraufhin zurücktreten sollte, wird eine politische Hängepartie befürchtet, die die kriselnde Wirtschaft des Landes mitreißen könnte. Der Ministerpräsident will per Volksabstimmung ein in Europa einzigartiges System mit zwei gleichberechtigten Parlamentskammern abschaffen und so politische Blockaden auflösen.
Allerdings sei auf Umfragen in Zeiten des Populismus weniger Verlass, schränkte Windt ein. Eventuell gebe es zur Abwechslung in Italien oder Österreich mal eine positive Überraschung. Davon würden dann europäische Aktien profitieren.
EZB DÜRFTE FÜR BERUHIGUNG SORGEN
In den politisch unsicheren Zeiten schlägt positiv zu Buche, dass die Europäische Zentralbank (EZB) wohl weiter für Beruhigung sorgen wird. Auf seiner Sitzung am Donnerstag dürfte der EZB-Rat beschließen, das Anleihenkaufprogramm zur Stützung der Wirtschaft um vermutlich sechs Monate zu verlängern, schrieb Analyst Michael Schubert von der Commerzbank (DE:CBKG).
Dabei dürften die Notenbanker nach Auffassung von Schubert selbst dann nicht hektisch agieren, falls es am Montag wegen des Referendums in Italien tatsächlich zu Marktturbulenzen kommen sollte. Schließlich habe EZB-Chefvolkswirt Peter Praet erklärt: "Die Europäische Zentralbank muss ruhig sein, ruhiger als die Märkte."
VERÄNDERUNGEN IN DER DAX-FAMILIE STEHEN AN
Darüber hinaus wird die Deutsche Börse am Montag nach Börsenschluss bekannt geben, wie stark die exklusive Dax-Familie dieses Mal aufgemischt wird. Dabei dürfte die Energiewende ihre Spuren hinterlassen haben. So könnten nach Experteneinschätzungen die jüngst an die Börse gebrachte Eon-Kraftwerksbeteiligung (4:EONGn) Uniper (4:UN01) und RWEs (4:RWEG) Erneuerbare-Energien-Tochter Innogy (4:IGY) in den MDax (MDAX) der mittelgroßen Werte aufgenommen werden.
Ausscheiden müssen für Uniper und Innogy wohl der Klinikbetreiber Rhön-Klinikum (4:RHKG) und der Werkzeugmaschinen-Hersteller DMG Mori (4:GILG), die beide dann in den SDax (SDAX) der gering kapitalisierten Werte absteigen würden. Im Techwerte-Index TecDax (TecDAX) muss vermutlich der Spezialmaschinenbauer Aixtron (4:AIXGn) seinen Platz räumen - für ihn könnten der Windkraftanlagenbauer Senvion (112:SENG) oder das in Darmstadt ansässige Unternehmen für die industrielle Bildverarbeitung Isra Vision (4:ISRG) aufrücken.
Etwaige Änderungen treten erst am 19. Dezember in Kraft. Fonds, die Indizes nachbilden, müssen diese Nachrichten entsprechend berücksichtigen. Das kann auch schon in der neuen Woche Einfluss auf die Aktienkurse haben, weil sich Anleger im Vorfeld entsprechend positionieren.
VERSORGER AM DIENSTAG MIT BVG-URTEIL IM BLICK
Im weiteren Wochenverlauf richten sich die Augen der Anleger nach Karlsruhe: Das Bundesverfassungsgericht (BVG) verkündet am Dienstag sein Urteil über die Rechtmäßigkeit des beschleunigten Atomausstiegs. Geklagt hatten die Energiekonzerne Eon, RWE und Vattenfall.
Am Donnerstag lädt der Medienkonzern Axel Springer (4:SPRGn) zu einer Kapitalmarktveranstaltung. Zum Wochenschluss am Freitag steht dann der Medizintechnik-Hersteller Carl Zeiss Meditec (4:AFXG) mit seinem Jahresabschluss 2015/16 im Blick.