LUXEMBURG (dpa-AFX) - Nach Einschätzung eines wichtigen EU-Gutachters haften Geschäfte, Bars oder Hotels mit ungesichertem WLAN-Netz nicht für Urheberrechtsverletzungen Dritter. Nationale Gerichte dürften zwar eine Lösung des Problems verlangen, argumentierte Generalanwalt Maciej Szpunar in seiner am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme (Rechtssache C-484/14). Allzu weitreichende Auflagen hält er aber nicht für zulässig.
Das Urteil dürfte in einigen Monaten fallen. Meist halten sich die Richter dabei an die Empfehlungen ihres Gutachters.
Hintergrund ist eine Abmahnung des Musikkonzerns Sony gegen den Betreiber eines Geschäfts für Licht- und Tontechnik in der Nähe von München. Über sein frei zugängliches WLAN-Netz wurde ein Album der Gruppe "Wir sind Helden" zum kostenlosen Herunterladen angeboten.
Der Beklagte hat im Gegenzug eine negative Feststellungsklage gegen Sony erhoben. Das Mitglied der Piraten-Partei wertet die Einschätzung des EU-Gutachters im Streit um die sogenannte Störerhaftung, die Betreiber von ungesicherten WLAN-Netzen bei Missbrauch durch Dritte in der Haftung sieht, als einen "wichtigen Zwischenerfolg". Ein Verbot unverschlüsselter WLAN-Hotspots sei damit vom Tisch.
Das zuständige Landgericht in München geht davon aus, dass der Geschäftsmann die Urheberrechtsverletzung nicht selbst begangen hat. Die Richter haben ihre Kollegen beim EuGH um Hilfe bei der Auslegung von EU-Recht gebeten. Sie wollen insbesondere wissen, ob der Mann haftbar gemacht werden kann, weil er seinen Internetzugang nicht gesichert hat.
Dies verneint Gutachter Szpunar ausdrücklich. Ein Ladeninhaber, der als Nebentätigkeit ein offenes WLAN anbietet, könne in einem solchen Fall weder für Schadenersatz herangezogen werden noch für Abmahnkosten oder Gerichtskosten.
Allerdings könne ein Gericht anordnen, dass die Rechtsverletzung abgestellt oder verhindert wird und dabei auch eine Geldbuße androhen. Dabei darf es aber Grundrechte wie die Informationsfreiheit nicht allzu stark einschränken. Insbesondere dürften die Richter nicht verlangen, dass der Internetanschluss stillgelegt oder mit einem Passwort geschützt wird oder der Betreiber die Kommunikation überwacht.
Dass eine gerichtliche Anordnung unter diesen Umständen womöglich wenig schlagkräftig ist, ist auch Szpunar klar. "Diese Überlegung lässt sich jedoch meines Erachtens nicht auf den vorliegenden Fall übertragen, in dem ja streitig ist, ob es überhaupt geeignete Maßnahmen gibt", schreibt er. Es sei Sache des nationalen Gerichts, sich zu vergewissern, dass es überhaupt zumutbare Maßnahmen zur Behebung des Problems gibt.
In dem Fall geht es übrigens nur um Gewerbetreibende mit offenem WLAN. Für Privatleute wäre die EU-Richtlinie, um die es geht, nicht relevant.