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Veröffentlicht am 16.01.2012, 18:37
APA ots news: 'DER STANDARD'-Kommentar: 'Abtauchen und ignorieren' von Alexandra Föderl-Schmid

Die Reaktion der Regierung auf den Triple-A-Verlust zeugt von

Führungsschwäche - Ausgabe vom 17.1.2012

Wien (APA-ots) - Wo ist der Kanzler? Seit Freitag ist er abgetaucht.

Es gibt nur eine schriftliche Erklärung von Werner Faymann und

Michael Spindelegger zur Herabstufung der Bonität durch Standard &

Poor's, in der beide betonen, dass dieser Schritt 'unverständlich'

sei. Wer erwartet hatte, der Regierungschef werde am Montag nach dem

Treffen mit Vertretern von Nationalbank und Finanzmarktaufsicht eine

Erklärung oder gar Beschlüsse verkünden, wurde eines Besseren

belehrt: Der Kanzler schickte, wieder einmal, Ewald Nowotny vor, der

sich offenbar als Krisenerklärer in die Parteipflicht nehmen lässt.

Auch Andreas Schieder, Staatssekretär im Finanzministerium, taucht in

solchen Situationen auf. In der ausnahmsweise gut besetzten

ORF-Sendung Im Zentrum hat er Finanzministerin Maria Fekter

assistiert, die SPÖ-Forderung nach einer Vermögenssteuer rapportiert

und am Montag mit dem Stehsatz 'Wir müssen den Weg der Konsolidierung

konsequent weitergehen' brilliert. Ein Kanzler, der in Krisenzeiten

andere vorschickt und nicht sagt, wo es hingehen soll, zeigt keine

Führungsqualität.

Ganz anders die Reaktion in Frankreich, das ebenfalls sein Triple-A

verloren hat: Bereits vor der offiziellen Bekanntgabe tat

Wirtschaftsminister Francois Baroin seine Einschätzung kund, einen

Tag später bezeichnete der Premierminister Francois Fillon die

Herabstufung als 'Warnsignal, das weder dramatisiert noch

unterschätzt werden darf'. Präsident Nicolas Sarkozy berief noch am

Freitag eine Krisensitzung mit Kabinettsmitgliedern ein und ging bei

einem Auftritt am Wochenende indirekt auf die Herabstufung ein, indem

er weitere Reformen ankündigte.

In Österreich wird weiter auf Abwarten und Beschwichtigen gesetzt:

Weder Regierung noch Opposition scheinen die Kritik der Ratingagentur

als Warnsignal und als Aufforderung, sich endlich zusammenzuraufen,

verstanden zu haben. Damit werden sie ihrer Verantwortung nicht

gerecht.

Gewarnt waren alle. Dass nun die politischen Entscheidungsträger und

die Notenbankvertreter derart überrascht wurden, ist nicht gerade

beruhigend. Denn nach der Vorwarnung im November traten Faymann und

Spindelegger gemeinsam auf und erklärten, dass eine Schuldenbremse

und ein Sparpaket kommen müssten. Sie waren sogar so mutig, die

Landeshauptleute nicht vorab zu informieren. Da diese inzwischen

durchgesetzt haben, dass sie das Haushaltsrecht des Bundes nicht

übernehmen müssen, und diverse Interessengruppen vorstellig wurden,

hat die beiden offensichtlich der Mut verlassen.

Geredet wurde seither viel, gehandelt wenig. Konsequenterweise wurde

das Downgrading vorgenommen. Dass sogar Analysten wie Peter

Brezinschek auf Ö1 nun versichern, im Vergleich zu Frankreich stehe

Österreich viel besser da, passt zur ignoranten Haltung. Darum geht

es nicht. Für die Lage in Ungarn oder Italien können Politiker hier

nicht verantwortlich gemacht werden. Aber Standard & Poor's erwartet,

dass 'das Tempo der Konsolidierung in Österreich deutlich zunimmt'.

Dies ist ein Appell - das hat zumindest der steirische

Landeshauptmann Franz Voves erkannt.

Die Deutschen Helmut Schmidt und Peer Steinbrück räsonieren in ihrem

Buch Zug um Zug über die Krise der Sozialdemokratie in Europa und

führen an, welche ihrer Vertreter noch regieren. Auf Faymann haben

sie vergessen - das ist bezeichnend.

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Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

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OTS0204 2012-01-16/18:31

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