FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Europäische Zentralbank (EZB) sieht sich weiter als Krisenhelfer für die angeschlagenen Banken. Den Staaten des Euroraums aber massiv unter die Arme zu greifen, insbesondere in Form systematischer und massiver Anleihekäufen, lehnt die Notenbank nach wie vor ab. Die aktuellen Anleihekäufe am Sekundärmarkt würden weder ewig laufen, noch seien sie in ihrem Volumen unbegrenzt, sagte EZB-Chef Mario Draghi am Donnerstag in Frankfurt. Demgegenüber unterstützt die EZB die Geschäftsbanken mit zusätzlichen Hilfen. Zudem senkte sie den Leitzins zum zweiten Mal in Folge um 0,25 Punkte auf nunmehr 1,0 Prozent. Das Zinsniveau liegt damit wieder auf dem tiefsten Stand seit Einführung des Euro.
Auf der Pressekonferenz nach der Zinssitzung des EZB-Rats trat Notenbank-Chef Draghi klar der Auffassung entgegen, die EZB könnte ihre Anleihekäufe massiv ausweiten. Seine Aussagen von vergangener Woche vor dem EU-Parlament seien missverstanden worden. Seinerzeit hatte Draghi ohne konkreter zu werden gesagt, sollte der Euroraum fiskalisch enger zusammenrücken, könnten weitere Maßnahmen folgen. An den Finanzmärkten wurden die Äußerungen als Signal für zusätzliche Käufe von Staatsanleihen angeschlagener Euro-Länder interpretiert, sollte sich der Währungsraum hin zu einer Fiskalunion bewegen.
EZB WEITET BANKENHILFE AUS
Dass die EZB sich ausschließlich als 'Lender of the last Resort' für die Banken sieht, zeigten auch die neuen Beschlüsse des Rats: So wird die Notenbank den Instituten Liquidität über einen noch längeren Zeitraum als bisher anbieten. Geplant sind zwei Langfrist-Refis mit extrem langen Laufzeiten von jeweils drei Jahren. Bislang waren diese Geschäfte auf Laufzeiten von bis zu einem Jahr begrenzt, was bereits ungewöhnlich lange ist. Über die Drei-Jahres-Geschäfte können sich die Banken gegen Sicherheiten so viel frisches Geld wie gewünscht besorgen. Dafür müssen sie den durchschnittlichen Zins der wöchentlichen Hauptrefi-Geschäfte über die Laufzeit hinweg bezahlen.
Darüber hinaus senkte die Notenbank den Satz, den die Institute als Mindestreserve vorhalten müssen. Er sinkt von zwei auf ein Prozent. Außerdem lockerte die EZB ihren Rahmen für die Sicherheiten, die sie von Geschäftsbanken bei Offenmarktgeschäften als Pfand akzeptiert. Zum einen senkte sie den Abschlag, den die Institute bei der Hinterlegung von speziell besicherten Wertpapieren (Asset Backed Securities, ABS) in Kauf nehmen müssen. Zum anderen dürfen die nationalen Notenbanken nun auch Bank-Kredite als Sicherheit akzeptieren.
KEINE EINIGKEIT IM EZB-RAT
Die jüngste Zinssenkung begründete Draghi mit dem vermutlich starken Wachstumseinbruch im Währungsraum 2012. Der EZB-Chef sprach abermals von 'signifikanten' Konjunkturrisiken, insbesondere wegen der starken Unsicherheiten infolge der Schuldenkrise. Die Inflationsrisiken bezeichnete er hingegen als nach wie vor ausgeglichen. Im kommenden Jahr dürfte die Teuerung unter den Zielwert der EZB von knapp zwei Prozent sinken. Aktuell liegt die Inflation mit 3,0 Prozent deutlich darüber.
Die jüngsten Entscheidungen sind im EZB-Rat, dem geldpolitischen Beschlussgremium, jedoch nicht auf ungeteilte Gegenliebe gestoßen. Draghi sprach von einer 'lebhaften Diskussion'. Nicht alle Entscheidungen seien einstimmig getroffen worden. Angesichts der Fülle von Beschlüssen sei dies aber nicht verwunderlich, schränkte Draghi ein. Die Möglichkeit einer von der EZB garantierten Obergrenze für Anleiherenditen im Euroraum sei im EZB-Rat nicht diskutiert worden. Auch andere Krisenmaßnahmen, die zuletzt stark in den Fokus gerückt waren - wie eine Finanzierung des Internationalen Währungsfonds (IWF) durch Notenbankgeld und anschließende Kredite an Euro-Länder - seien kein Thema gewesen. Ein derartiges Vorgehen würde mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen die EU-Verträge verstoßen, sagte Draghi.
