Berlin/London/Brüssel, 20. Okt (Reuters) - B undeswirtschaftsminister Peter Altmaier will den Briten in der Brexit-Frage noch einmal mehr Zeit einräumen. "Wenn eine Verlängerung um ein paar Wochen nötig ist, hätte ich damit kein Problem", sagte der CDU-Politiker der "Bild"-Zeitung am Sonntag. Auch nach der Verschiebung der Abstimmung über das Abkommen mit der EU im Unterhaus sei noch eine gute Lösung möglich, wenn Premierminister Boris Johnson auf das Parlament zugehe. Weiterer interner Machtpoker werde aber Arbeitsplätze und Wohlstand gefährden. Die EU will jedoch auf die britische Bitte nach einem weiteren Brexit-Aufschub über den 31. Oktober hinaus offenbar zunächst zurückhaltend reagieren.
"Wir erhoffen uns mehr Klarheit am Ende der kommenden Woche und hoffen, dass wir dann sehen, wie sich die Dinge in London entwickeln", sagte ein Diplomat nach einem Treffen der EU-Vertreter am Sonntagmorgen. Das britische Parlament hatte am Samstag nicht wie von Johnson gewünscht seinen mit der EU ausgehandelten Austrittsvertrag gebilligt. Stattdessen wurde ein Antrag beschlossen, wonach zunächst das Abkommen in Gesetze umgesetzt werden solle, um das Vertragswerk so verlässlich einschätzen zu können.
Die Entwicklung stellt das Ausstiegsdatum 31. Oktober infrage. Die britische Regierung bat nach der Abstimmungs-Verschiebung - wie laut britischem Gesetz vorgeschrieben - die EU um einen weiteren Aufschub des Brexit. Johnson selbst schrieb aber parallel einen zweiten Brief an die EU, indem er sich gegen eine weitere Verzögerung aussprach.
Britische Minister machten unterdessen deutlich, dass sie weiter am Ausstieg aus der EU Ende des Monats festhielten. Die vom Parlament geforderte Gesetzgebung könne bis dann abgeschlossen sein, sagte Kabinettsminister Michael Gove. Außenminister Dominic Raab zeigte sich zuversichtlich, dass man ausreichende Unterstützung für den Austrittsvertrag im Parlament habe. Man werde auch noch einmal auf die nordirische DUP zugehen und weitere Zusagen prüfen. Die eigentlich mit den regierenden Konservativen verbündete DUP lehnt wegen der Regelungen für Nordirland den Vertrag ab.
Auch der Abgeordnete Oliver Letwin, der den Verschiebungs-Antrag eingebracht hatte, sicherte erneut dem Vertragswerk an sich seine Unterstützung zu. Wenn die Regierung die Gesetzgebung dazu vorantreibe, werde er nächste Woche mit der Regierung stimmen, sagte er der BBC.
Die oppositionelle Labour-Partei verlangte dagegen Neuwahlen. Zudem müsse es jetzt eine zweite Volksabstimmung zum Brexit gegeben, sagte der finanzpolitische Labour-Sprecher John McDonnell. Das erste Referendum vor gut drei Jahren war knapp zugunsten eines Austritts aus der EU ausgegangen.