ISTANBUL (dpa-AFX) - Die politische Unsicherheit in der Türkei nach dem Verlust der absoluten Mehrheit der islamisch-konservativen AKP ist am Montag auf die Finanzmärkte herüber geschwappt. An der Börse rutschte der Index Istanbul 100 zum Handelsschluss um 5,05 Prozent auf 77 805,41 Punkte ab. Bankenwerte wurde schwer in Mitleidenschaft gezogen. Die Papiere von Turkiye Halk Bankasi und von Turkiye Vakiflar Bankasi sackten um mehr als 10 Prozent ab.
Nach vorläufigen inoffiziellen Ergebnissen kam die AKP auf rund 41 Prozent der Stimmen - nach knapp 50 Prozent vor vier Jahren. Die Partei steht nun vor einer schwierigen Regierungsbildung. Die pro-kurdische HDP übersprang mit rund 13 Prozent der Stimmen erstmals die Zehn-Prozent-Hürde.
Das Ergebnis ist eine Niederlage für Präsident Recep Tayyip Erdogan, der die HDP im Wahlkampf scharf angegriffen hatte. An zweiter Stelle lag die Mitte-Links Partei CHP (rund 25 Prozent), die ihr Ergebnis von 2011 fast halten konnte. Die ultrarechte MHP legte deutlich zu und kam mit gut 16 Prozent auf den dritten Rang.
Es gebe ein großes Risiko, dass keine arbeitsfähige Koalition gebildet werde und es zu Neuwahlen komme, schrieb Volkswirt Lubomir Mitov von der Unicredit (MILAN:CRDI) in einer Studie. Ein weiterer Aspekt der sich abzeichnenden politischen Unsicherheit seien möglicherweise zunehmende Spannungen innerhalb der AKP. Diese könnten selbst im Fall einer Koalitionsbildung die politische Stabilität gefährden.
Die Schlappe für Erdogan sorgte auch am Anleihe- und Devisenmarkt für Turbulenzen. Die türkische Lira knickte im Vergleich zum US-Dollar um knapp 4 Prozent ein. Experten der Commerzbank rechnen in den kommenden Tagen zunächst mit stärkeren Kursschwankungen.