Berlin (Reuters) - Kurz vor einem Treffen mit seinem türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu stellt Bundesaußenminister Sigmar Gabriel Bedingungen für eine Wiederaufnahme der Rüstungsexporte an den Nato-Partner.
Er verknüpfte die Frage mit einer Lösung im Fall des in der Türkei inhaftierten deutschen Journalisten Deniz Yücel. Die Bundesregierung habe eine sehr viele Rüstungsexporte an die Türkei nicht genehmigt, sagte Gabriel dem "Spiegel" in einem am Freitag veröffentlichten Interview. "Dabei wird es auch bleiben, solange der Fall Yücel nicht gelöst ist." Cavusoglu warb für einen Neustart der Beziehungen und wirtschaftliche Zugeständnisse Deutschlands. Am Samstag will ihn Gabriel im niedersächsischen Goslar empfangen. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes sind sieben Deutsche aus politischen Gründen in der Türkei inhaftiert.
Gabriel verteidigte sein Treffen mit Cavusoglu. "Wenn wir nicht miteinander reden, wird die Lage gewiss nicht besser", sagte er. "Weder zwischen unseren Ländern noch für einzelne in Haft befindliche Personen." Seit seinem Besuch bei Cavusoglu vor einigen Wochen habe sich viel getan. Eine ganze Reihe Deutscher sei aus der Haft entlassen worden oder habe die Türkei verlassen dürfen. Im Fall Yücels sei immerhin die Einzelhaft beendet worden. "Auch hier hat die türkische Justiz auf unsere Bitten hin reagiert."
Die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei sind wegen der Inhaftierung von Bundesbürgern gespannt, hatten sich zuletzt aber etwas gebessert. Im September hatte Gabriel erklärt, dass wegen der Spannungen fast alle Rüstungsexporte an den Nato-Partner auf Eis lägen. Ausnahmen gebe es nur, wo die Bundesregierung an internationale Verträge gebunden sei oder es nicht um Waffen, sondern etwa um Lastwagen gehe.
CAVUSOGLU: ZOLLUNION NICHT ALS FAUSTPFAND EINSETZEN
Cavusoglu versprach, sich für die Beschleunigung juristischer Verfahren einzusetzen. Es sei ein Gebot der Rechtstaatlichkeit, auf die unabhängige Justiz zu vertrauen, schrieb er in einem Gastbeitrag für die Funke-Mediengruppe.
Zugleich äußerte er die Hoffnung auf eine verstärkte wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Deutschland, vor allem bei den erneuerbaren Energien. Außerdem liege es im Interesse aller, dass der Stillstand im EU-Beitrittsprozess der Türkei überwunden werde. "Das Thema der Aktualisierung der Zollunion darf nicht als ein Faustpfand gegen die Türkei eingesetzt werden." Als Reaktion auf die Festnahmen deutscher Staatsbürger hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel im Herbst angekündigt, der EU-Kommission kein Mandat für Verhandlungen über die Ausweitung der Zollunion zu geben und sich für ein Ende der Beitrittsverhandlungen einzusetzen.
Grünen-Chef Cem Özdemir forderte Gabriel im SWR auf, bei seiner Linie zu bleiben. Yücel sei persönlicher Gefangener von Präsident Recep Tayyip Erdogan. Die Türkei merke aber erst jetzt, dass sie dafür einen hohen Preis zahle. Ähnlich äußerte sich der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff. "Die Türkei muss die deutschen Geiseln aus ihren Gefängnissen freilassen. Am besten nimmt der Minister sie morgen in der Regierungsmaschine mit nach Deutschland."