WIESBADEN (dpa-AFX) - Deutschland macht seinem Ruf als Konjunkturlokomotive Europas einmal mehr alle Ehre: Getrieben von der Kauflust von Staat und Verbrauchern und von anziehenden Investitionen ist die deutsche Wirtschaft zu Jahresbeginn so rasant gewachsen wie seit Anfang 2011 nicht mehr. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) kletterte im ersten Quartal 2014 auch dank des milden Wetters im Vergleich zum Vorquartal preis-, saison- und kalenderbereinigt um 0,8 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte. Volkswirte hatten nur ein Plus von 0,7 Prozent erwartet.
Hingegen verläuft der Aufschwung in den Euro-Ländern langsamer als erhofft. Das BIP legte im ersten Quartal gegenüber dem Vorquartal nur um 0,2 Prozent zu, wie die europäische Statistikbehörde Eurostat in Luxemburg mitteilte. Volkswirte hatten mit einem doppelt so hohen Plus gerechnet. "Ohne den kräftigen Anstieg in Deutschland wäre die Wirtschaftsleistung nicht gestiegen", betonte Alexander Krüger, Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe. Das zeige, dass der Euroraum konjunkturell alles andere als über den Berg ist.
Besonders die großen Volkswirtschaften Frankreich und Italien enttäuschten. In der Grande Nation trat die Wirtschaft zu Jahresbeginn mit null Prozent auf der Stelle. Noch schlechter schnitt Italien ab, wo die Wirtschaftsleistung um 0,1 Prozent schrumpfte. Beide Länder drohen nach Ansicht von Volkswirten, den Anschluss zu verlieren. Besonders groß fiel das Minus mit 0,7 Prozent in den Krisenländern Portugal und Zypern aus. Spanien erholte sich dagegen mit einem Zuwachs von 0,4 Prozent.
Die Aussichten bleiben verhalten. "Auch im Frühjahr dürfte die Euro-Wirtschaft nicht stärker wachsen", schreiben Analysten der Commerzbank (ETR:CBK). Denn die Firmen hätten einen Teil ihrer Aufträge dank der günstigen Witterung bereits in den ersten Monaten des Jahres abgearbeitet. Zudem lasse der Rückenwind von der Weltwirtschaft nach.
Anders als bei den beiden größten Euro-Partnerländern hat sich der Aufschwung hierzulande deutlich beschleunigt. "Bei diesem kräftigen Wachstum zum Jahresbeginn spielte allerdings auch die extrem milde Witterung eine Rolle", betonten die Statistiker.
Doch Deutschland wird sein Wachstumstempo im Frühjahr kaum halten können. "Aufgrund des milden Winters hat sich die übliche Frühjahrsbelebung in diesem Jahr zeitlich nach vorne verlagert", erklärte BayernLB-Ökonom Stefan Kipar. Entsprechend sei ein Rückpralleffekt im zweiten Quartal zu erwarten.
Dennoch sind Experten einhellig überzeugt, dass sich der Aufschwung der deutschen Wirtschaft fortsetzen wird. Die KfW Bankengruppe sieht sogar erstmals seit drei Jahren wieder die Chance auf ein "nennenswertes" Wirtschaftswachstum: "Die Zwei vor dem Komma ist 2014 in Schlagweite", sagte KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner.
Nach den vorläufigen Berechnungen der Behörde kamen die positiven Impulse im Vorquartalsvergleich ausschließlich aus dem Inland. Sowohl der Staat als auch die privaten Haushalte steigerten zu Jahresbeginn ihre Konsumausgaben. Höhere Tariflöhne und die gute Beschäftigung dürften die Kauflust der Verbraucher nochmals angetrieben haben - zumal die niedrigen Zinsen derzeit kaum Sparanreize bieten.
Auch die Investitionen zogen an. Sowohl in Bauten als auch in Ausrüstungen floss mehr Geld als im vierten Quartal 2013. "Die Unternehmen fassen zunehmend Vertrauen in den Aufschwung und beginnen ... ihre Investitionstätigkeit auszuweiten", erklärte Kipar.
Dagegen bremste der Außenhandel das Wachstum. Den vorläufigen Zahlen zufolge wurden zum Jahresbeginn 2014 weniger Waren exportiert als im Schlussquartal 2013, aber deutlich mehr importiert. Allerdings dürfe dies angesichts der robusten Weltkonjunktur wohl ein Ausreißer nach unten sein, betonte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.
Auch im Vorjahresvergleich gewann das deutsche Wirtschaftswachstum deutlich an Dynamik. Das preisbereinigte BIP stieg im ersten Quartal um 2,5 Prozent - so stark wie seit über zwei Jahren nicht mehr. Im Schlussquartal 2013 war die Wirtschaft auf Jahressicht nur um 1,3 Prozent gewachsen.P/bgf