Börsen-Zeitung: Mehr als ein Strohfeuer, Börsenkommentar 'Marktplatz',
von Dieter Kuckelkorn.
Frankfurt (ots) - Man darf und man sollte seine Bedenken äußern
hinsichtlich der Gefahren und negativen Implikationen der jüngsten
Stützungsmaßnahmen der US-Notenbank Federal Reserve und der
Europäischen Zentralbank (EZB), mit denen sich diese in ein durchaus
gefährliches Fahrwasser wagen. Die primär auf Renditeerwartungen
ausgerichtete Sichtweise der Märkte ist indes eine andere: Mit Blick
auf die kurz- bis mittelfristig spürbare, das Kursniveau antreibende
Wirkung und unter Ausklammerung der eher langfristigen Risiken haben
die Anleger den Zentralbanken lautstark applaudiert. So eilt der Dax
derzeit von Jahreshoch zu Jahreshoch. Mit einem Niveau von mehr als
7400 Punkten ist er inzwischen auf einem Niveau angelangt, das er
zuletzt im Juli 2011 gesehen hatte. Stark profitiert hat auch der
Euro. Er stand am Freitag oberhalb von 1,31 Dollar. Wer hätte das im
Juli gedacht, als die Gemeinschaftswährung fast bis auf 1,20 Dollar
abgesackt war?
Als eine 'geldpolitische Bazooka' qualifizieren die Analysten der
Helaba das neue Bondkaufprogramm Outright Monetary Transactions
(OMT), mit die Notenbank der Eurozone Staatsanleihen der
Krisenstaaten in der Laufzeit von ein bis drei Jahren kaufen will.
Zudem sprechen sie von einem 'zumindest kurzfristigen
Befreiungsschlag' und lassen damit das Unbehagen durchklingen, das
auch viele Beobachter haben. Es besteht nämlich die Gefahr, dass die
Käufe der EZB den Druck von den Politikern der Krisenstaaten nehmen,
ihre Länder mit weitgehenden Strukturmaßnahmen zukunftsfähig zu
machen. Auf diese Weise könnte die Krise perpetuiert werden, was
natürlich langfristig auch auf die Märkte durchschlagen würde.
Bis sich derartige Gefahren manifestieren, wird allerdings noch
recht viel Zeit vergehen. Kurzfristig sieht es beispielsweise für
Aktien dagegen außerordentlich freundlich aus: Wie die Analysten der
Credit Suisse (CS) anmerken, haben die im US-Benchmarkindex Standard&
Poor's 500 zusammengefassten Aktien auf die beiden bisher erfolgten
Quantitative-Easing-Maßnahmenpakete der Fed (inoffiziell QE1 und QE2
genannt) mit Kursausschlägen von 10 bis 15% in den ersten sechs
Wochen nach der Bekanntgabe reagiert. Und nach dem Auslaufen der
Programme hat es noch vier bis fünf Wochen gedauert, bis Verluste
einsetzten. Ähnlich positive Effekte sind auch jetzt zu erwarten.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass weder das europäische OMT noch
amerikanische QE3 begrenzt sind. War QE1 auf 1,4 Bill. Dollar und QE2
auf 600 Mrd. Dollar begrenzt, so heißt es nun lediglich seitens der
Fed, man werde jeden Monat für 40 Mrd. Dollar kaufen, solange sich
der Ausblick für den US-Arbeitsmarkt nicht signifikant verbessert.
Somit könnte der ausgelöste Aufwärtstrend diesmal recht lange
anhalten. Allerdings wirft die Fed diesmal geringere Summen in die
Waagschale: Bei QE1 waren es nach CS-Berechnungen 140 Mrd. Dollar im
Monat und bei QE2 rund 75 Mrd. Dollar. Aktuell kommt jedoch noch
'Operation Twist' hinzu, bei der die Fed pro Monat langfristige
US-Staatspapiere im Volumen von 85 Mrd. Dollar kauft und kurzfristige
Treasuries abstößt.
Dafür, dass die aktuelle Marktreaktion mehr als ein Strohfeuer
ist, spricht auch die Perspektive, dass es zum Jahresende zu
konzertierten quantitativen Stützungsmaßnahmen der großen Notenbanken
kommen könnte. So glaubt man bei CS, dass die Bank von England noch
vor dem Jahresende Maßnahmen im Volumen von weiteren 50 Mrd. Pfund
beschließt, die Schweizerische Nationalbank weiter unter großem
Einsatz eine zu hohe Bewertung des Franken unterbindet und dass in
Japan der politische Druck hinsichtlich einer Reflationierung der
Volkswirtschaft zunimmt.
Was den Aktienmarkt betrifft, so gehen viele Analysten davon aus,
dass in diesem Umfeld zyklische Werte weiter die Nase vorn haben - so
wie sie auch schon in den vergangenen Handelstagen ganz oben auf den
Kurslisten standen. Profitieren sollten auch Titel, die auf die
Immobilienmärkte ausgerichtet sind, weil Realwerte ebenfalls von der
Flutung der Märkte mit Liquidität profitieren.
Chancen werden zudem bei Gold gesehen. Der Preis des Edelmetalls
hat sich schon längst von seinen Tiefs aus dem Frühsommer gelöst.
Viele Analysten glauben, dass er sich wieder in Richtung der Marke
von 2000 Dollar je Feinunze und damit neuer Rekordhochs bewegen wird.
