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HINTERGRUND/EM: Bau- und Chemieunternehmen nur im Mittelfeld dabei

Veröffentlicht am 02.06.2012, 10:05
Aktualisiert 02.06.2012, 10:08
FRANKFURT (dpa-AFX) - Bei der Fußball-Europameisterschaft haben es nur wenige deutsche Bau- und Chemieunternehmen über die Vorrunde hinaus geschafft: Die ganz großen Geschäfte mit Stadion- und Straßenbau blieben meist aus. An vereinzelten Stellen konnten deutsche Unternehmen mit ihrer Expertise glänzen, doch das Hauptgeschäft blieb meist für andere übrig. Stark vertreten waren unter anderem österreichische Baukonzerne, die dank ihrer Präsenz in Osteuropa glänzen konnten. Wenn deutsche Unternehmen mitverdient haben, dann liegen die Gewinne aber bereits hinter den Konzernen - denn wenn in Polen und der Ukraine angepfiffen wird, dann ist das Geschäft im Bau bereits gemacht.

Profitieren konnten deutsche Unternehmen vor allem mit ihrem Spezialwissen abseits der ins Auge fallenden Stadienbauten. Bilfinger Berger etwa punktete mit Infrastrukturprojekten in Polen. Das Unternehmen erneuerte zum einen eine Eisenbahnstation am Nationalstadion in Warschau. Zum anderen stellte es einen zwei Kilometer langen Eisenbahntunnel und eine unterirdische Haltestation am Flughafen Warschau fertig. Das Auftragsvolumen fiel aber mit insgesamt 38 Millionen Euro noch eher schmal aus. Daneben jedoch liefen noch mehrere große Verkehrsprojekte: An den Autobahnringen in Danzig und Warschau baute das Unternehmen mit, und auch an zwei weiteren Straßenabschnitten in Polen war der Konzern maßgeblich beteiligt. Den Umfang der Projekte bezifferte der Konzern auf 450 Millionen Euro.

Bei den Stadien selbst kamen die Deutschen vorwiegend über Umwege ins Spiel. So profitierte zum Beispiel das bayerische Unternehmen Max Bögl von Problemen beim Neubau des EM-Stadions in Breslau. Nachdem der Zeitplan in Gefahr geraten war, holten die Verantwortlichen Anfang 2010 das privat geführte Unternehmen aus Neumarkt in der Oberpfalz mit an Bord. Der Konzern, der auch in Deutschland einige Fußballstadien wie etwa in Frankfurt und Köln gebaut hat, stellte das Stadion nahezu in Rekordzeit fertig - bereits im Herbst 2011 wurde die Arena eröffnet. Verschiedenen Quellen zufolge soll das Stadion insgesamt 730 Millionen Zloty gekostet haben (167 Mio Euro).

Der Baustoffhersteller HeidelbergCement stellte in Polen generell erhöhte Nachfrage nach Zement fest, vor allem im Rahmen von Infrastrukturprojekten, aber auch im Zusammenhang mit der Europameisterschaft. Der Konzern ist für den polnischen Markt weiter zuversichtlich und betreibt sein größtes europäisches Zementwerk im polnischen Gorazdze. Im Jahr 2011 fuhr das Unternehmen in dem Werk die Kapazität für Zementklinker von 3,1 auf 4 Millionen Tonnen im Jahr hoch.

Während Zement als Baustoff kaum sichtbar in Erscheinung tritt, dürfte der Beitrag der Siemens-Tochter Osram weithin zu sehen sein: Am Nationalstadion in Warschau erhellt Lichttechnik aus München die Außenhülle des Stadions. LED-Leuchten sollen es ermöglichen, auf der Außenfassade des Stadions Spielstände, Namen von Mannschaften und Torschützen darzustellen. 'Es ist uns gelungen, die Fassade in einen riesigen Bildschirm zu verwandeln', sagt Bogumil Stepan, Geschäftsführer von Osram in Polen. Auch in der Flutlichtanlage in Warschau und in Danzig steckt Technik der Lichttochter, die Siemens demnächst an die Börse bringen will. Die Aufträge belaufen sich nach Unternehmensangaben insgesamt auf einen einstelligen Millionenbetrag.

Der Chemie- und Pharmakonzern Bayer rüstet mit seinen Kunststoffplatten aus Polycarbonat ebenfalls die Stadien in Warschau und Danzig aus. Für Teile der Fassade und des Dachs fertigten die Leverkusener 45.000 Quadratmeter allein für das Danziger Stadion, in Warschau bedecken 5.000 Quadratmeter des leichten, aber stabilen Glasersatzes das Dach. Auch beim zentralen Gegenstand der EM hat sich das Unternehmen einen Anteil gesichert. Im offiziellen Turnierball 'Tango 12' von Adidas steckt Schaum der Leverkusener, und auch der wasserabweisende Außenklebstoff kommt aus den Labors des Konzerns.

Die Produkte des Chemiekonzerns BASF müssen buchstäblich mit der Lupe gesucht werden - als Grundstoffe sind sie Teil vieler anderer Produkte rund um die Fußball-EM. Betonzusatzstoffe etwa stecken in mehreren ausgebauten Autobahnen in Polen. Im Nationalstadion von Warschau soll ein Dämmsystem von innen Energie sparen. In den Stadien von Warschau und Posen wurden auch Fundamente und Tribünen mit Produkten aus Ludwigshafen abgedichtet. Daneben sind auch in Fußballschuhen und Trikots Kunststoffe von BASF enthalten. Zahlenmäßig beziffern kann der Konzern die Effekte eines großen Fußballturniers auf das Geschäft bei den vielfältigen Anwendungen aber nicht.

In der Stahlbranche liegt der Geschäftserfolg ähnlich gelagert wie in der Baubranche: Eher gedämpft fielen die Geschäfte deutscher Unternehmen aus. Der Stahlkonzern Salzgitter lieferte mit seiner polnischen Handelstochter rund 5.000 Tonnen Stahl für den Neubau in Warschau und Danzig sowie die Runderneuerung in Posen - zum Teil auch aus konzerneigener Produktion. Einen kleinen Erfolg konnte auch der Stahlhändler Klöckner & Co (KlöCo) verbuchen - allerdings an anderer Stelle: Mit seinem Stahllager am City-Flughafen in London glich der Konzern kurzfristig auftretende Überschussnachfrage beim Sportstättenbau für die Olympischen Spiele aus./men/zb/wiz

--- Von Marco Engemann, dpa-AFX ---

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