* Zinsfantasie schützt Euro vor Abwertung
* Devisenhandel erwartet Serie von Zinserhöhungen
* Von Schuldenkrise bis Atomkatastrophe: alles prallt ab
(aktualisierte Wiederholung vom 31. März)
- von Andrea Lentz und Daniela Pegna -
Frankfurt, 06. Apr (Reuters) - Händler in New York sprechen schon vom "Teflon-Euro", an dem nichts haften bleibt. Und in Frankfurt sehen die ersten Beobachter den Euro schon wieder bei 1,50 Dollar. Ob Euro-Schuldenkrise, Atomkatastrophe in Japan oder Krieg vor Europas Haustür: Der Euro steigt und steigt. Normalerweise favorisieren Anleger in Krisenzeiten die Weltleitwährung - also den Dollar. Was den Euro derzeit so attraktiv macht, sind die zunehmenden Hinweise von EZB-Notenbankern, die EZB könnte am Donnerstag eine lang anhaltende Zinserhöhungsrunde einleiten.
Die EZB hat damit in der Hand, ob der Euro danach abwertet. Denn wenn EZB-Chef Jean-Claude Trichet wie von den meisten Marktteilnehmern erwartet mit einem Viertelprozent zum ersten Mal seit der Finanzkrise die Zinsschraube anzieht, könnten einige Anleger Kasse machen. "Der Käse könnte schon gegessen sein", warnt Devisenanalyst Mario Mattera von der Metzler Bank. Seit der Ankündigung Trichets Anfang März hat die Gemeinschaftswährung schon über vier US-Cent auf rund 1,43 Dollar zugelegt.
"Unserer Einschätzung nach hat der Markt eine Erhöhung der Leitzinsen um 125 Basispunkte in den nächsten zwölf Monaten bereits eingepreist", erklärt Mattera. Eine Überraschung werde es jedenfalls kaum sein, wenn die EZB den Zins um 25 Basispunkte auf 1,25 Prozent anheben sollte. Es sei denn, die EZB würde doch auf eine Zinserhöhung verzichten. "Wenn sie nichts machen, dann wird es mit dem Euro rapide abwärts gehen", sagt Devisenanalystin Sandra Striffler von der DZ Bank.
Doch daran glaubt kaum jemand: Nach einer in der vergangenen Woche veröffentlichten Umfrage von Reuters könnten die Anleger, die in Erwartung von Zinserhöhungen den Euro gekauft haben, auf der richtigen Seite liegen: Bis auf vier haben alle 80 befragten Analysten für nächste Woche eine Zinserhöhung um 25 Basispunkte vorausgesagt. Die Wahrscheinlichkeit für eine weitere Zinserhöhung Ende Juni wird bei 90 Prozent gesehen. Im Schnitt gehen die Experten davon aus, dass die EZB je Quartal die Zinsen für ein Jahr in kleinen Schritten erneut anheben wird. Nach einer kurzen Pause würden die Zinsen im dritten und vierten Quartal 2012 weiter steigen. Ende 2012 stünden sie bei 2,5 Prozent.
WÄHRUNGSHÜTER HABEN MÄRKTE VORBEREITET
Analysten und Devisenhändler haben vor allem aus den vielen Äußerungen von EZB-Notenbankern Schlüsse gezogen. So erklärte EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark, es sei an der Zeit, Schritt für Schritt in Richtung Normalität zu gehen - sprich die Finanzkrise zumindest zinsseitig ad acta zu legen. "Dies spricht dafür, dass die erwartete Zinserhöhung am Donnerstag lediglich den Auftakt zu einer Reihe von Zinserhöhungen in diesem Jahr darstellt", erklären die Analysten der NordLB.
Grund für die Zinswende ist die Sorge der Notenbanker, dass die Inflation in der Euro-Zone aus dem Ruder laufen könnte: So sind im März die Verbraucherpreise mit 2,6 Prozent so stark wie seit Oktober 2008 nicht mehr gestiegen. Trichet warnte, die Inflationsraten lägen dauerhaft über der von der EZB definierten Preisstabilität. Mittelfristig sehen die Währungshüter diese bei einer Teuerungsrate von knapp unter zwei Prozent gewährleistet. Nach Einschätzung von Börsianern also höchste Zeit zum Handeln: "Die Inflation hat eine Eigendynamik erreicht, der die EZB entschieden entgegentreten muss", erklärte Aktienstratege Heino Ruland von Ruland-Research.
Höhere Zinsen bergen allerdings auch ein Risiko für die Wirtschaft. Sollten nämlich die Anleger das Gefühl bekommen, dass die EZB damit die Konjunktur abwürgt, könnte der Euro rasch wieder an Wert verlieren. Doch im Moment perlt alles am Euro ab - die Zinsfantasie als Teflonbeschichtung.
(unter Mitarbeit von Steven C. Johnson in New York; redigiert von Martin Zwiebelberg)