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Der Schuldenberg wird uns eines Tages unter sich begraben

Veröffentlicht am 26.09.2018, 17:50
© Reuters.  Der Schuldenberg wird uns eines Tages unter sich begraben

Wir kennen diese Zusammenhänge zur Genüge aus der Physik und der Psychologie: Belastungen sind nicht grenzenlos steigerbar. Früher oder später kommt der Punkt, an dem das System dem ausgeübten Druck nicht mehr gewachsen ist. Wenn dieser Punkt erreicht ist, bricht das System unweigerlich zusammen.

Vor jeder Straßenbrücke stehen auf beiden Seiten Schilder, die auf ihre maximale Belastbarkeit hinweisen und wer zu viele Bücher auf ein Regalbrett stellt, wird dieses zunächst durchhängen und am Ende brechen sehen. Bürdet man den Arbeitnehmern immer mehr Arbeit und Stress auf, braucht man sich über steigende Krankenstände nicht zu wundern.

An vielen Punkten unserer Alltagswelt wissen wir nur zu gut um die Belastungsgrenzen und stellen uns rechtzeitig auf sie ein. Nur wenn es um die angehäuften Schulden geht, scheint ein jeder zu glauben, dass allein der Himmel die Grenze ist und man den bestehenden Schuldenberg immer noch etwas erhöhen kann.

Schon heute ist klar, dass wir den Bogen überspannt haben. Die Verschuldung ist überall auf der Welt außer Kontrolle geraten. Wir agieren heute mit Zahlen, die für frühere Generationen unvorstellbar waren. Trotzdem sind die erzielten Erfolge mehr als bescheiden. Während die Schulden auch heute noch munter erhöht werden, verliert die Realwirtschaft beständig an Schwung und droht in einer Dauerkrise zu verharren.

Die rationalen Lösungen sind nicht populär

Die uns zur Verfügung stehenden Lösungen sind ebenso bekannt wie überschaubar. Ein Schuldenschnitt wäre die eleganteste und zugleich auch die rationalste Lösung. Er ist aber mit Sicherheit auch die unpopulärste, weshalb die Chancen seiner Realisierung eher begrenzt sind.

Bei einem Schuldenschnitt würden durch den Verzicht der Gläubiger die Schulden endgültig verschwinden und auch die ihnen gegenüberstehenden Guthaben als wertlos ausgebucht werden. Um soziale Härten zu vermeiden, müsste der Schnitt mit einer Vermögensabgabe für die Reichen und einer entsprechenden Besteuerung großer Vermögen einhergehen.

Anschließend könnte ein Neuanfang gewagt werden. Doch zu dieser Lösung wird es nicht kommen, solange die Reichen die Medien und die Politik kontrollieren. Mit einer gezielten Propaganda können sie leicht dafür sorgen, dass ein Aufschrei der Armen, die um ihre geringen Ersparnisse fürchten, alle in diese Richtung zielenden politischen Aktionen sofort blockieren und unterbinden wird.

Nicht zuletzt aus diesem Grund ist man seit Jahren bestrebt, über den klassischen Weg der Inflation Abhilfe zu schaffen. Allerdings ist Inflation in unserer globalisierten Welt immer schwerer zu erzeugen. Wäre es anders, hätten wir sie vermutlich schon längst.

Bei Überschuldung wirkt die klassische Geldpolitik nicht mehr

Schulden, die längst nicht mehr bedient werden können und Kapazitäten, die weit über den tatsächlichen Bedarf hinaus aufgebaut wurden, verhindern einen allgemeinen Anstieg der Preise. Gegen diesen Teufelskreis kommen auch die Notenbanken inzwischen nicht mehr an. Ihre Geldpolitik ist deshalb zum Scheitern verurteilt, weil diejenigen, denen das Wasser ohnehin schon bis zum Hals steht, augenblicklich nicht den geringsten Durst verspüren und sich weigern, weiteres Wasser zu trinken.

Die getroffenen Maßnahmen werden immer hektischer und verzweifelter. Ein Verbot des Bargelds und die Ausgabe von Helikoptergeld für alle werden sicher weitere „Trümpfe“ sein, die man im Kampf um mehr Inflation noch aus dem Ärmel ziehen wird. Ob sie stechen werden, ist allerdings eine andere Frage.

Die Chancen, dass sie es nicht tun werden, stehen gut, weshalb wir uns auf viele Pleiten und ein gehöriges Maß an Chaos vorbereiten sollten, sollte es nicht gelingen, die beabsichtigte Inflation herbeizuführen.

Auslöser und massiver Verstärker dieses allgemeinen Chaos könnten eine Reihe von Bankenzusammenbrüchen sein. Da die Banken alle irgendwie miteinander verbandelt sind und sich gegenseitig ihre Risiken „absichern“, wird der Zusammenbruch eines einzelnen größeren Instituts sehr schnell hohe Wellen schlagen.

Panik unter den Gläubigern und Wut auf die Politik

Wenn der Punkt erst erreicht ist, dass die Sparer ihre Institute retten sollen, und eine Bank der anderen nicht mehr über den Weg traut, ist für Panik unter den Gläubigern rund um den Globus gesorgt. Ein Rückblick auf die Finanzkrise zeigt, dass dieser Punkt nicht nur sehr schnell erreicht werden kann, sondern auch kaum noch zu kontrollieren und zu managen ist.

Die Wut der vielen Menschen, die ihre Ersparnisse verlieren, wird auch politische Auswirkungen haben. Am Ende hat dann jedes Land seine Syriza-Bewegung. Die Namen der Politiker und die Inhalte der Programme mögen sich unterscheiden. Das verbindende Element wird die Wut sein, und da es sich um eine ohnmächtige Wut handelt, werden zerstörerische Akte die zwangsläufige Konsequenz sein.

Am Ende könnte viel auf der Strecke bleiben. Der Euro und die Europäische Union haben große Chancen dazuzugehören. Regierungen, die mit dem Rücken zur Wand stehen und nichts mehr zu verlieren haben, könnten geneigt sein, sich leichtfertig in außenpolitische Abenteuer zu stürzen.

Neu wären diese Fluchtversuche nicht, gefährlich aber allemal. Die Geschichte ist voll von derartigen Abenteuern. Rafft sich die Politik nicht bald dazu auf, unpopuläre Maßnahmen zu ergreifen und das Steuer entschieden herumzureißen, droht uns wirtschaftlich eine Entwicklung, die sich wie eine Neuauflage der großen deflationären Depression aus den 1930er Jahren anfühlen wird.

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Ein Beitrag von Dr. Bernd Heim.

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