Börsen-Zeitung: Risiken und Nebenwirkungen, Kommentar zu den
Produktinformationsblättern von Detlef Fechtner
Frankfurt (ots) - Die EU hat sich endlich auf die Verordnung über
Anlageprodukte für Kleinanleger verständigt. Das wirft die Frage auf:
Warum musste fast zwei Jahre erbittert um ein dreiseitiges
Auskunftsblatt für Kleinanleger gerungen werden? Weil dieser
europäische Beipackzettel für Finanzprodukte in Zukunft eine
gewichtige Bedeutung im Finanzvertrieb gewinnen könnte. Schließlich
bietet das Auskunftsblatt unmittelbare Vergleichbarkeit von Chancen,
Kosten und Risiken - zumal in Zeiten, in denen der Vertrieb aus der
Filiale ins Internet wandert.
Entsprechend war der Anwendungsbereich bis zur allerletzten Minute
heftig umstritten. Weder Schreibfehler noch Aprilscherz: Was 2012 als
"Prips" gestartet war, ist nun als "Priips" gelandet. Das doppelte
"i" ist keine Petitesse, vielmehr ein zentrales Ergebnis zäher und
harter Verhandlungen. Denn weil nun ausdrücklich "insurance based
investments" - zweimal "i" - vom Anwendungsbereich erfasst werden,
müssen künftig auch die Anbieter kapitalbildender
Lebensversicherungen den europäischen Einheitsbeipackzettel
mitliefern.
Sowas ärgert die Assekuranz und freut die Fonds. Freilich gibt es
keine (EU)-Regel ohne Ausnahme: Spezifische Altersvorsorgeprodukte
wie Riester-Renten bleiben erst einmal außen vor. Das wiederum freut
die Assekuranz und ärgert die Fonds.
Das nun erzielte Ergebnis der Verhandlungen wirkt auf den ersten
Blick einigermaßen vernünftig. Die EU ist weder der Versuchung
erlegen, Produkte erklären zu wollen, die jeder versteht - wie etwa
ein simples Sparkonto. Es werden auch nicht so viele Angaben über das
Produkt verlangt, dass sich dem Kleinkunden am Ende der Kopf dreht.
Und es wird den Anbietern nicht mit maßlosen Sanktionen gedroht.
Insofern: Mit der EU-Verordnung werden wohl alle leben können.
Allein: Dass gerade das zentrale Gesetzgebungsverfahren über die
Transparenz von Finanzprodukten in der denkbar intransparentesten
Form zum Abschluss kam, nämlich in schriftlichen Abstimmungen von
Unterhändlern der Institutionen, ist bedenklich. Nicht nur
Finanzprodukte haben Risiken und Nebenwirkungen, auch politische
Verhandlungen hinter verschlossenen Türen. Nicht auszuschließen, dass
sich in der Praxis rasch Mängel herausstellen, die im Zusammenspiel
ehrgeiziger Interessenvertreter, übereifriger EU-Beamter und
Abgeordneter, die am Ende nur noch Zeit für schriftliche Verfahren
hatten, unentdeckt blieben.
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