Frankfurt (Reuters) - Die Europäische Zentralbank (EZB) wagt wegen der kräftigen Aufwertung des Euro noch keine Weichenstellung in Richtung eines weniger expansiven Kurses.
Die Währungshüter ließen am Donnerstag auf ihrer Zinssitzung in Frankfurt die Tür offen, notfalls die besonders in Deutschland umstrittenen Anleihenkäufe erneut auszuweiten. Sie sind momentan das schärfste Schwert der Euro-Wächter. "Die jüngsten Schwankungen beim Wechselkurs sind eine Quelle der Unsicherheit", sagte EZB-Präsident Mario Draghi. "Der Wechselkurs ist wichtig für das Wachstum und die Inflation." Die Notenbank müsse die Bewegungen im Blick halten und den Einfluss auf die Preisstabilität beobachten.
Der Euro hat seit Jahresstart um mehr als 14 Prozent zugelegt. Dadurch verteuern sich Produkte aus dem Währungsraum auf dem Weltmarkt. Zudem verbilligen sich Importwaren, was die Inflationsentwicklung bremsen könnte. Für die EZB würde es so noch schwerer, ihr Ziel von knapp zwei Prozent Teuerung zu erreichen. Im August lag die Inflation nur bei 1,5 Prozent.
"Ein sehr substanzielles Ausmaß an geldpolitischer Unterstützung ist weiterhin nötig", bekräftigte Draghi. Die EZB will im Herbst ihre Instrumente auf den Prüfstand stellen. "Wahrscheinlich wird der Großteil der Entscheidungen im Oktober getroffen", kündigte Draghi an. Die EZB könne diese aber auch noch verschieben, sollte sie noch nicht so weit sein. Die Fachleute der Notenbank sollten zunächst Vorschläge für mögliche Optionen machen. Auf der jetzigen Ratssitzung sei bereits über die Dauer der Anleihenkäufe und den monatlichen Umfang gesprochen worden. Die Debatte sei aber noch in einem sehr frühen Stadium.
Die Käufe im Umfang von aktuell 60 Milliarden Euro pro Monat laufen zum Jahresende aus. Dann werden sie ein Volumen von 2,28 Billionen Euro erreicht haben. Da die Wirtschaftserholung im Euro-Raum immer mehr um sich greift, gehen die meisten Experten davon aus, dass die Notenbank beschließen wird, die Transaktionen ab Januar herunterzufahren. Die nächsten Zinssitzungen sind am 26. Oktober und dann am 14. Dezember.
Den Leitsatz zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld beließen die Währungshüter erwartungsgemäß auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Auf diesem Niveau liegt er bereits seit März 2016. Der sogenannte Einlagensatz steht weiterhin bei minus 0,4 Prozent. Banken müssen also Strafzinsen zahlen, wenn sie über Nacht Geld bei der Notenbank parken.