FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 16. Mai 2012. Nachdem sich Devisenexperten lange optimistisch hinsichtlich des Euro gezeigt hatten, ist die Zuversicht durch die anhaltenden Querelen in Athen deutlich geschrumpft.
Die Turbulenzen um Griechenland belasten den Euro mittlerweile doch. Die Gemeinschaftswährung hatte sich in den vergangenen Monaten relativ stabil gezeigt, seit Anfang Mai sieht anders aus: Kurz vor Christie Himmelfahrt rutscht der Euro sogar erstmals seit Januar wieder unter die Marke von 1,27 US-Dollar. 'Die Unsicherheiten darüber, ob die Reformmaßnahmen in Griechenland umgesetzt werden oder das Land doch zahlungsunfähig wird und gegebenenfalls aus der Eurozone austreten muss, sind zuletzt deutlich gestiegen', kommentiert Katrin Clasen von der HSH Nordbank.
Kein Ende in Sicht
Die Euroschwäche wird sich nach Ansicht der meisten Analysten noch fortsetzen: 'Solange die politische Hängepartie andauert, droht der Euro noch stärker unter Druck zu geraten', meint die Commerzbank. Auch die HSH Nordbank ist skeptisch: Erst wenn sich eine Lösung in Sachen Griechenland abzeichne, könne die Gemeinschaftswährung wieder Fuß fassen. Chancen auf ein gutes Ende sieht die Bank aber durchaus: Sie geht nämlich davon aus, dass 'die Fronten aufweichen werden'.
'Neuwahlen in Griechenland kommen einem Referendum über den Euro gleich, daher sollte das Ergebnis gemäßigter ausfallen', erläutert Clasen. Zudem zeichne sich bei den Geberländern Kompromissbereitschaft ab, etwa in Form einer Streckung der Sparmaßnahmen. 'Die Unsicherheit bleibt aber erst einmal', meint die Devisenexpertin und verweist auch auf die kritische Lage des spanischen Bankensektors und die zuletzt enttäuschenden Konjunkturdaten im Euroraum. 'Wir sehen den Euro Ende September bei 1,27 US-Dollar.'
Pfund ist kein Schweizer Franken
Gegenüber dem britischen Pfund sank der Euro sogar auf das niedrigste Niveau seit Herbst 2008: Aktuell kostet die Gemeinschaftswährung nur noch 0,80 Pfund, Ende Februar waren es noch fast 0,85, im vergangenen Sommer sogar 0,90 Pfund. Dennoch ist Christian Apelt von der Helaba überzeugt, dass das Pfund nicht 'zum neuen Schweizer Franken' wird: In Großbritannien laufe es wirtschaftlich nämlich kaum besser als in der Eurozone. 'Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte zuletzt zwei Quartale in Folge, das Land befindet sich also in einer technischen Rezession.' Dazu kämen Leistungsbilanz- und Haushaltsdefizit. 'Ökonomisch spricht daher wenig für das Pfund als sicheren Anlagehafen.' Der Euro-Pfund-Kurs werde im zweiten Halbjahr wieder auf 0,85 und darüber hinaus ansteigen.
'Es handelt es sich eher um eine Euroschwäche als eine Pfundstärke', urteilt Katrin Clasen und verweist ebenfalls auf die schwache Konjunktur auf der Insel. Aufgrund der Probleme in der Eurozone werde das Pfund vorerst aber gefragt bleiben, die Analystin prognostiziert per Ende September einen Kurs von 0,79 Pfund zum Euro. Erst mit einer politischen Stabilisierung Kontinentaleuropas werde sich die Gemeinschaftswährung erholen können.
