Börsen-Zeitung: China meldet sich zurück, Marktkommentar von Georg
Blaha
Frankfurt (ots) - Während die Anleger noch die Wiederwahl von
US-Präsident Barack Obama verdauen und sich sorgenvoll für die
bevorstehende 'fiskalische Klippe' aus automatischen Steuererhöhungen
und staatlichen Ausgabekürzungen in den USA positionieren, hat China
am Freitag eine bemerkenswerte Reihe an Wirtschaftsdaten abgeliefert.
Im Oktober legte die Industrieproduktion um 9,6% zu. Erwartet worden
war ein Plus von 9,4%. Die chinesischen Einzelhandelsumsätze stiegen
im gleichen Monat um 14,5%. Hier lag die Prognose bei 14%. Auch der
Zuwachs bei den Anlageinvestitionen zwischen Januar und September
schlug die Prognosen. Gleichzeitig stiegen die Verbraucherpreise im
Oktober nur um 1,7%. Volkswirte hatten mit einer zum September
gleichbleibenden Teuerungsrate von 1,9% gerechnet.
Die Daten zeigen, dass sich im Reich der Mitte der positive Trend
vom September fortsetzt. 'Es ist nun klar, dass es keine harte
Landung gibt, dass sich die Wirtschaft im vierten Quartal verbessern
wird und dass wir schon im nächsten Halbjahr wieder jährliche
Wachstumsraten von 9% sehen werden', wird ein enthusiastischer
Volkswirt einer französischen Bank in Berichten aus Beijing zitiert.
Aber auch andere Beobachter gehen davon aus, dass die sieben Quartale
währende Durststrecke, in der das Land Rückgänge beim
Wirtschaftswachstum verzeichnete, ihr Ende gefunden hat und die
staatlichen Infrastrukturprogramme und andere Stimuli zu wirken
beginnen: China meldet sich zurück. Während das Wachstum in der
Volksrepublik im zurückliegenden Quartal auf 7,4% gefallen ist,
dürfte es in der laufenden Dreimonatsfrist um wenigstens 7,7%
zulegen, erwarten auch weniger euphorische Volkswirte. Bei der
abflauenden Inflation wächst zudem wieder der geldpolitische
Spielraum der zuletzt vorsichtig agierenden People's Bank of China.
Einkommen verdoppeln
Vor dem Hintergrund eines wieder anziehenden oder zumindest sich
stabilisierenden Wachstums ist auch die Rede von Hu Jintao, dem
scheidenden Chef der regierenden Kommunistischen Partei,
beachtenswert: Er kündigte anlässlich des politischen
Führungswechsels in der beendeten Woche an, das Bruttoinlandsprodukt
und die Durchschnittseinkommen von 2010 bis zum Jahr 2020 verdoppeln
zu wollen. Für die in China tätigen deutschen und internationalen
Konzerne macht dies eine Fortsetzung der bisherigen Wachstumsstory
wahrscheinlich. 'China macht genau das, was China sagt', bemerkte ein
Marktstratege mit Blick auf die Wirtschaftspolitik des Landes. Doch
was sagen die Märkte? Ein Kursfeuerwerk an den Aktienmärkten in Asien
blieb am Freitag aus. Das könnte bedeuten, dass die
Stabilisierungstendenz im Reich der Mitte schon eingepreist war und
es eben noch dauert, bis der Aufschwung zum Tragen kommt. Allerdings
gab es doch eine markante Marktreaktion, die mit Blick auf die
Frühindikatoren der Weltwirtschaft von Bedeutung ist. Der
Taiwan-Dollar stieg am Freitag auf den höchsten Stand seit September
2011. Schon einige Tage zuvor erreichte der koreanische Won
gleichfalls ein 14-Monats-Hoch.
Die seit einigen Wochen steigende Nachfrage nach den Devisen kommt
von den Exportfirmen in Taiwan und Korea, die ihre Erlöse aus dem
Ausland in die Landeswährung tauschen. Exporte aus den beiden Staaten
gehören zu den wichtigsten Frühindikatoren der Weltwirtschaft. Die
zwei strukturell ähnlichen Volkswirtschaften sind mit den westlichen
Märkten, aber enger noch mit China verflochten. Und bei den
Exportraten Koreas und Taiwans gibt es seit September einen stabilen
Aufwärtstrend. Während in Europa der zyklische Abschwung offenbar
seinen Boden noch finden muss - die schwache Industrieproduktion in
Frankreich und Italien sorgte am Freitag für Nervosität an den
europäischen Aktienmärkten - deutet sich in Asien ein Aufschwung an.
Sicher, all das könnte vorerst nur ein kleiner Fleck am Radar der
Finanzmärkte sein, der kurz aufleuchtet und dann wieder in der
Dunkelheit der vielen und umfassenden Abwärtsrisiken für die
Weltwirtschaft verschwindet. Es könnte aber auch der Ausgangspunkt
für einen länger anhaltenden Aufschwung sein, der sich im ersten
Quartal 2013 verstetigt und danach weiter an Kraft gewinnt.
Voraussetzung ist aber, dass die USA die 'fiskalische Klippe'
umschiffen und Europa sich zumindest stabilisiert. Aktien und andere
Risiko- Assets wären in einem solchen Szenario günstig bewertet. Ein
China, das als Wachstumslokomotive der globalen Ökonomie wieder mit
Volldampf vorausfährt, wäre das Beste, was den Märkten in der derzeit
fragilen Lage passieren könnte.
