Im zähen Streit um die Pkw-Maut in Deutschland haben Berlin und Brüssel einen Kompromiss geschlossen: Nach "intensiven Verhandlungen" sei eine Lösung gefunden worden, sagte EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc am Donnerstag in Brüssel. Nun sei klar, "dass die Maut kommt", ergänzte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Die Abgabe soll dem deutschen Staat trotz der vereinbarten Änderungen jährlich 500 Millionen Euro einbringen.
Die Einigung sieht vor, dass es mehr Staffeln für die verschiedenen Vignetten gibt - je nach Hubraum und Schadstoffausstoß. Statt bisher drei Stufen soll es künftig fünf Stufen geben, wie Dobrindt bekanntgab. Eine Zehn-Tages-Vignette soll demnach je nach Fahrzeugeigenschaften 2,50 Euro, vier Euro, acht Euro, 14 oder 20 Euro kosten. Ursprünglich waren Preise von fünf, zehn und 15 Euro vorgesehen.
Die Maut sei "fair, sinnvoll und gerecht", weil es auch in anderen Ländern solche Abgaben gebe und das Geld wieder in die Infrastruktur investiert werde, betonte der Bundesverkehrsminister. Wer deutsche Straßen nutze, zahle einen "angemessenen Beitrag".
Wie geplant soll es den Angaben zufolge auch keine Mehrbelastung für inländische Autofahrer geben. Sie werden im Gegenzug bei der Kfz-Steuer entlastet werden, die Besitzer von besonders umweltfreundlichen Fahrzeugen nun aber stärker als andere. Sie erhielten einen "ökologischen Bonus" und würden zusätzlich um hundert Millionen Euro entlastet, sagte Dobrindt.
Brüssel und Berlin hatten seit Langem um die Pkw-Maut in Deutschland gestritten. Die EU-Kommission hatte Mitte 2015 ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, weil die ursprünglich geplante Abgabe ihrer Auffassung nach ausländische Autofahrer gegenüber Einheimischen benachteiligte. Im September 2016 folgte die Klage gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof. Erst Anfang November zeichnete sich ein Durchbruch in den Verhandlungen ab.
Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Europaparlament, der Grünen-Politiker Michael Cramer, bezeichnete die Einigung als "faulen Kompromiss". Es sei "antieuropäisch", dass letztlich nur ausländische Fahrer die Maut bezahlen müssten.
Schon zuvor hatte SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Christine Lambrecht angekündigt, ihre Partei werde das Ergebnis "sehr genau unter die Lupe nehmen". Den Änderungen werde die SPD nur zustimmen, wenn die Bedingungen des Koalitionsvertrags "strikt eingehalten" werden.
Aus der Opposition kam bereits scharfe Kritik. Dobrindt beglücke das Land mit einer Maut, die den Staat mehr koste als sie einbringe, kritisierte der Grünen-Politiker Oliver Krischer. Deutschland mache sich "mit der CSU-Maut zur Lachnummer in ganz Europa".
Ursprünglich sollte die Pkw-Maut in Deutschland bereits Anfang 2016 starten. Der Bundestag hatte dafür im März 2015 das nötige Gesetz verabschiedet. Nun sind zunächst einmal Gesetzesänderungen erforderlich.