COLOMBO (dpa-AFX) - Dem hochverschuldeten Sri Lanka drohen nach Einschätzung einer Ratingagentur weitere Massenproteste, sollten dringend benötigte Wirtschaftsreformen auf Widerstand treffen. Zwar könne sich der neue Präsident Ranil Wickremesinghe auf eine große Mehrheit im Parlament stützen und habe auch einige Oppositionelle in die Regierung geholt, schrieb die Ratingagentur Fitch am Donnerstag. Dies lasse auf Unterstützung für schwierige Reformen hoffen, damit Sri Lanka Finanzhilfe vom Internationalen Währungsfonds (IWF) erhalten kann. Es bestehe jedoch ein "erhebliches Risiko", dass solche Reformen öffentlichen Widerstand hervorrufen könnten, der wiederum die Umsetzung behindern könnte, hieß es.
Die Ratingagentur wies darauf hin, dass Präsident Wickremesinghe Premierminister in der vorherigen Regierung unter Präsident Gotabaya Rajapaksa gewesen war. Gotabaya Rajapaksa war durch Proteste gestürzt worden und ins Ausland geflohen. Die Ratingagentur schrieb weiter, Parlament und Regierung würden weiter von Politikern der Sri Lanka People's Freedom Alliance dominiert, die eng mit der Familie Rajapaksa verbunden sei. "Dies kann das Risiko weiterer destabilisierender Proteste erhöhen, wenn sich die wirtschaftlichen Bedingungen nicht verbessern."
Der südlich von Indien liegende Inselstaat Sri Lanka mit seinen etwa 22 Millionen Einwohnern war mangels ausreichender Währungsreserven zuletzt nicht mehr in der Lage, Importe wie Lebensmittel, Treibstoff und Medikamente zu finanzieren. Die Währungsreserven lagen laut Fitch Ende Juni bei nur noch 1,9 Milliarden Dollar (1,9 Milliarden Euro). Das reicht lediglich, um Importe für etwas mehr als einen Monat zu bezahlen. Auch die hohe Inflation, die im Juni bei über 50 Prozent lag, und stundenlange Stromausfälle sorgen für großen Unmut im Land.
Sri Lanka hofft daher auf finanzielle Hilfe durch den Internationalen Währungsfonds IWF. Verhandlungen könnten jedoch durch Sri Lankas Schulden bei China erschwert werden, hieß es. Diese beliefen sich Ende 2020 auf fünf Milliarden Dollar, was laut dem IWF rund 13 Prozent der Auslandsverschuldung Sri Lankas entspreche. China biete Entlastungen bei großen Krediten traditionell eher durch Stundungen wie Laufzeitverlängerungen als durch Abschreibungen an. Dieser Ansatz könne jedoch die Herausforderungen für Sri Lanka erhöhen, erfolgreich mit anderen Gläubigern eine Umschuldung auszuhandeln, hieß es weiter.