KIEL (dpa-AFX) - Mit Blick auf schärfere EU-Sanktionen gegen Russland schlägt das Kieler Institut für Weltwirtschaft einen EU-Fonds zur gezielten Unterstützung von im Russlandgeschäft besonders exponierten Unternehmen vor. Weil die negativen Rückwirkungen der Sanktionen angesichts der gesamtwirtschaftlich insgesamt überschaubaren Bedeutung Russlands für die EU "ungleich verteilt sein" werden, wäre solch eine Lösung "ratsam", schrieb der IfW-Konjunkturchef Stefan Kooths am Donnerstag.
"Das wäre nicht nur ökonomisch stimmig, weil die Kollateralschäden eines außenpolitischen Ziels der EU als Gemeinschaftsgut von allen anteilig getragen werden sollten", fügte der Vizepräsident des Instituts hinzu. "Es hätte auch den Vorteil, die interne Verständigung der EU-Länder auf eine gemeinsame Linie zu stützen, weil die länderweise unterschiedliche Betroffenheit dadurch tendenziell abgefangen würde." Kooths wies darauf hin, dass Russland gesamtwirtschaftlich "praktisch nur als Rohstoffexporteur für die Europäer eine wichtige Rolle" spiele. "Übrige Handelsbeziehungen sind vergleichsweise unbedeutend."
Die EU hatte unmittelbar nach dem russischen Angriff auf die Ukraine ein neues Sanktionspaket gegen Russland angekündigt, das "massive und schwerwiegende Folgen" für das Land haben werde. Nach Angaben von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen soll der Zugang russischer Banken zu den europäischen Finanzmärkten gestoppt werden. Zudem sollen russische Vermögenswerte in der EU eingefroren werden, und wichtigen Sektoren der russischen Wirtschaft soll der Zugang zu Schlüsseltechnologien und Märkten verwehrt werden.
Als potenziell wirtschaftlich "schärftes Schwert" sieht der Ökonom ein Abkoppeln vom internationalen Banken-Zahlungssystem Swift, das Russland "praktisch vollständig von weiten Teilen der Weltwirtschaft isolieren" würde. Kooths vermutet indes, dass solch ein Schritt "wohl erst als Antwort auf eine umfassende Invasion der Ukraine durch russische Truppen zum Einsatz käme".
Die Erfolgsbilanz wirtschaftlicher Sanktionen sei bislang eher schwach, so der Kieler Ökonom. "In zwei von drei Fällen wurden die damit verfolgten politischen Ziele in der Vergangenheit nicht erreicht." Die am Donnerstag angekündigte Verschärfung der EU-Sanktionen schade der wirtschaftlichen Entwicklung Russlands eher in der langen Frist - etwa über blockierten Zugang zu Technologie. "Diese Langfristschäden nimmt man im Kreml aber offenkundig in Kauf, da diese Sanktionen dort niemanden überraschen dürften.