MARKTREAKTIONEN
An den Finanzmärkten setzte eine Berg- und Talfahrt ein: Während der Euro nach der Zinssenkung der Notenbank kräftig zulegte, wurde er von den Äußerungen Draghis stark belastet. Zuletzt lag er bei 1,3330 US-Dollar und damit klar im Minus. Die Reaktion am deutschen Anleihemarkt war entgegengesetzt, zuletzt profitierten deutsche Staatstitel. Die Aktienmärkte wurden indes deutlich belastet./bgf/hbr/he
Auf der Pressekonferenz nach der Zinssitzung des EZB-Rats trat Notenbank-Chef Draghi klar der Auffassung entgegen, die EZB könnte ihre Anleihekäufe massiv ausweiten. Seine Aussagen von vergangener Woche vor dem EU-Parlament seien missverstanden worden. Seinerzeit hatte Draghi ohne konkreter zu werden gesagt, sollte der Euroraum fiskalisch enger zusammenrücken, könnten weitere Maßnahmen folgen. An den Finanzmärkten wurden die Äußerungen als Signal für zusätzliche Käufe von Staatsanleihen angeschlagener Euro-Länder interpretiert, sollte sich der Währungsraum hin zu einer Fiskalunion bewegen.
EZB WEITET BANKENHILFE AUS
Dass die EZB sich ausschließlich als 'Lender of the last Resort' für die Banken sieht, zeigten auch die neuen Beschlüsse des Rats: So wird die Notenbank den Instituten Liquidität über einen noch längeren Zeitraum als bisher anbieten. Geplant sind zwei Langfrist-Refis mit extrem langen Laufzeiten von jeweils drei Jahren. Bislang waren diese Geschäfte auf Laufzeiten von bis zu einem Jahr begrenzt, was bereits ungewöhnlich lange ist. Über die Drei-Jahres-Geschäfte können sich die Banken gegen Sicherheiten so viel frisches Geld wie gewünscht besorgen. Dafür müssen sie den durchschnittlichen Zins der wöchentlichen Hauptrefi-Geschäfte über die Laufzeit hinweg bezahlen.
Darüber hinaus senkte die Notenbank den Satz, den die Institute als Mindestreserve vorhalten müssen. Er sinkt von zwei auf ein Prozent. Außerdem lockerte die EZB ihren Rahmen für die Sicherheiten, die sie von Geschäftsbanken bei Offenmarktgeschäften als Pfand akzeptiert. Zum einen senkte sie den Abschlag, den die Institute bei der Hinterlegung von speziell besicherten Wertpapieren (Asset Backed Securities, ABS) in Kauf nehmen müssen. Zum anderen dürfen die nationalen Notenbanken nun auch Bank-Kredite als Sicherheit akzeptieren.
KEINE EINIGKEIT IM EZB-RAT
Die jüngste Zinssenkung begründete Draghi mit dem vermutlich starken Wachstumseinbruch im Währungsraum 2012. Der EZB-Chef sprach abermals von 'signifikanten' Konjunkturrisiken, insbesondere wegen der starken Unsicherheiten infolge der Schuldenkrise. Die Inflationsrisiken bezeichnete er hingegen als nach wie vor ausgeglichen. Im kommenden Jahr dürfte die Teuerung unter den Zielwert der EZB von knapp zwei Prozent sinken. Aktuell liegt die Inflation mit 3,0 Prozent deutlich darüber.
Die jüngsten Entscheidungen sind im EZB-Rat, dem geldpolitischen Beschlussgremium, jedoch nicht auf ungeteilte Gegenliebe gestoßen. Draghi sprach von einer 'lebhaften Diskussion'. Nicht alle Entscheidungen seien einstimmig getroffen worden. Angesichts der Fülle von Beschlüssen sei dies aber nicht verwunderlich, schränkte Draghi ein. Die Möglichkeit einer von der EZB garantierten Obergrenze für Anleiherenditen im Euroraum sei im EZB-Rat nicht diskutiert worden. Auch andere Krisenmaßnahmen, die zuletzt stark in den Fokus gerückt waren - wie eine Finanzierung des Internationalen Währungsfonds (IWF) durch Notenbankgeld und anschließende Kredite an Euro-Länder - seien kein Thema gewesen. Ein derartiges Vorgehen würde mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen die EU-Verträge verstoßen, sagte Draghi.
MARKTREAKTIONEN
An den Finanzmärkten setzte eine Berg- und Talfahrt ein: Während der Euro nach der Zinssenkung der Notenbank kräftig zulegte, wurde er von den Äußerungen Draghis stark belastet. Zuletzt lag er bei 1,3330 US-Dollar und damit klar im Minus. Die Reaktion am deutschen Anleihemarkt war entgegengesetzt, zuletzt profitierten deutsche Staatstitel. Die Aktienmärkte wurden indes deutlich belastet./bgf/hbr/he