- von Hakan Ersen
Frankfurt (Reuters) - Die Zinsentscheidung der Bank von England (BoE) wird in der neuen Woche Experten zufolge für reichlich Diskussionsstoff an den Börsen sorgen.
Außerdem warteten Investoren gespannt auf die US-Arbeitsmarktdaten. Mitten in der traditionell umsatzarmen Feriensaison dürften die Anleger nach Einschätzung von Börsianern aber eher Gewinne mitnehmen, als ihre Depots aufzufüllen. Daran ändere auch die ihrem Höhepunkt zustrebende Bilanzsaison nichts.
"Der Dax legte zuletzt eine fulminante Rally auf das Börsenparkett und notiert in der Zwischenzeit sogar höher als am Vorabend des Brexit-Referendums", betont LBBW-Analyst Uwe Streich. "Angesichts der bevorstehenden Phase, welche historisch betrachtet klar die schlechteste Zeit des Jahres für Aktienanlagen war, dürfte es daher nicht die schlechteste Idee sein, die Gewinne der vergangenen Wochen mitzunehmen und an der Börse erst einmal 'Urlaub' zu machen."
Im Vergleich zu seinem Tief unmittelbar nach der Volksabstimmung Ende Juni hat der deutsche Leitindex etwa zwölf Prozent zugelegt - knapp zwei Prozent davon in der alten Woche. Der Londoner Auswahlindex FTSE kletterte in den vergangenen Tagen sogar von einem Zwölf-Monats-Hoch zum nächsten.
MACHT DIE BOE EHER MEHR ODER EHER WENIGER?
Von der britischen Notenbank seien keine größeren Impulse für die Börsen zu erwarten, betont Commerzbank-Analyst Peter Dixon. Er rechnet damit, dass die britischen Währungshüter den Schlüsselsatz am Donnerstag um 25 Basispunkte auf 0,25 Prozent senken. "Aber auch ein kleinerer Schritt ist nicht auszuschließen, da die Zinsen mit Annäherung an die Nullgrenze zunehmend nur noch Signalwirkung haben." Andere Volkswirte sagen dagegen eine Absenkung auf null Prozent voraus.
Die von einigen Börsianern erhofften neuerlichen Wertpapierkäufe der Notenbank als Reaktion auf eine mögliche Rezession wegen des geplanten Ausstiegs Großbritanniens aus der EU hält Dixon für unwahrscheinlich. Erstens habe die Notenbank die Kapitalregeln für Banken bereits gelockert, damit diese mehr Geld für Kredite zur Verfügung hätten. "Zweitens dürften sich die Zentralbankratsmitglieder noch etwas Pulver für den Fall trocken halten, dass die Konjunktur stärker einbricht. Schließlich macht ein Aufschub um ein bis zwei Monate wegen der verzögerten Wirkung der Geldpolitik kaum einen Unterschied."
US-ARBEITSMARKT IM BLICK - FLUT VON FIRMENBILANZEN
Das zweite große Thema auf dem Börsenparkett ist die US-Geldpolitik. Die Notenbank Fed tastete den Schlüsselsatz in der alten Woche zwar nicht an, signalisierte aber eine Zinserhöhung vor dem Jahresende. Von den US-Arbeitsmarktdaten am Freitag werden sich die Befürworter einer strafferen Geldpolitik wohl bestärkt fühlen, sagen Börsianer. Von Reuters befragte Analysten sagen den Aufbau von 180.000 Stellen außerhalb der US-Landwirtschaft voraus.
Zwei Tage vorher liefern die Zahlen der privaten Arbeitsagentur ADP bereits einen Vorgeschmack auf die offiziellen Daten. Am Donnerstag stehen zudem die Zahlen zu den Konsumausgaben auf dem Terminplan. Auch diese Daten werden voraussichtlich das Bild eines robusten US-Wachstums zeichnen, sagen Volkswirte. Käufe der Verbraucher gelten als Hauptstütze der weltgrößten Volkswirtschaft.
In der neuen Woche wollen knapp die Hälfte aller Dax-Firmen ihre Bücher öffnen. Dazu gehören die Index-Schwergewichte Siemens (DE:SIEGn) (Donnerstag) und Allianz (DE:ALVG) (Freitag). Auch aus dem Ausland rollt eine Welle von Geschäftszahlen an: Am Donnerstag will unter anderem der britische Börsenbetreiber LSE (LON:LSE) - Fusionspartner der Deutschen Börse - seine Zwischenbilanz vorlegen.