FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Die laufende Woche steht ganz im Zeichen der Notenbanken. In den USA, der Eurozone, China und Japan werden in den kommenden Tagen Zinsentscheidungen getroffen. Die Erwartungen an die Währungshüter fallen dabei unterschiedlich aus.
12. Juni 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die europäischen Börsen präsentieren sich zum Start der neuen Woche in einer freundlichen Verfassung. Am Montagmittag liegt der DAX bei 16.070 Punkten mit 0,7 Prozent im Plus. Im Tageshoch lag der Index sogar fast 60 Punkte höher. Gestützt werden die Märkte durch gute Vorgaben aus Asien. Der bereits zum Ende der abgelaufenen Woche sehr starke Nikkei 225 konnte seinen Aufwärtstrend heute mit einem Plus von 0,5 Prozent fortsetzen. Die großen US-Indizes S&P 500 (+0,1 Prozent) und Nasdaq 100 (+0,3 Prozent) hatten am Freitag jeweils neue Jahreshochs markiert, einen Teil der Gewinne zum Handelsschluss aber wieder abgeben müssen.
Hoffnung auf ein Ende der Zinserhöhungen
Laut Ulrich Kater von der DekaBank fehlen den Märkten aktuell die richtungsgebenden Impulse. Das könnte sich im Laufe der Woche allerdings ändern. Am Mittwoch tagt die US-amerikanische Notenbank und einen Tag später steht die Sitzung der Europäischen Zentralbank auf dem Programm. Mit Blick auf den jüngsten Rückgang der Inflationsraten geht der Deka-Chefvolkswirt davon aus, dass die Notenbanken ihre Zinsen nicht mehr allzu sehr anheben müssen: "In den USA könnte der Zinsgipfel bereits jetzt erreicht sein und in Europa wird die Europäische Zentralbank wohl noch zweimal die Leitzinsen erhöhen. Dann ist aber auch hierzulande die Zinsschraube fest genug angezogen, um die Inflation in den kommenden Quartalen vollends in den Griff zu bekommen."
Zinspause muss noch keine Trendwende bedeuten
Doch nicht jeder blickt so optimistisch auf die zukünftige Zinsentwicklung. Ulrich Stephan, Chefanlagestratege der Deutschen Bank (ETR:DBKGn), verweist darauf, dass sich die Erwartungen zum weiteren Vorgehen der Fed zuletzt merklich geändert haben. "Unmittelbar nach der letzten Sitzung am 3. Mai wurden an den Terminmärkten ein Ende des Zinserhöhungszyklus sowie drei bis vier Zinssenkungen im zweiten Halbjahr eingepreist." Mittlerweile erwarteten die Marktakteure eine weitere Anhebung im Juli und dass die Leitzinsen zum Jahresende ungefähr auf dem derzeitigen Niveau stehen könnten.
Wenn die US-Notenbank am Mittwoch erwartungsgemäß eine Zinspause einlegen sollte, wäre das seiner Meinung nach daher nicht gleichbedeutend mit einem Ende des Zinserhöhungs-Zyklus. Aktuell bestehe laut den Fed Funds Futures eine Wahrscheinlichkeit von ca. 75 Prozent, dass es am Mittwoch noch nicht zu einer Anpassung der US-Leitzinsen kommt. Anders sehe das in der Eurozone aus, wo die Mehrheit der Marktteilnehmer mit einer weiteren Zinserhöhung um 25 Basispunkte rechneten.
Inflation und Arbeitslosenzahlen als Taktgeber
Im Vorfeld der Notenbanksitzungen werden sich die Entscheidungsträger sicher noch die am Dienstagnachmittag veröffentlichten Daten zur US-Verbraucherpreisinflation ansehen. Erwartet wird dort für den Mai im Konsens ein Rückgang von 4,9 auf 4,1 Prozent. Die viel beachtete Kernrate ohne Energie & Nahrungsmittelwird soll um 0,2 Prozentpunkte auf 5,3 Prozent fallen. Dazu der Ökonom der Deutschen Bank: "Sollte der Rückgang geringer ausfallen, dürfte dies die Zinserhöhungserwartungen verfestigen".
Dementgegen stünden die zuletzt überraschend stark gestiegenen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe, die Anfang des Monats den höchsten Stand seit Oktober 2021 erreicht haben. Für die Deutsche Bank könnte das wiederum ein Indiz für eine beginnende Abkühlung des US-Arbeitsmarkts und der US-Wirtschaft sein. "Dies wiederum könnte dann Druck von der Fed nehmen, zu offensiv an der Zinsschraube drehen zu müssen", heißt es in einer aktuellen Einschätzung.
Technisches Bild ist "uneinheitlich"
Aus charttechnischer Sicht muss der DAX zunächst einmal das Scheitern am Widerstand in Form der alten Allzeithochs verarbeiten. Bislang verläuft die Konsolidierung jedoch ohne großen Verkaufsdruck. Ralf Umlauf aus dem Research-Team der Helaba bezeichnet das technische Bild des deutschen Leitindex aktuell als uneinheitlich. "Zu betonen ist der niedrige und sinkende ADX, der auf das Fehlen eines Trends hinweist", erklärt der Experte. Widerstände seien demnach bei 16.143 und 16.331 Punkten auszumachen, Unterstützungen bei 15.783 (55-Tagelinie) und 15.726 sowie bei 15.616/29 Punkten.
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftstermine der Woche
Dienstag, 13. Juni
11.00 Uhr. Deutschland: ZEW-Index. Im Fokus steht der Saldo der Konjunkturerwartungen (zuletzt -10,7). Ein Anstieg des Index wird nicht erwartet, zum Teil wird sogar von einem weiteren Absinken des deutschen Stimmungsbarometers ausgegangen.
14.30 Uhr: USA: Inflationsrate (CPI). Die Teuerungsrate soll im Mai von 4,9 auf 4,2 Prozent gesunken sein. Auch bei der wichtigen Kernrate (ohne Energie & Nahrungsmittelwird) wird mit einem Rückgang (von 5,5 auf 5,2 Prozent) gerechnet.
Mittwoch, 14. Juni
20.00 Uhr. USA: Fed-Zinsentscheid. Die Fed Funds Futures preisen aktuell eine 85-prozentige Wahrscheinlichkeit einer weiteren Zinserhöhung bis Ende Juli ein. Wahrscheinlicher ist demnach aber, dass die nächste Anhebung um 25 Basispunkte noch nicht in dieser Woche, sondern erst bei der darauffolgenden Sitzung am 26. Juli vollzogen wird.
Donnerstag, 15. Juni
13.45 Uhr. Eurozone: EZB-Zinsentscheid. Erwartet wird ein Anstieg der Leitzinsen um 25 Basispunkte auf 3,50 Prozent. Mit Spannung wird im Anschluss die Pressekonferenz mit EZB-Präsidentin Christine Lagarde erwartet.
Freitag, 16. Juni
Japan: BoJ-Zinsentscheid. Mit einer Straffung der lockeren Geldpolitik durch die Bank of Japan wird aktuell noch nicht gerechnet. Für Kursbewegungen könnten aber Aussagen von Gouverneur Kazuo Ueda hinsichtlich einer möglicherweise demnächst bevorstehenden Anpassung der Notenbankpolitik sorgen.
Von Thomas Koch, 12. Juni 2023 © Deutsche Börse (ETR:DB1Gn) AG
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