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Veröffentlicht am 26.05.2014, 20:47

Börsen-Zeitung: Affront National, Kommentar zur Europawahl von Detlef

Fechtner

Frankfurt (ots) - Nigel Farage, Parteichef der britischen

Unabhängigkeitspartei, ist ein ziemlicher Dampfplauderer. Allerdings

hat er nach Schließung der Wahllokale einen überzeugenden Punkt

gemacht. Er erkenne nicht, dass sich im EU-Parlament kurzfristig

vieles ändern werde - wohl aber in der Politik einiger nationaler

Regierungen. In der Tat dürften die etablierten Fraktionen

verkraften, dass sie sich künftig den Plenarsaal mit mehr

Europagegnern als bisher teilen müssen. Auf die politischen

Ergebnisse des Parlaments wird das erst einmal nur bedingt

Auswirkungen haben. Schließlich bringen es die Fraktionen, die

eindeutig für eine einflussreiche EU sind, auch künftig auf mehr als

zwei Drittel der Stimmen. Weder Bankenunion noch Datenschutzrecht

oder Klimaziele werden an diesem neuen EU-Parlament scheitern. Zumal

die europaskeptischen Parteien sehr unterschiedliche Ziele verfolgen

- und etwa Gegner europäisch vereinbarter Sparpolitik nichts gemein

haben mit Rechtsextremen. So dürfte sich einmal mehr bewahrheiten,

dass es keine Internationale der Nationalen gibt - dass sich also

nationalistische Gruppierungen mit europäischen Schulterschlüssen von

Natur aus schwertun.

Moment! Damit lassen sich die Erfolge der Skeptiker und Gegner der

EU aber noch nicht abhaken. Denn in mindestens drei Ländern kommen

die Regierungen schwer unter Druck. Das Abschneiden Marine Le Pens in

Frankreich ist ein Affront National für die Regierung, die zuletzt

bereits mit isolierten Attacken, etwa in Richtung EZB, an

Berechenbarkeit eingebüßt hat. In Großbritannien ist die gepflegte

Abneigung gegenüber der EU zwar kein neues Phänomen. Es gewinnt aber

wegen des - vielleicht ja schon schneller als geplant -

näherrückenden Termins des Referendums über den EU-Verbleib an

Sprengkraft. Nicht auszuschließen, dass die EU in vorauseilender

Rücksichtnahme demnächst Entscheidungen verzögert. So etwas muss

nicht, aber kann Probleme verstärken. Und Griechenland? Man mag

Tranchen splitten und trickreiche Methoden austüfteln, damit das Land

nicht pleitegeht. Falls aber Athen irgendwann kategorisch ablehnt,

mit der Troika Vorgaben auszuhandeln, müssen die Euro-Partner das

Land finanziell fallen lassen.

Die nationalen Entwicklungen werden über Bande natürlich nach

Brüssel rückwirken. Insofern wird die Skepsis vieler Menschen

gegenüber der Staatenunion, die sich in der Wahl erneut offenbart,

doch etwas verändern. Erst im Rat. Und irgendwann auch im nicht mehr

ganz so europäischen Parlament.

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