Unternehmen, die besonders stark wachsen, schneiden langfristig meist überdurchschnittlich ab, wenn sie vorher nicht zu teuer waren. Die Börse ist aber keine Einbahnstraße, sodass es auch Schwächephasen gibt. Meist werden diese allerdings fehlinterpretiert und die Unternehmen schnell abgeschrieben. Bessert sich die Lage, steigen die Aktien in der Folge umso stärker, getrieben durch die Unterbewertung und das weiterhin hohe Wachstum.
Derzeit trifft dies auf viele chinesische Aktien zu. Aufgrund von Sanktionen weisen gut aufgestellte Firmen stark übertriebene Kursrückgänge auf. Vergleicht man hingegen die langfristigen Aussichten und die aktuelle Bewertung, stellt man eine hohe Diskrepanz fest. Ein chinesisches Unternehmen, auf das dieser Umstand gerade zutrifft, ist Baidu (NASDAQ:BIDU) (WKN: A0F5DE). Lass uns gemeinsam nachsehen, warum die Aktie des Unternehmens langsam interessant wird.
Unternehmen mit guter Marktstellung Viele Anleger werden die Suchmaschine Google und deren Mutter Alphabet (NASDAQ:GOOGL) (WKN: A14Y6F) kennen. China baut jedoch in vielerlei Hinsicht seine eigenen Unternehmen auf und ausländische Firmen dürfen maximal über ein Joint Venture mit chinesischer Beteiligung im Land Geschäfte machen. Dementsprechend gut ist der Markt für die heimischen Firmen geschützt.
So kann die führende chinesische Suchmaschine Baidu ungestört ihr Potenzial bei 1,4 Mrd. chinesischen Einwohnern ausschöpfen. Dies ist mehr als viermal so viel, wie die USA (327,2 Mio. Einwohner) zählen. Und wie du dir vorstellen kannst, ist das Internet ohne eine gute Suchmaschine wenig wert. Aktuell verfügen über 800 Mio. Chinesen über einen Internetzugang. Dies bedeutet, dass der Markt noch lange nicht komplett ausgeschöpft ist. Zudem boomt die Nutzung weiterhin. Wer einmal einen Internetzugang besitzt, dessen tägliche Nutzungsdauer steigt meist schnell an.
Darüber hinaus betreibt Baidu eine Online-Community, eine Enzyklopädie, einen Kartendienst, eine Bilder-, Video- und eine Nachrichtensuche. Das Unternehmen entwickelt immer mehr Anwendungen für mobile Endgeräte. Die größte Einnahmequelle bleibt jedoch der Werbeumsatz, denn die Reichweite für die Werbekunden ist enorm. Aktuell baut Baidu sein Geschäft mit künstlicher Intelligenz (AI) stark aus, bietet Cloud-Dienste an, arbeitet an Flugtaxis und besitzt eine stark genutzte Onlinevideoplattform. Diese Felder können alle zum zukünftigen Wachstum beitragen.
Mit 53,12 % ist Baidu derzeit der Marktführer in China. Auf Platz zwei folgt Sogou (WKN: A2H5SY) mit 29,54 %, und mit nur 6,26 % liegt Google auf Platz drei. Aber was spricht noch für die Aktie?
Eine sehr gute Geschäftsentwicklung Hinzu kommen Baidus überdurchschnittlich gute Zahlen. So sind Umsatz und Gewinn in den letzten zehn Jahren (2009 bis 2018) von 3.198 auf 102.277 Mio. Chinesische Yuan beziehungsweise von 1.048 auf 27.573 Mio. Chinesische Yuan gestiegen. Dabei fiel die Nettomarge stets zweistellig aus. 2018 lag sie bei guten 26,8 %. Die Gesamtkapital- und die Eigenkapitalrendite betrugen im letzten Jahr knapp 10 beziehungsweise 19,7 %.
Und auch die Bilanz ist mit 55 % Eigenkapital gut aufgestellt. Warren Buffett hätte sicherlich seine Freude hinsichtlich der Entwicklung. Gut, Baidu verfügt über ein Geschäft mit Perspektive und gute Zahlen, aber was spricht noch für den Wert?
Die Aktie ist stark gefallen Wie wir wissen, versucht die amerikanische Regierung derzeit den chinesischen Einfluss zurückzudrängen. Dies hat die Wirtschaft und Baidus Werbekunden getroffen. Die Aktie ist deshalb vom Hoch im letzten Jahr (2018) bereits um über 55 % gefallen (04.07.2019). Es ist also derzeit möglich, die größte chinesische Suchmaschine zum halben Preis zu kaufen, obwohl sich an dem Firmenwert nichts verändert hat.
Natürlich gibt es kurzfristig einen Grund für den Kursrückgang: Im ersten Quartal 2019 erzielte Baidu erstmals einen Verlust (Grund waren hauptsächlich größere Investitionen), wobei der Umsatz aber weiterhin um 15 % kletterte. Diese Entwicklung könnte auch noch einige Quartale andauern, aber es wurden bereits Maßnahmen zur Stützung der Wirtschaft eingeleitet. Baidu hält sein Unternehmen für so günstig bewertet, dass es bis Juli 2020 eigene Aktien im Wert von 1 Mrd. US-Dollar zurückkaufen wird.
Foolishes Fazit Baidu verfügt über eine gute Marktstellung und muss derzeit eine wahrscheinlich vorübergehend schwierige Situation meistern. Da die Qualität aber so hoch ist, sollte dies gelingen und später sogar noch viel mehr Ertrag erzielt werden.
Christof Welzel besitzt keine der erwähnten Aktien. Suzanne Frey arbeitet als Führungskraft bei Alphabet und sitzt im Vorstand von The Motley Fool. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Alphabet (A- und C-Aktien) und Baidu.
Motley Fool Deutschland 2019