Frankfurt (Reuters) - Nachlassende Spekulationen auf eine baldige Verlängerung der EZB-Wertpapierkäufe haben den Aktienbörsen am Donnerstag zugesetzt.
"Einige Anleger hatten ein Signal erwartet", sagte Commerzbank-Analystin Esther Reichelt. "Es ist eine kleine Überraschung, dass die EZB nichts dazu gesagt hat." Dax und EuroStoxx50 verloren daraufhin jeweils etwa 0,5 Prozent auf 10.693 und 3080 Punkten. Im Gegenzug verteuerte sich der Euro auf bis zu 1,1315 Dollar von zuvor 1,1284 Dollar.
Die Zinsen tastete die Europäische Zentralbank (EZB) wie erwartet nicht an. Sie wiederholte aber in einer Stellungnahme die Aussage, das sogenannte Quantitative Easing (QE), der milliardenschwere Ankauf von Staatsanleihen, "bis Ende März oder nötigenfalls darüber hinaus" fortzusetzen.
Aus diesem Grund richteten Börsianer ihre Hoffnungen auf die Pressekonferenz von Notenbank-Chef "Super Mario" Draghi. "Verbal kann die EZB einiges tun, um die Anleger bei Laune zu halten", sagte Jochen Stanzl, Analyst des Online-Brokers CMC Markets. Eine gesenkte Konjunktur- und Inflationsprognose würde den Euro belasten, was sich als Turbo für die Aktienmärkte erweisen könne. Eine Abwertung der Gemeinschaftswährung macht Waren europäischer Firmen auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähiger.
Andere Börsianer warnten aber vor überzogenen Erwartungen. "Wenn die EZB den Euro wirklich schwächen will, müsste sie etwas Neues liefern - nicht nur die Verlängerung von QE oder gar eine weitere Zinssenkung", sagte ein Händler. "Diese Maßnahmen kennt der Markt bereits und er weiß, dass sie in den vergangenen Jahren nicht wirklich dazu beigetragen haben, die Inflation auf das Ziel-Niveau zu bringen."
SUPER MARIO AUF DEM IPHONE GEFÄLLT NINTENDO-ANLEGERN
Auf Unternehmensseite sorgte ein anderer "Super Mario" für Furore: Die geplante Veröffentlichung einer Version des gleichnamigen Computerspiels für das iPhone von Apple (NASDAQ:AAPL) verhalf Nintendo zu einem der größten Kursgewinne der Firmengeschichte. Die Aktien des japanischen Spielekonsolen-Anbieters schossen um 13,2 Prozent in die Höhe.
Im deutschen Technologie-Index TecDax setzten Siltronic ihren Höhenflug fort und stiegen um bis zu 15,7 Prozent auf ein Neun-Monats-Hoch von 25,80 Euro. Damit haben die Papiere des Anbieters von Siliziumscheiben zur Microchip-Herstellung binnen drei Tagen rund 30 Prozent zugelegt - so viel wie nie zuvor. Börsianer sprachen von anhaltenden Fusionsfantasien in der Branche.
LUFTFAHRTWERTE UND "PHONE HOUSE"-MUTTER IM PLUS
Ähnliche Spekulationen gaben den Luftfahrtwerten Auftrieb. Dem Chef der British Airways-Mutter IAG zufolge steht seine Branche vor einer Konsolidierungswelle. Er suche derzeit aber nicht aktiv nach Übernahmezielen, betonte Willie Walsh. IAG-Aktien gewannen 3,6 Prozent. Die Rivalen Lufthansa (DE:LHAG) und Air France-KLM notierten bis zu 2,8 Prozent im Plus.
Unterdessen beflügelten überraschend starke Zahlen Dixons Carphone (LON:DC). Der größte britische Elektronik- und Handy-Händler steigerte den Umsatz im abgelaufenen Quartal trotz der Verunsicherung um das Brexit-Referendum um vier Prozent. "Das Umsatzwachstum ist angesichts der Widrigkeiten in den Kernmärkten um so beeindruckender", urteilte Analyst George Salmon vom Brokerhaus Hargreaves Landsdown. Die Papiere von Dixons, das in Deutschland die Kette "Phone House" betreibt, gewannen in London 3,4 Prozent.