FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 27. Februar 2013. Die Enttäuschung der Anleger fällt viel stärker aus, als die DAX-Verluste nahelegen. Mit 13 Prozent ist die Flucht aus dem Bullenlager erheblich, viele sind direkt short gegangen. Dafür gleichen sich die Erwartungen an das Ausmaß der Kursbewegung an.
Bundekanzlerin Angela Merkel dürfte am Montagabend wohl mit Grauen an einige politische Treffen der vergangenen Jahre gedacht haben, als sie das Endergebnis der italienischen Wahl vernommen hatte. Die Rückkehr Silvio Berlusconis auf die internationale politische Bühne ist aber nicht nur für sie, die von ihm verbal diffamiert oder beim Nato-Gipfelempfang einfach stehen gelassen wurde, ein Albtraum.
Auch Finanzmarktteilnehmer hätten sich gewünscht, dass dieser Name nicht mehr mit der Regierung der drittgrößten Volkswirtschaft Europas in Verbindung gebracht wird. Immerhin, Frau Merkel scheint den jüngsten Rückschlag für den europäischen Sanierungsprozess mit mehr Fassung zu tragen als so mancher Investor. Der Terminkontrakt italienischer Staatsanleihen erlitt den größten Tagesverlust seiner Geschichte. Die Rendite zehnjähriger Papiere stieg um mehr als ein halbes Prozent und die Aktienkurse in Mailand gaben kräftig nach. Auch der Rest Europas konnte sich der Verkaufswelle nicht entziehen.
Psychische Achterbahnfahrt
In unserer Sentiment-Umfrage hat sich diese Verkaufsbereitschaft ebenfalls bemerkbar gemacht. Die von der Börse Frankfurt befragten institutionellen Anleger haben regelrecht Reißaus genommen. 13 Prozent der Händler flüchteten aus dem Bullenlager, 8 Prozent von ihnen haben sich zu den Bären, 5 Prozent zu den Neutralen abgesetzt. Dies ist die stärkste Verschiebung des laufenden Jahres.
Lässt man den vergangenen Montag noch einmal Revue passieren, wird die Angstreaktion der Anleger sofort verständlich: Bis Montagmittag stiegen die Kurse an den europäischen Aktienmärkten stetig an. Nach Schließung der Wahllokale stimmten dann die ersten Hochrechnungen mit den letzten offiziellen Prognosen, die 14 Tage zuvor veröffentlicht wurden, überein, da sie eine knappe Mehrheit für das Mitte-Links-Bündnis ankündigten. Am frühen Abend kam dann der Schock: Die Mehrheit im Senat ging knapp an das Berlusconi-Lager verloren - die Börsen rutschten tief ins Minus.
Einen solchen Verlauf der Dinge verarbeiten und empfinden Menschen nach einem Muster, dass sich verheerend, aber immerhin vorhersehbar auf ihr Verhalten auswirkt. Die schönen Kursgewinne, an denen sie sich bis zum frühen Nachmittag erfreuten, wurden ihnen schlagartig weggenommen. Und Letzteres wiegt mental gut doppelt so stark, wie das zuvor wahrgenommene Gewinnerlebnis.
Unser Bull/Bear-Index zeigt nun den zweitniedrigsten Optimismus des Jahres an. Die jüngsten Verkäufe und Absicherungen dürften demnach einen beträchtlichen Umfang gehabt haben. Daran gemessen hat der DAX aber nicht allzu viel bullishes Terrain abgegeben. Mit anderen Worten: Nachfrage nach DAX-Werten ist auch außerhalb Deutschlands noch immer reichlich vorhanden.
Möchten Sie die Marktstimmung jede Woche an Ihre E-Mail erhalten, dann melden Sie sich an für den Börse Frankfurt Newsletter unter www.boerse-frankfurt.de/newsletter.
© 27. Februar 2013/Gianni Hirschmüller, cognitrend für boerse-frankfurt.de
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
Bundekanzlerin Angela Merkel dürfte am Montagabend wohl mit Grauen an einige politische Treffen der vergangenen Jahre gedacht haben, als sie das Endergebnis der italienischen Wahl vernommen hatte. Die Rückkehr Silvio Berlusconis auf die internationale politische Bühne ist aber nicht nur für sie, die von ihm verbal diffamiert oder beim Nato-Gipfelempfang einfach stehen gelassen wurde, ein Albtraum.
Auch Finanzmarktteilnehmer hätten sich gewünscht, dass dieser Name nicht mehr mit der Regierung der drittgrößten Volkswirtschaft Europas in Verbindung gebracht wird. Immerhin, Frau Merkel scheint den jüngsten Rückschlag für den europäischen Sanierungsprozess mit mehr Fassung zu tragen als so mancher Investor. Der Terminkontrakt italienischer Staatsanleihen erlitt den größten Tagesverlust seiner Geschichte. Die Rendite zehnjähriger Papiere stieg um mehr als ein halbes Prozent und die Aktienkurse in Mailand gaben kräftig nach. Auch der Rest Europas konnte sich der Verkaufswelle nicht entziehen.
Psychische Achterbahnfahrt
In unserer Sentiment-Umfrage hat sich diese Verkaufsbereitschaft ebenfalls bemerkbar gemacht. Die von der Börse Frankfurt befragten institutionellen Anleger haben regelrecht Reißaus genommen. 13 Prozent der Händler flüchteten aus dem Bullenlager, 8 Prozent von ihnen haben sich zu den Bären, 5 Prozent zu den Neutralen abgesetzt. Dies ist die stärkste Verschiebung des laufenden Jahres.
Lässt man den vergangenen Montag noch einmal Revue passieren, wird die Angstreaktion der Anleger sofort verständlich: Bis Montagmittag stiegen die Kurse an den europäischen Aktienmärkten stetig an. Nach Schließung der Wahllokale stimmten dann die ersten Hochrechnungen mit den letzten offiziellen Prognosen, die 14 Tage zuvor veröffentlicht wurden, überein, da sie eine knappe Mehrheit für das Mitte-Links-Bündnis ankündigten. Am frühen Abend kam dann der Schock: Die Mehrheit im Senat ging knapp an das Berlusconi-Lager verloren - die Börsen rutschten tief ins Minus.
Einen solchen Verlauf der Dinge verarbeiten und empfinden Menschen nach einem Muster, dass sich verheerend, aber immerhin vorhersehbar auf ihr Verhalten auswirkt. Die schönen Kursgewinne, an denen sie sich bis zum frühen Nachmittag erfreuten, wurden ihnen schlagartig weggenommen. Und Letzteres wiegt mental gut doppelt so stark, wie das zuvor wahrgenommene Gewinnerlebnis.
Unser Bull/Bear-Index zeigt nun den zweitniedrigsten Optimismus des Jahres an. Die jüngsten Verkäufe und Absicherungen dürften demnach einen beträchtlichen Umfang gehabt haben. Daran gemessen hat der DAX aber nicht allzu viel bullishes Terrain abgegeben. Mit anderen Worten: Nachfrage nach DAX-Werten ist auch außerhalb Deutschlands noch immer reichlich vorhanden.
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© 27. Februar 2013/Gianni Hirschmüller, cognitrend für boerse-frankfurt.de
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