- von Eric Beech und Michael Martina und Gernot Heller
Washington/Peking/Berlin (Reuters) - Im Handelsstreit zwischen den USA und China droht eine weitere Eskalation.
Auf die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, neue Zölle auf chinesische Waren im Volumen von 200 Milliarden Dollar zu verhängen, reagierte die Regierung in Peking am Dienstag verärgert. China wolle keinen Handelskrieg, habe aber keine Angst davor und werde seine Rechte verteidigen. US-Präsidentenberater Peter Navarro bezeichnete die US-Importzölle als nötig, um sich gegen Chinas "räuberische Handelspraktiken" zu wehren und die "Kronjuwelen amerikanischer Technologie und geistigen Eigentums" zu schützen.
Nach Trumps Entscheidung für weitere Zölle auf chinesische Güter ist offenbar auch die Wahrscheinlichkeit weiterer US-Zwangsmaßnahmen gegenüber der Europäischen Union gewachsen. Denn wie China will auch die EU auf bereits verhängte US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumeinfuhren mit Gegenzöllen antworten, die am 1. Juli in Kraft treten sollen. Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron betonten bei einem Treffen in Meseberg den Wert einer geschlossenen Haltung der EU.
An den Börsen hinterließ die Eskalation im Handelsstreit zwischen den beiden weltweit führenden Wirtschaftsmächten tiefe Spuren. Sie lastete auf den Märkten in Asien und Europa. Die Börse in Shanghai sackte um fast vier Prozent ab auf den tiefsten Stand seit zwei Jahren.
Das Münchener Ifo-Institut nahm seine Wachstumsprognose für das exportstarke Deutschland nicht zuletzt wegen der Risiken im Welthandel deutlich auf 1,8 (bislang: 2,6) Prozent in diesem Jahr zurück.
AUCH DEUTSCHE WIRTSCHAFT IST BESORGT
China ist der wichtigste Handelspartner der USA. Diese verzeichnen im Warenhandel mit der Volksrepublik seit Jahren hohe Defizite. 2017 überstiegen die US-Wareneinfuhren aus China die Exporte um 375 Milliarden Dollar.
In China wie in den USA sind auch viele deutsche Firmen aktiv. Sie beschäftigen nach Worten von DIHK-Präsident Eric Schweitzer in den beiden Ländern jeweils fast eine Million Menschen. Auch sie werden nach seinen Worten unter der Zoll-Auseinandersetzung zu leiden haben. Der deutsche Außenhandelspräsident Holger Bingmann äußerte die Hoffnung, dass im Streit zwischen den USA und China nur Drohkulissen aufgebaut werden, um "möglichst viel Verhandlungsmasse aufzubauen".
Trump wies seinen Handelsbeauftragten Robert Lighthizer an, eine Liste von chinesischen Gütern für neue Zölle zusammenzustellen. Der Aufschlag solle zehn Prozent betragen. "Diese Zölle werden nach dem Abschluss des juristischen Prozesses dann in Kraft treten, wenn China sich weigert, seine Praktiken zu ändern und auch wenn es darauf besteht, seine jüngst angekündigten neuen Zölle umzusetzen", hieß es. Sollte China als Reaktion auf diesen neuen US-Schritt wiederum selbst Aufschläge verhängen, würden die USA "mit zusätzlichen Zöllen auf weitere 200 Milliarden Dollar an Waren" antworten, drohte die US-Regierung.
EXPERTE: CHINA KÖNNTE GEGEN US-KONZERNE IM LAND VORGEHEN
China will nach Angaben seines Handelsministeriums nun mit "qualitativen" und "quantitativen" Vergeltungsmaßnahmen antworten. "Diese Praktik des extremen Drucks und der Erpressung weicht von dem Konsens ab, den beide Seiten bei mehreren Gelegenheiten erzielt haben", hieß es in einer Stellungnahme.
Sollten die USA weiter an der Zollschraube drehen, könnten China bald die Importe aus den USA ausgehen, die man noch mit Zöllen belegen könne. Darauf weist zumindest der Experte Derek Scissors von der Denkfabrik American Enterprise Institute hin. Vermutlich werde die Regierung in Peking daher als nächstes US-Unternehmen ins Visier nehmen, die in China tätig seien.
Trump hat immer wieder das hohe Defizit der USA im Warenhandel gegenüber anderen Ländern von insgesamt über 800 Milliarden beklagt, wobei sich sein Unmut insbesondere gegen China, aber auch Deutschland und die Europäische Union richtet. Von China fordert er zudem seit längerem schärfere Maßnahmen gegen den Diebstahl von intellektuellem Eigentum.