ESSEN (dpa-AFX) - Deutschlands größter Energieversorger Eon (ETR:EOAN) setzt trotz aller Risiken weiter auf das Geschäft außerhalb Europas. "In der Stromerzeugung in Europa ist die Situation nach wie vor kritisch. Besserung ist nicht in Sicht", sagte Konzernchef Johannes Teyssen am Mittwoch bei der Hauptversammlung in Essen. Viele Aktionäre sorgen sich um die Aktivitäten in Russland, Brasilien und in der Türkei. Zu riskant, so ihr Credo.
Riskant ist die Lage auch in der Ukraine, wo die politische Lage brenzlig bleibt. In Bezug auf die dortige Krise und mögliche Auswirkungen auf das Russlandgeschäft beschwichtigte der Eon-Chef. "Wir arbeiten weiterhin gut mit unseren russischen Partnern, Kunden und Mitarbeitern zusammen." Allerdings habe der niedrige Wechselkurs des Rubels das Ergebnis des russischen Stromgeschäfts in Euro um sechs Prozent fallen lassen. Eon erzielte zuletzt sieben Prozent seines operativen Ergebnisses in Russland. Und Teyssen rechnet mit Steigerungen.
Das Unternehmen investierte in der Region seit 2007 mehr als sechs Milliarden Euro, das Geld ging vorwiegend in neue Kraftwerke. In einen weiteren Neubau fließen in diesem Jahr 500 Millionen Euro. Während der Essener RWE (ETR:RWE)-Konzern seit Anfang April Gas gen Osten liefert, hielt sich Eon bisher zu dem Thema bedeckt.
Außer Russland hat der Konzern auch Brasilien und die Türkei zu seinen Wachstumsmärkten auserkoren, vor allem in Südamerika gibt es aber Probleme. Bei Eons Partner beim Einstieg in diesen Markt, der Batista-Gruppe, kam es zu einem "spektakulären Zusammenbruch", wie Teyssen es nennt. Die Verunsicherungen daraus wirkten bis heute nach.
In ein Gemeinschaftsunternehmen musste Eon mit etwa einer Milliarde Euro deutlich mehr Geld stecken als zunächst geplant. Zwei Gigawatt Kraftwerksleistung seien in Betrieb genommen. Doch die Probleme hören nicht auf. Verschiebungen bei einem weiteren Kraftwerksbau erfordern ein Sanierungskonzept für den brasilianischen Partner. "Wir hoffen, dass die Bemühungen erfolgreich sind", so Teyssen.
Die Aktionäre sind davon nicht überzeugt. In Brasilien habe Eon mit der Batista-Gruppe "aufs falsche Pferd" gesetzt, sagte Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz DSW. Anlegervertreter Ingo Speich von der Union Investment sieht auf den außereuropäischen Hoffnungsmärkten vor allem "geballte Konjunktur-, Korruptions- und Währungsrisiken". Er fordert: "Keine Experimente mehr!" Nur auf Basis einer stabilen Geschäftsentwicklung sei eine verlässliche Dividendenpolitik möglich.
Die Ausschüttung an die Aktionäre soll von 1,10 Euro auf 60 Cent zurückgehen. "Die Bezüge des Vorstandes sind um weniger als 25 Prozent gefallen, unsere Dividende dagegen um fast 40 Prozent", empörte sich Großaktionär Bernd Günther. Das sei ein "Höhepunkt an Abkassiererei für schlechte Leistung".
Vor dem Hintergrund fallender Börsenstrom-Preise und einer niedrigen Auslastung der fossilen Kraftwerke erwartet Eon nach einem drastischen Gewinneinbruch im vergangenen Jahr auch 2014 weitere Rückgänge beim Ergebnis. Eon bestätigte bei der Hauptversammlung die Prognose eines operativen Ergebnisses (Ebitda) von 8,0 bis 8,6 Milliarden Euro und eines bereinigten Gewinns von 1,5 bis 1,9 Milliarden Euro - 2013 hatte sich der Gewinn bereits auf 2,2 Milliarden Euro fast halbiert.br