Originaltext: Börsen-Zeitung
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Blaha
Frankfurt (ots) - Während die Anleger noch die Wiederwahl von
US-Präsident Barack Obama verdauen und sich sorgenvoll für die
bevorstehende 'fiskalische Klippe' aus automatischen Steuererhöhungen
und staatlichen Ausgabekürzungen in den USA positionieren, hat China
am Freitag eine bemerkenswerte Reihe an Wirtschaftsdaten abgeliefert.
Im Oktober legte die Industrieproduktion um 9,6% zu. Erwartet worden
war ein Plus von 9,4%. Die chinesischen Einzelhandelsumsätze stiegen
im gleichen Monat um 14,5%. Hier lag die Prognose bei 14%. Auch der
Zuwachs bei den Anlageinvestitionen zwischen Januar und September
schlug die Prognosen. Gleichzeitig stiegen die Verbraucherpreise im
Oktober nur um 1,7%. Volkswirte hatten mit einer zum September
gleichbleibenden Teuerungsrate von 1,9% gerechnet.
Die Daten zeigen, dass sich im Reich der Mitte der positive Trend
vom September fortsetzt. 'Es ist nun klar, dass es keine harte
Landung gibt, dass sich die Wirtschaft im vierten Quartal verbessern
wird und dass wir schon im nächsten Halbjahr wieder jährliche
Wachstumsraten von 9% sehen werden', wird ein enthusiastischer
Volkswirt einer französischen Bank in Berichten aus Beijing zitiert.
Aber auch andere Beobachter gehen davon aus, dass die sieben Quartale
währende Durststrecke, in der das Land Rückgänge beim
Wirtschaftswachstum verzeichnete, ihr Ende gefunden hat und die
staatlichen Infrastrukturprogramme und andere Stimuli zu wirken
beginnen: China meldet sich zurück. Während das Wachstum in der
Volksrepublik im zurückliegenden Quartal auf 7,4% gefallen ist,
dürfte es in der laufenden Dreimonatsfrist um wenigstens 7,7%
zulegen, erwarten auch weniger euphorische Volkswirte. Bei der
abflauenden Inflation wächst zudem wieder der geldpolitische
Spielraum der zuletzt vorsichtig agierenden People's Bank of China.
Einkommen verdoppeln
Vor dem Hintergrund eines wieder anziehenden oder zumindest sich
stabilisierenden Wachstums ist auch die Rede von Hu Jintao, dem
scheidenden Chef der regierenden Kommunistischen Partei,
beachtenswert: Er kündigte anlässlich des politischen
Führungswechsels in der beendeten Woche an, das Bruttoinlandsprodukt
und die Durchschnittseinkommen von 2010 bis zum Jahr 2020 verdoppeln
zu wollen. Für die in China tätigen deutschen und internationalen
Konzerne macht dies eine Fortsetzung der bisherigen Wachstumsstory
wahrscheinlich. 'China macht genau das, was China sagt', bemerkte ein
Marktstratege mit Blick auf die Wirtschaftspolitik des Landes. Doch
was sagen die Märkte? Ein Kursfeuerwerk an den Aktienmärkten in Asien
blieb am Freitag aus. Das könnte bedeuten, dass die
Stabilisierungstendenz im Reich der Mitte schon eingepreist war und
es eben noch dauert, bis der Aufschwung zum Tragen kommt. Allerdings
gab es doch eine markante Marktreaktion, die mit Blick auf die
Frühindikatoren der Weltwirtschaft von Bedeutung ist. Der
Taiwan-Dollar stieg am Freitag auf den höchsten Stand seit September
2011. Schon einige Tage zuvor erreichte der koreanische Won
gleichfalls ein 14-Monats-Hoch.
Die seit einigen Wochen steigende Nachfrage nach den Devisen kommt
von den Exportfirmen in Taiwan und Korea, die ihre Erlöse aus dem
Ausland in die Landeswährung tauschen. Exporte aus den beiden Staaten
gehören zu den wichtigsten Frühindikatoren der Weltwirtschaft. Die
zwei strukturell ähnlichen Volkswirtschaften sind mit den westlichen
Märkten, aber enger noch mit China verflochten. Und bei den
Exportraten Koreas und Taiwans gibt es seit September einen stabilen
Aufwärtstrend. Während in Europa der zyklische Abschwung offenbar
seinen Boden noch finden muss - die schwache Industrieproduktion in
Frankreich und Italien sorgte am Freitag für Nervosität an den
europäischen Aktienmärkten - deutet sich in Asien ein Aufschwung an.
Sicher, all das könnte vorerst nur ein kleiner Fleck am Radar der
Finanzmärkte sein, der kurz aufleuchtet und dann wieder in der
Dunkelheit der vielen und umfassenden Abwärtsrisiken für die
Weltwirtschaft verschwindet. Es könnte aber auch der Ausgangspunkt
für einen länger anhaltenden Aufschwung sein, der sich im ersten
Quartal 2013 verstetigt und danach weiter an Kraft gewinnt.
Voraussetzung ist aber, dass die USA die 'fiskalische Klippe'
umschiffen und Europa sich zumindest stabilisiert. Aktien und andere
Risiko- Assets wären in einem solchen Szenario günstig bewertet. Ein
China, das als Wachstumslokomotive der globalen Ökonomie wieder mit
Volldampf vorausfährt, wäre das Beste, was den Märkten in der derzeit
fragilen Lage passieren könnte.
Originaltext: Börsen-Zeitung
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