Von Laura Sanchez
Investing.com – Am heutigen Freitag, dem 24. Februar, ist es ein Jahr her, dass Russland in die Ukraine einmarschiert ist und damit einen Krieg ausgelöst hat, der nach offiziellen Angaben bisher Zehntausende von Menschenleben gefordert hat.
Viele Experten sehen den Krieg als Hauptursache für den Anstieg der Preise. Andere Analysten wiederum fragen sich, wie die Inflation aussehen würde, wenn es den russisch-ukrainischen Krieg nicht gegeben hätte.
„Die sehr hohen Inflationsraten waren 2022 eine große Überraschung für die Wirtschaft und die Finanzmärkte. Der Inflations-Tsunami des letzten Jahres hat mehrere Ursachen, die zusammen den nahezu perfekten Sturm erzeugten. Das Wegfallen der Pandemieeinschränkungen führte zu einer enormen Nachfrage nach Dienstleistungen, deren Angebot durch den Beschäftigungsabbau während der Pandemie ohnehin verringert wurde. Die Verwerfungen innerhalb der internationalen Produktionsketten führten zu Engpässen und Preissteigerungen, insbesondere bei Zwischenprodukten, was den Lockdowns zuzuschreiben ist“, erklärt Martin Wolburg, Senior Ökonom bei Generali (BIT:GASI) Investments.
„Zudem begannen die Öl-Preise nach Abklingen der Pandemie bereits im Herbst 2021 zu steigen. Am 23. Februar 2022 - kurz vor der russischen Invasion – rechneten die Märkte mit einem Ölpreis von rund 79 Euro pro Barrel Brent bis Juni 2022. Mit dem Einmarsch Russlands stiegen die Sorgen der Märkte hinsichtlich der Energieversorgung drastisch an und lösten einen regelrechten Ölpreisschock aus. Der reale Ölpreis lag im Juni 2022 bei durchschnittlich 116 Euro je Barrel Brent. Basierend auf den Erwartungen der Finanzmärkte vor der Invasion deuten einige grobe Schätzungen darauf hin, dass allein der Energiepreiseffekt die jährliche Inflation im Euroraum um 2 Prozentpunkte erhöht hat“, fügt er hinzu.
Wolburg erklärt: „Die Lebensmittelpreise stiegen sprunghaft an, denn das Angebot an ukrainischem Getreide ging drastisch zurück, sodass die Verbraucher für ihren wöchentlichen Supermarkteinkauf deutlich mehr bezahlen mussten. Im Vergleich zum Vorjahr war der Beitrag der Lebensmittel zur Inflation um etwa 1,5 Prozentpunkte höher. Es ist jedoch schwierig, die tatsächlichen Auswirkungen des Krieges zu beurteilen, denn diese Schätzungen sind mit Unsicherheiten behaftet und eventuelle Nebeneffekte bleiben unberücksichtigt“.
„Insgesamt schätzen wir, dass die Inflation im Euroraum ohne die russische Invasion im Durchschnitt 2,5 bis 3,5 Prozentpunkte niedriger gewesen wäre, was im Jahr 2022 eine jährliche Inflationsrate von 5 bis 6 Prozent anstelle von 8,4 Prozent bedeutet hätte. Die Spitzeninflationsrate hätte die zweistellige Schwelle nicht überschritten, wäre auf Jahresbasis aber wahrscheinlich leicht über 7 % gewesen“, schließt er.