Investing.com – Über viele Jahre hinweg spielte Inflation in unserem Leben überhaupt keine Rolle mehr. Wir gewöhnten uns daran, dass die Preise insgesamt kaum stiegen oder wie im Falle von Kleidung und Elektrotechnik sogar fielen. Doch das war geschichtlich betrachtet ein extremer Ausnahmefall, denn die Inflation ist mit voller Wucht zurück und sie wird bleiben.
Die neuesten US-Daten zeigen, dass die Inflation auf Jahresbasis nicht wie erwartet von 3,7 Prozent auf 3,6 Prozent fiel, sondern auf dem Vormonatsniveau verharrte. Auf Monatsbasis legten die Verbraucherpreise im September um 0,4 Prozent zu, obwohl Analysten von einer Verlangsamung der Teuerungsrate auf 0,3 Prozent ausgegangen waren.
Lediglich der Kern-Verbraucherpreisindex, der die volatilen Komponenten Lebensmittel und Energie nicht enthält, entsprach den Prognosen. Aber auch hier bleibt das Ergebnis auf Monatsbasis mit 0,3 Prozent konstant zum Vormonat. Auf Jahresbasis konnte wie erwartet ein Rückgang von 4,3 Prozent auf 4,1 Prozent verzeichnet werden.
Aktuell geht niemand davon aus, dass die Inflation kurzfristig verschwindet. Der Fed-Vorsitzende Jerome Powell erklärte bereits mehrfach, dass vor 2025 nicht damit zu rechnen ist, dass das Ziel von 2 Prozent erreicht wird.
Ähnlich sieht es der IWF, der in seiner neuesten Studie darlegte, dass die globale Inflation zwar von 8,7 Prozent im Jahr 2022 auf 6,9 Prozent in diesem Jahr sinkt, aber selbst 2024 noch Preissteigerungen von 5,8 Prozent auf die Menschen zukommen. Damit wurde die Erwartung für das nächste Jahr gegenüber der letzten Prognose um 0,6 Prozent angehoben.
Generell sollten sich Verbraucher und Investoren auf höhere Inflationsraten einstellen, weil sich die Welt grundlegend ändert. Weder die Fed noch der IWF konnten in ihren ohnehin schon besorgniserregenden Prognosen die Auswirkungen des aufflammenden Konflikts im Nahen Osten berücksichtigen.
Es kann sicherlich keiner sagen, welches Ausmaß der Konflikt haben wird, aber der bereits global fortschreitende Protektionismus wird an den Preisen genauso wenig spurlos vorübergehen wie der Klimawandel, der erhebliche Auswirkungen auf die Nahrungsmittelproduktion hat.
Die Inflation war nur aus einem einzigen Grund über viele Jahre niedrig, weil die Industrieländer die Produktion in Billiglohnländer verlagerten. Aber dieser Trend ist vorbei, weil sich die USA und Europa auf die Fahnen geschrieben haben, unabhängiger zu werden. Es soll wieder mehr im Inland produziert werden und das trotz des jahrelang anhaltenden Fachkräftemangels.
Diese Tendenz weiter steigender Preise veranlasste den IWF zu der Annahme, dass die Leitzinsen höher steigen werden, als bisher erwartet wird.
Das am Mittwoch veröffentlichte Protokoll der Fed-Sitzung vom 20. September bestätigt dies, denn die Mehrheit der FOMC-Mitglieder geht davon aus, dass eine weitere Zinserhöhung angemessen sein dürfte.
Um die Inflation richtig zu senken, müssten die Zentralbanken den Märkten viel mehr von der Liquidität entziehen, welche in den zurückliegenden mehr als 10 Jahren zur Ankurbelung der Konjunktur in den Markt gepumpt wurde.
Die Konsequenz wäre jedoch ein Kollaps des Finanzmarktes und eine tiefgreifende Rezession. Daher ist anzunehmen, dass die Geldpolitik in den nächsten Jahren dahin gehend angepasst wird, dass das Inflationsziel von 2 Prozent ausläuft, um einen höheren Wert von 3 Prozent und mehr als das neue Normal zu etablieren.
Bereits jetzt haben 65 Prozent der Deutschen Angst vor steigenden Preisen, eine Angst, die berechtigt ist, denn wem es nicht gelingt, seine monatlichen Einkünfte im Gleichschritt mit der Inflation wachsen zu lassen, der wird sich zwangsläufig auf der Verliererseite wiederfinden.