Frankfurt (Reuters) - Wegen der Beratungen über neue EZB-Hilfen zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Coronavirus-Folgen halten sich Investoren mit Engagements am deutschen Aktienmarkt zurück.
Dax und EuroStoxx50 kamen am Donnerstagvormittag kaum vom Fleck und notierten bei 13.338 beziehungsweise 3533 Punkten.
Für die Notenbank werde die erwartete Lockerung der Geldpolitik zu einem Drahtseilakt, sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. “Zu geringe Erhöhungen und Verlängerungen könnten an der Börse enttäuschen. Allzu große Aufstockungen könnten dagegen den Eindruck erwecken, dass sich die wirtschaftliche Situation in der Euro-Zone deutlich verschlechtert habe.”
“Die EZB dürfte heute auch ihre Sorgen über den starken Euro aussprechen”, sagte Marktanalyst Milan Cutkovic vom Brokerhaus Axi. “Ausbremsen wird dies die Rally aber nicht. Es dürfte eher zu einem kurzfristigen Rücksetzer kommen, bevor die Gemeinschaftswährung in den kommenden Wochen Kurs auf die 1,25er Marke zum US-Dollar nimmt.” Am Donnerstag kostete die Gemeinschaftswährung 1,2086 Dollar.
BREXIT-STREIT - VERLÄNGERUNG DER VERLÄNGERUNG
Das Pfund Sterling geriet dagegen unter Verkaufsdruck, nachdem ein Spitzengespräch zum Brexit keinen Durchbruch gebracht hatte. Großbritannien und die EU setzten sich lediglich eine neue Frist “bis Ende des Wochenendes” für eine Einigung über die künftigen Beziehungen. Die britische Währung verbilligte sich daraufhin um jeweils 0,7 Prozent auf 1,3301 Dollar beziehungsweise 1,1004 Euro.
“Aus verhandlungstaktischer Sicht ist noch ‘ewig’ Zeit”, sagte Thomas Gitzel, Chef-Volkswirt der VP Bank. “Richtig brisant wird es erst am 31. Dezember kurz vor 24 Uhr. So lange gilt für Großbritannien eine Schonfrist.” Ohne ein Freihandelsabkommen drohen zum Jahreswechsel die Einführung gegenseitiger Zölle und Verwerfungen für die Wirtschaft beiderseits des Ärmelkanals.
Auch bei den Verhandlungen über weitere US-Konjunkturhilfen scheine eine Einigung in weiter Ferne, sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. Um Zeit zu gewinnen, verabschiedete das US-Repräsentantenhaus einen Nothaushalt, mit dem eine Zahlungsunfähigkeit des Landes abgewendet werden soll.
HELLOFRESH UND OCADO HEBEN GESCHÄFTSZIELE AN
Zu den Gewinnern am deutschen Aktienmarkt zählte HelloFresh (DE:HFGG) mit einem Kursplus von gut sechs Prozent. Dank eines Pandemie-bedingten Booms seines Geschäfts schraubte der Kochboxen-Anbieter seine Gesamtjahresziele erneut nach oben. Ein Wermutstropfen sei allerdings, dass die Margen im kommenden Jahr etwas sinken würden, sagte ein Börsianer.
Auch der Online-Lebensmittelhändler Ocado gilt als Pandemie-Profiteur und hob seine Gesamtjahresziele erneut an. Das Umsatzwachstum im abgelaufenen Quartal bleibe aber mit 35 Prozent hinter seinen Erwartungen und dem Plus im Vorquartal zurück, kommentierte Analyst James Grzinic von der Investmentbank Jefferies. Gleichzeitig verliere Ocado Marktanteile. Die Aktien des Unternehmens fielen in London um drei Prozent.
Unter Verkaufsdruck gerieten auch die Titel von TUI (DE:TUIGn), die sich um fast fünf Prozent verbilligten. Der operative Gewinn von rund drei Milliarden Euro und der Umsatz von knapp acht Milliarden Euro seien deutlich geringer als erwartet, monierte ein Börsianer.