Sanlucar de Barrameda (Reuters) - Bundeskanzlerin Angela Merkel hat das mit Spanien getroffene Abkommen zur Rücknahme bestimmter Flüchtlinge begrüßt, obwohl es derzeit kaum jemanden betrifft.
Die Vereinbarung mache deutlich, "dass Deutschland und Spanien auf europäische Lösungen setzen", sagte Merkel am Samstag im andalusischen Sanlucar de Barrameda bei einem Besuch beim spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sanchez. Sie schätze das Abkommen "sehr, sehr hoch" ein. Seit Samstag können an der deutsch-österreichischen Grenze überprüfte Flüchtlinge binnen 48 Stunden nach Spanien gebracht werden, wenn sie dort bereits einen Asylantrag gestellt haben. Seit Mitte Juni gab es bei den Grenzkontrollen in Bayern aber keinen einzigen Fall, der diese Voraussetzungen erfüllt hätte.
Ähnliche bilaterale Vereinbarungen soll Innenminister Horst Seehofer (CSU) auch mit Griechenland und Italien aushandeln. Dies ist Teil eines Kompromisses in der großen Koalition, mit der ein wochenlanger Streit zwischen CDU und CSU über die Zurückweisung von Flüchtlingen direkt an der Grenze vorerst beendet worden war. Das Abkommen mit Spanien hatte Seehofers Ministerium am Mittwoch bekanntgemacht. Italien und Griechenland haben laut Ministerium Gegenforderungen erhoben.
MERKEL SAGT HILFE FÜR GESPRÄCHE MIT MAROKKO ZU
Merkel sagte nach einem Gespräch mit Sanchez zum Auftakt ihres zweitägigen Besuchs, mit dem Abkommen könne man "mehr Ordnung in die Sekundärmigration" bringen. Deutschland werde seinerseits Spanien in den Verhandlungen mit Marokko unterstützen. Dort sollen nach Medienberichten Zehntausende Flüchtlinge darauf warten, über die spanischen Nordafrika-Exklaven oder über die Meerenge von Gibraltar nach Europa zu gelangen. Spanien ist zu einem Hauptziel für Flüchtlinge geworden: Seit Jahresanfang kamen dort nach UN-Angaben rund 23.740 Flüchtlinge und damit fast dreimal mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum an.
Das mit Spanien vereinbarte Rücknahmeabkommen wird voraussichtlich nur wenige Flüchtlinge betreffen. Seit Mitte Juni wurden nach Angaben des Bundesinnenministeriums bei der Einreise nach Deutschland acht Personen festgestellt, die in Spanien einen Asylantrag gestellt hatten. Davon sei aber keiner über die deutsch-österreichische Grenze gekommen, für die die Vereinbarung mit Spanien gilt. Erst seit Juni werde ausgewertet, in welchem EU-Land ein bei Grenzkontrollen überprüfter Migrant Asyl beantragt habe. Trotz dieser geringen Zahlen sei die Verwaltungsabsprache mit Spanien ein "wichtiger Schritt zur Ordnung und Steuerung in der Migrationspolitik", erklärte das Ministerium. Spanien gewinne für die illegale Migration an der Schengen-Außengrenze erheblich an Bedeutung.
Insgesamt wurden bei der Einreise an der deutsch-österreichischen Grenze nach Angaben des Innenministeriums seit Mitte Juni etwa 150 Personen festgestellt, die in einem anderen EU-Land Asyl beantragt hatten. Etwa die Hälfte davon sei auf Italien entfallen, etwa ein Fünftel auf Österreich.