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TTIP-Handelsvertrag - Gabriel zweifelt und Merkel hofft

Veröffentlicht am 10.08.2016, 16:05
© Reuters. Protesters demonstrate against TTIP free trade agreement ahead of U.S. President Obama's visit in Hannover, Germany April 23, 2016.

- von Gernot Heller

Berlin (Reuters) - Innerhalb der Bundesregierung zeichnet sich ein Streit über das geplante EU-Freihandelsabkommen TTIP mit den USA ab.

Während Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel auch drei Jahre nach Verhandlungsbeginn bezweifelt, ob eine Einigung erreichbar ist, strebt Kanzlerin Angela Merkel weiter eine Einigung auf das umstrittene Abkommen bis zum Jahresende an. "Bislang gibt es in keinem der 27 bis 30 Kapitel, die das TTIP-Abkommen umfassen könnte, eine Verständigung in der Sache", heißt es in einer Bestandsaufnahme des Wirtschaftsministeriums nach 14. Verhandlungsrunden. Ob die mit dem Vorhaben verbundenen Ziele der EU "erreicht werden können, ist noch offen." Die Industriegewerkschaft IG Bau forderte den Stopp der TTIP-Gespräche. "Wenn die Bilanz nach drei Jahren darin besteht, dass es in keinem Punkt Annährungen gibt, muss man die Reißleine ziehen", erklärte die Gewerkschaft.

Auch wenn es inzwischen Formulierungsvorschläge beider Seiten für eine Reihe von Einzelthemen gibt, lässt sich daraus nach Einschätzung von Gabriels Experten noch wenig ablesen. "Dies hat noch keine Aussagekraft über die Möglichkeit der inhaltlichen Verständigung", heißt es in der Bestandsaufnahme. "Das Bild ist differenziert", sagte eine Sprecherin Gabriels. Der SPD-Chef hatte schon häufiger Zweifel am Zustandekommen von TTIP geäußert. Dagegen sagte Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer für Kanzlerin Merkel, es bleibe bei dem Ziel einer Einigung möglichst noch in der Amtszeit von US-Präsident Barack Obama.

TTIP-VERHANDLUNGEN AM SCHEIDEWEG

Gabriel hatte vor wenigen Wochen erklärt, nach der 14. Verhandlungsrunde Mitte Juli könne klarer eingeschätzt werden, ob es für das Abkommen noch Chancen gebe. Eine eindeutige Positionierung blieb Gabriel aber bislang schuldig. Innerhalb der SPD gibt es starken Widerstand gegen das Abkommen. Ob und gegebenenfalls wann die TTIP-Verhandlungen in die Endphase eintreten können, soll sich nach Angaben aus dem Wirtschaftsministerium nach einer Bestandsaufnahme durch die Verhandlungsführer beider Seiten und einer Zwischenbilanz zeigen. Diese will die EU-Kommission mit den Handelsministern der Mitgliedstaaten am 22. und 23. September ziehen. Daher gibt es bislang keinen neuen Verhandlungstermin.

TTIP soll umfassend Handelshürden zwischen den weltweit größten Wirtschaftsräumen beseitigen. Kritiker fürchten im Zuge vielfältiger Harmonisierungen die Absenkung von Umwelt-, Verbraucher- und Arbeitsschutzstandards. Die Befürworter versprechen sich dagegen mehr Wachstum und Beschäftigung auf beiden Seiten des Atlantiks.

MEINUNGSUNTERSCHIEDE IN ZENTRALEN FRAGEN

© Reuters. Protesters demonstrate against TTIP free trade agreement ahead of U.S. President Obama's visit in Hannover, Germany April 23, 2016.

Die Bestandsaufnahme des Wirtschaftsministeriums reiht Meinungsverschiedenheiten zwischen der EU und den USA in zentralen Fragen auf. Als "besonders schwierig" werden die folgenden Themen eingestuft: Zugang für europäische Firmen zu Staatsaufträgen in den USA, Reform des Investitionsschutzes, Dienstleistungsverkehr, Schutz geografischer Herkunftsangaben in den USA sowie Abbau von Agrarzöllen.

Das Papier aus dem Wirtschaftsministerium ist inzwischen den anderen Ressorts übermittelt worden. Auf dessen Basis soll in der Koalition eine gemeinsame Position gefunden werden. Merkel ist nach Angaben ihrer Sprecherin offen für eine Diskussion über das Thema. "Es bleibt aber dabei, die Bundesregierung hält einen zügigen Abschluss des Abkommens für ein zentrales Vorhaben im Rahmen der transatlantischen Beziehungen", sagte Demmer. Im Verhandlungsergebnis müssten sich die Interessen beider Seiten widerspiegeln und die hohen europäischen Schutzstandards erhalten bleiben.

Merkel und Obama haben wiederholt den Willen bekundet, noch in der Amtszeit Obamas eine Verständigung über die Grundzüge des Abkommens zu erreichen. Der Präsident scheidet im Januar aus dem Amt. Sollte das nicht gelingen, steht TTIP mehr denn je in Frage. Die beiden Präsidentschaftskandidaten Donald Trump und Hillary Clinton hatten sich zuletzt wiederholt kritisch über Freihandelsabkommen geäußert.

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