Investing.com - Das Ausfallrisiko am gewerblichen Immobilienmarkt wächst laut Morgan Stanley (NYSE:MS). So könnten die Bewertungen von Büro- und Einzelhandelsimmobilien um bis zu 40 % einbrechen. Der Grund: Bis Ende 2025 müssen gewerbliche Hypotheken in Höhe von fast 1,5 Billionen Dollar neu verhandelt werden, warnen die Experten.
Erschwerend kommen die jüngsten Bankenpleiten hinzu. Kleine und regionale Banken, die traditionell Kreditlinien für den 20 Billionen Dollar schweren gewerblichen Immobiliensektor bereitgestellt haben, erlitten durch den Kollaps der gescheiterten Kreditinstitute Silicon Valley Bank (OTC:SIVBQ) und Signature Bank (OTC:SBNY) of New York hohe Mittelabflüsse.
"Refinanzierungsrisiken stehen für gewerbliche Immobilieneigentümer nun im Vordergrund", heißt es in einer Notiz der Analysten von der US-Bank Morgan Stanley.
Nach Einschätzung der US-Bank werden sich die Schulden über das Jahr 2025 hinaus weiter auftürmen.
Über die nächsten vier Jahre müssen gewerbliche Immobilienbesitzer ihre fälligen Schulden abbezahlen, die 2027 mit 550 Milliarden Dollar ihren Höhepunkt erreichen dürften.
Neben der Kreditvergabe an gewerbliche Immobiliengesellschaften treten die Banken auch als Käufer hypothekarisch gesicherter Wertpapiere (Commercial Mortgage Backed Securities) auf. Hierbei handelt es sich um Anleihen, die durch Immobilienkredite unterlegt sind und vom Staat abgesichert werden.
Die Experten von Morgan Stanley schätzen, dass bis zu 70 % der gewerblichen Immobilienkredite, die in den nächsten fünf Jahren fällig werden, im Besitz der Banken sind.
In Anbetracht der Tatsache, dass die während der Pandemie als Notwendigkeit eingerichtete Heimarbeit in weiten Teilen des Landes fortbesteht, sinken die Werte von Gewerbeimmobilien drastisch.
Nach Angaben des Datenanbieters Green Street gingen die gewerblichen Immobilienwerte im März in den USA um 15 % zurück.
Laut CNN wurde die niedrigere Bewertung durch die fortgesetzte Hybridarbeit und die hohen Zinssätze noch verschärft. Die US-Notenbank Fed hat ihren Leitzins in den vergangenen zwölf Monaten drastisch angehoben, um die hohe Inflation einzudämmen. Angesichts des bereits hohen Zinsniveaus von 5 % rechnen die Marktteilnehmer mit einer finalen Zinsanhebung um 25 Basispunkte im Mai, bevor die mächtigste Zentralbank der Welt in den Warte-Modus übergeht. Zinsänderungen wirken mit Verzögerung.
"Die Fundamentaldaten stehen aufgrund der Arbeit von zu Hause aus unter Druck, und das zu einer Zeit, in der weniger Kredite zur Verfügung stehen als in den letzten zehn Jahren", sagte Rich Hill, Leiter der Immobilienstrategie bei Cohen & Steers, gegenüber CNN. "Diese beiden Faktoren werden zu einem ziemlich deutlichen Rückgang der Bewertungen führen."
Banken werden aufgrund der jüngsten Turbulenzen im Bankensektor und den hohen Zinsen immer restriktiver in der Kreditvergabe. Das dämpft die Wirtschaftsaktivität. So hat sich nicht nur die Stimmung in der US-Industrie zuletzt merklich eingetrübt, sondern auch die im Dienstleistungssektor. Der Industrie-Einkaufsmanagerindex ISM fiel im März mit 46,3 Punkten auf den niedrigsten Stand seit Mai 2020. Das Pendant aus dem Service-Sektor hielt sich mit 51,2 Zählern nur knapp oberhalb der Expansionsschwelle.
Hill prognostiziert, dass die Werte von Gewerbeimmobilien in diesem Jahr um bis zu 30 % einbrechen könnten, was die Refinanzierung für Immobilieneigentümer erheblich erschwert, die von den Banken wahrscheinlich aufgefordert werden, mehr Eigenkapital einzubringen.
Die Folgen für den Bankensektor wären katastrophal. Nach Angaben des Datenanbieters Trepp verfügte die Signature Bank of New York zu Beginn des Jahres über das zehntgrößte Portfolio an gewerblichen Immobilienkrediten in den USA. Laut Trepp werden 2023 rund 270 Milliarden Dollar an gewerblichen Immobilienkrediten im Besitz von Banken fällig. Etwa ein Drittel davon - 80 Milliarden Dollar - entfallen auf Büroimmobilien.