Yen hebt ab
Auch der Yen haussiert - obwohl sowohl die wirtschaftlichen als auch die geldpolitischen Rahmenbedingungen nicht unbedingt für eine starke japanische Währung sprechen. Der Yen ist eindeutig Profiteur der Krise in Europa. Aktuell kostet ein Euro 102 Yen, Ende März waren es noch 110 Yen. Auch gegenüber dem US-Dollar konnte die japanische Währung zuletzt aufwerten und notiert im Moment bei 80 Yen. Unter diese Schwelle wird es Clasen zufolge aber wohl nicht gehen: 'Hier nimmt die Interventionsbereitschaft der japanischen Notenbank zu.'
Down Under-Währung schwächer
Gegenüber den Rohstoffwährungen wie dem australischen Dollar zeigt sich der Euro unterdessen fester. Für einen Euro müssen aktuell 1,28 australische Dollar gezahlt werden, Mitte April waren es nur 1,26 Dollar. 'Auf die Rohstoffwährungen strahlt die aktuelle Schwächephase der chinesischen Konjunktur und damit der Rohstoffpreise ab', erläutert die Commerzbank.
Zudem hat die australische Notenbank den Leitzins Anfang Mai überraschend stark gesenkt. Der Commerzbank zufolge wird sich der Trend aber nicht fortsetzen: 'Diese Phänomene dürften eher vorübergehender Natur sein, während die EWU-Budgetkrise über kurz oder lang eine weitere Ausweitung der EZB-Bilanz - mit entsprechend negativen Folgen für den Euro - zu erzwingen droht.'
Ölpreis belastet Norwegerkrone
Anleger, die auf der Suche nach Alternativen zum Euro auf norwegische Kronen gesetzt haben, machen derzeit ebenfalls lange Gesichter: Nachdem die Gemeinschaftswährung gegenüber der Krone im März auf ein Neunjahrestief bei 7,39 gefallen waren, hat sie sich deutlich erholt: Aktuell sind wieder 7,64 Kronen für einen Euro zu zahlen. Der Grund: die Ölpreisschwäche. Die norwegische Volkswirtschaft hängt nämlich stark am Ölpreis - und dieser hat seit Erreichen des Jahreshochs Anfang März um über 13 Prozent nachgegeben.
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© 16. Mai 2012/Anna-Maria Borse
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
Die Turbulenzen um Griechenland belasten den Euro mittlerweile doch. Die Gemeinschaftswährung hatte sich in den vergangenen Monaten relativ stabil gezeigt, seit Anfang Mai sieht anders aus: Kurz vor Christie Himmelfahrt rutscht der Euro sogar erstmals seit Januar wieder unter die Marke von 1,27 US-Dollar. 'Die Unsicherheiten darüber, ob die Reformmaßnahmen in Griechenland umgesetzt werden oder das Land doch zahlungsunfähig wird und gegebenenfalls aus der Eurozone austreten muss, sind zuletzt deutlich gestiegen', kommentiert Katrin Clasen von der HSH Nordbank.
Kein Ende in Sicht
Die Euroschwäche wird sich nach Ansicht der meisten Analysten noch fortsetzen: 'Solange die politische Hängepartie andauert, droht der Euro noch stärker unter Druck zu geraten', meint die Commerzbank. Auch die HSH Nordbank ist skeptisch: Erst wenn sich eine Lösung in Sachen Griechenland abzeichne, könne die Gemeinschaftswährung wieder Fuß fassen. Chancen auf ein gutes Ende sieht die Bank aber durchaus: Sie geht nämlich davon aus, dass 'die Fronten aufweichen werden'.
'Neuwahlen in Griechenland kommen einem Referendum über den Euro gleich, daher sollte das Ergebnis gemäßigter ausfallen', erläutert Clasen. Zudem zeichne sich bei den Geberländern Kompromissbereitschaft ab, etwa in Form einer Streckung der Sparmaßnahmen. 'Die Unsicherheit bleibt aber erst einmal', meint die Devisenexpertin und verweist auch auf die kritische Lage des spanischen Bankensektors und die zuletzt enttäuschenden Konjunkturdaten im Euroraum. 'Wir sehen den Euro Ende September bei 1,27 US-Dollar.'
