Liebe Leser,
am Ölmarkt hat sich in den letzten Wochen viel getan. Seit Oktober hat der Preis für ein Fass Öl um rund 40 Prozent nachgegeben. Völlig überfahren von der Entwicklung wurden Russland und Saudi-Arabien. Mit einer Förderkürzung wollte man Anfang Dezember die Lage beruhigen und den Ölpreis stabilisieren.
Doch in Riad und Moskau hat man die Marktkräfte unterschätzt. Am Ölmarkt wird derzeit die Karte eines wirtschaftlichen Abschwungs gespielt. Ob dieser durch einen Handelskrieg ausgelöst wird oder andere Ursachen hat, ist nebensächlich. Was für die Erdölhändler zählt, ist dass der Verbrauch zurückgehen wird.
Diese Entwicklung ist in den Preisen inzwischen bereits enthalten. Zum Jahreswechsel notierte der Ölpreis bereits bei 52 US-Dollar für ein Barrel der Nordseesorte Brent. In den ersten Tagen des neuen Jahres wurde das schwarze Gold zwar wieder etwas teurer, doch noch ist nicht klar, ob es sich bei dieser Bewegung nicht nur um eine technische Gegenreaktion handelt.
In Moskaus und Riads Finanzen reißt der von 86 auf unter 60 US-Dollar gesunkene Ölpreis kräftige Löcher. Zwar hat Russlands Präsident Vladimir Putin noch Anfang Dezember erklärt, dass ein Ölpreis um 60 US-Dollar „fair und ausgewogen“ sei. Doch gegen höhere Einnahmen aus dem Ölgeschäft hätten sowohl Russland als auch Saudi-Arabien gewiss nichts einzuwenden.
Weil sich der russische Staat zu einem sehr großen Teil über die Einnahmen aus dem Öl- und Gasverkauf finanziert, kommt derzeit gleich von zwei Seiten Druck auf: Die Preise gaben in kurzer Zeit deutlich nach, und wenn die am Markt gespielte Annahme einer in Zukunft gedämpften Erdölnachfrage zutreffend ist, wird auch die exportierte Ölmenge in 2019 deutlich sinken.
Ein Ölpreis von 50 US-Dollar je Fass ist für Russland noch kein Problem, aber es liegt auf der Hand, dass die Förderung bei 60, 70 oder gar 80 US-Dollar je Fass wesentlich mehr Freude bereitet. Diese Freude hat aber auch den faden Beigeschmack, dass die US-Schieferölproduzenten mehr Spielraum haben, um ihre Förderung auszubauen.
Er wurde im vergangenen Jahr intensiv genutzt, sodass die USA inzwischen vor Russland und Saudi-Arabien zum größten Erdölförderer der Welt aufgestiegen sind. Da ein Ende des Booms nicht in Sicht ist, werden sich Moskau und Riad in 2019 auf geringere Einnahmen und mehr Konkurrenz einstellen müssen.
Ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen Tag und grüße Sie herzlich
Ein Beitrag von Dr. Bernd Heim.