(Börsen-Zeitung, 15.9.2012)
Originaltext: Börsen-Zeitung
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Frankfurt (ots) - Man darf und man sollte seine Bedenken äußern
hinsichtlich der Gefahren und negativen Implikationen der jüngsten
Stützungsmaßnahmen der US-Notenbank Federal Reserve und der
Europäischen Zentralbank (EZB), mit denen sich diese in ein durchaus
gefährliches Fahrwasser wagen. Die primär auf Renditeerwartungen
ausgerichtete Sichtweise der Märkte ist indes eine andere: Mit Blick
auf die kurz- bis mittelfristig spürbare, das Kursniveau antreibende
Wirkung und unter Ausklammerung der eher langfristigen Risiken haben
die Anleger den Zentralbanken lautstark applaudiert. So eilt der Dax
derzeit von Jahreshoch zu Jahreshoch. Mit einem Niveau von mehr als
7400 Punkten ist er inzwischen auf einem Niveau angelangt, das er
zuletzt im Juli 2011 gesehen hatte. Stark profitiert hat auch der
Euro. Er stand am Freitag oberhalb von 1,31 Dollar. Wer hätte das im
Juli gedacht, als die Gemeinschaftswährung fast bis auf 1,20 Dollar
abgesackt war?
Als eine 'geldpolitische Bazooka' qualifizieren die Analysten der
Helaba das neue Bondkaufprogramm Outright Monetary Transactions
(OMT), mit die Notenbank der Eurozone Staatsanleihen der
Krisenstaaten in der Laufzeit von ein bis drei Jahren kaufen will.
Zudem sprechen sie von einem 'zumindest kurzfristigen
Befreiungsschlag' und lassen damit das Unbehagen durchklingen, das
auch viele Beobachter haben. Es besteht nämlich die Gefahr, dass die
Käufe der EZB den Druck von den Politikern der Krisenstaaten nehmen,
ihre Länder mit weitgehenden Strukturmaßnahmen zukunftsfähig zu
machen. Auf diese Weise könnte die Krise perpetuiert werden, was
natürlich langfristig auch auf die Märkte durchschlagen würde.
Bis sich derartige Gefahren manifestieren, wird allerdings noch
recht viel Zeit vergehen. Kurzfristig sieht es beispielsweise für
Aktien dagegen außerordentlich freundlich aus: Wie die Analysten der
Credit Suisse (CS) anmerken, haben die im US-Benchmarkindex Standard&
Poor's 500 zusammengefassten Aktien auf die beiden bisher erfolgten
Quantitative-Easing-Maßnahmenpakete der Fed (inoffiziell QE1 und QE2
genannt) mit Kursausschlägen von 10 bis 15% in den ersten sechs
Wochen nach der Bekanntgabe reagiert. Und nach dem Auslaufen der
Programme hat es noch vier bis fünf Wochen gedauert, bis Verluste
einsetzten. Ähnlich positive Effekte sind auch jetzt zu erwarten.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass weder das europäische OMT noch
amerikanische QE3 begrenzt sind. War QE1 auf 1,4 Bill. Dollar und QE2
auf 600 Mrd. Dollar begrenzt, so heißt es nun lediglich seitens der
Fed, man werde jeden Monat für 40 Mrd. Dollar kaufen, solange sich
der Ausblick für den US-Arbeitsmarkt nicht signifikant verbessert.
Somit könnte der ausgelöste Aufwärtstrend diesmal recht lange
anhalten. Allerdings wirft die Fed diesmal geringere Summen in die
Waagschale: Bei QE1 waren es nach CS-Berechnungen 140 Mrd. Dollar im
Monat und bei QE2 rund 75 Mrd. Dollar. Aktuell kommt jedoch noch
'Operation Twist' hinzu, bei der die Fed pro Monat langfristige
US-Staatspapiere im Volumen von 85 Mrd. Dollar kauft und kurzfristige
Treasuries abstößt.
Dafür, dass die aktuelle Marktreaktion mehr als ein Strohfeuer
ist, spricht auch die Perspektive, dass es zum Jahresende zu
konzertierten quantitativen Stützungsmaßnahmen der großen Notenbanken
kommen könnte. So glaubt man bei CS, dass die Bank von England noch
vor dem Jahresende Maßnahmen im Volumen von weiteren 50 Mrd. Pfund
beschließt, die Schweizerische Nationalbank weiter unter großem
Einsatz eine zu hohe Bewertung des Franken unterbindet und dass in
Japan der politische Druck hinsichtlich einer Reflationierung der
Volkswirtschaft zunimmt.
Was den Aktienmarkt betrifft, so gehen viele Analysten davon aus,
dass in diesem Umfeld zyklische Werte weiter die Nase vorn haben - so
wie sie auch schon in den vergangenen Handelstagen ganz oben auf den
Kurslisten standen. Profitieren sollten auch Titel, die auf die
Immobilienmärkte ausgerichtet sind, weil Realwerte ebenfalls von der
Flutung der Märkte mit Liquidität profitieren.
Chancen werden zudem bei Gold gesehen. Der Preis des Edelmetalls
hat sich schon längst von seinen Tiefs aus dem Frühsommer gelöst.
Viele Analysten glauben, dass er sich wieder in Richtung der Marke
von 2000 Dollar je Feinunze und damit neuer Rekordhochs bewegen wird.
(Börsen-Zeitung, 15.9.2012)
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