Pfund ist kein Schweizer Franken
Gegenüber dem britischen Pfund sank der Euro sogar auf das niedrigste Niveau seit Herbst 2008: Aktuell kostet die Gemeinschaftswährung nur noch 0,80 Pfund, Ende Februar waren es noch fast 0,85, im vergangenen Sommer sogar 0,90 Pfund. Dennoch ist Christian Apelt von der Helaba überzeugt, dass das Pfund nicht 'zum neuen Schweizer Franken' wird: In Großbritannien laufe es wirtschaftlich nämlich kaum besser als in der Eurozone. 'Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte zuletzt zwei Quartale in Folge, das Land befindet sich also in einer technischen Rezession.' Dazu kämen Leistungsbilanz- und Haushaltsdefizit. 'Ökonomisch spricht daher wenig für das Pfund als sicheren Anlagehafen.' Der Euro-Pfund-Kurs werde im zweiten Halbjahr wieder auf 0,85 und darüber hinaus ansteigen.
'Es handelt es sich eher um eine Euroschwäche als eine Pfundstärke', urteilt Katrin Clasen und verweist ebenfalls auf die schwache Konjunktur auf der Insel. Aufgrund der Probleme in der Eurozone werde das Pfund vorerst aber gefragt bleiben, die Analystin prognostiziert per Ende September einen Kurs von 0,79 Pfund zum Euro. Erst mit einer politischen Stabilisierung Kontinentaleuropas werde sich die Gemeinschaftswährung erholen können.
Yen hebt ab
Auch der Yen haussiert - obwohl sowohl die wirtschaftlichen als auch die geldpolitischen Rahmenbedingungen nicht unbedingt für eine starke japanische Währung sprechen. Der Yen ist eindeutig Profiteur der Krise in Europa. Aktuell kostet ein Euro 102 Yen, Ende März waren es noch 110 Yen. Auch gegenüber dem US-Dollar konnte die japanische Währung zuletzt aufwerten und notiert im Moment bei 80 Yen. Unter diese Schwelle wird es Clasen zufolge aber wohl nicht gehen: 'Hier nimmt die Interventionsbereitschaft der japanischen Notenbank zu.'
Down Under-Währung schwächer
Gegenüber den Rohstoffwährungen wie dem australischen Dollar zeigt sich der Euro unterdessen fester. Für einen Euro müssen aktuell 1,28 australische Dollar gezahlt werden, Mitte April waren es nur 1,26 Dollar. 'Auf die Rohstoffwährungen strahlt die aktuelle Schwächephase der chinesischen Konjunktur und damit der Rohstoffpreise ab', erläutert die Commerzbank.
Zudem hat die australische Notenbank den Leitzins Anfang Mai überraschend stark gesenkt. Der Commerzbank zufolge wird sich der Trend aber nicht fortsetzen: 'Diese Phänomene dürften eher vorübergehender Natur sein, während die EWU-Budgetkrise über kurz oder lang eine weitere Ausweitung der EZB-Bilanz - mit entsprechend negativen Folgen für den Euro - zu erzwingen droht.'
Ölpreis belastet Norwegerkrone
Anleger, die auf der Suche nach Alternativen zum Euro auf norwegische Kronen gesetzt haben, machen derzeit ebenfalls lange Gesichter: Nachdem die Gemeinschaftswährung gegenüber der Krone im März auf ein Neunjahrestief bei 7,39 gefallen waren, hat sie sich deutlich erholt: Aktuell sind wieder 7,64 Kronen für einen Euro zu zahlen. Der Grund: die Ölpreisschwäche. Die norwegische Volkswirtschaft hängt nämlich stark am Ölpreis - und dieser hat seit Erreichen des Jahreshochs Anfang März um über 13 Prozent nachgegeben.
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© 16. Mai 2012/Anna-Maria Borse
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