Prag (Reuters) - Tschechiens Präsident Milos Zeeman will den Sieger der Parlamentswahl, Andrej Babis, zum Regierungschef ernennen.
Dies kündigte Zeeman am Sonntag an, nachdem die populistische ANO-Partei mit deutlichem Abstand als stärkste Kraft aus den Wahlen hervorgegangen war. Babis will bei anderen EU-Staaten um Unterstützung für seinen Anti-Immigrationskurs werben. "Wir müssen Themenfelder vorbereiten, müssen im Europäischen Rat (der Staats- und Regierungschefs) deutlich machen, was wir ändern wollen", sagte Babis in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters in Prag. Als Beispiele nannte Babis "eine Lösung im Bereich Migration, den Kampf gegen Zuwanderung".
Babis will sich bei seinen Initiativen nicht auf die Visegrad-Staaten beschränken, die eine strikte Anti-Zuwanderungspolitik verbindet. Mit dem konservativen österreichischen Wahlsieger Sebastian Kurz habe man sicher einen Verbündeten, sagte Babis. Er vertrete mit Blick auf die Zuwanderungspolitik die gleiche Haltung wie er. "Die Visegrad-Gruppe braucht weitere Verbündete, wir brauchen Österreich und andere Staaten, im Balkan, Slowenien, Kroatien oder vielleicht andere." Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn äußerte Unverständnis darüber, dass Babis in seinem Land keinen einzigen Flüchtling aufnehmen wolle. "1968 waren wir in vielen EU-Ländern, auch in Luxemburg, stolz darauf, Flüchtlingen aus der damaligen Tschechoslowakei eine Chance für ein neues Leben zu geben", sagte Asselborn dem "Tagesspiegel" (Montagausgabe) laut Vorabbericht.
Die ANO-Partei ist künftig mit 78 der 200 Mandate im tschechischen Parlament stärkste Kraft. Gleichwohl steht der Milliardär Babis vor einer schwierigen Regierungsbildung. Insgesamt zogen neun Parteien in das Parlament ein. Der bisherige sozialdemokratische Regierungschef Bohuslav Sobotka und die Christdemokraten, die mit ANO zuletzt eine Koalition gebildet hatten, erklärten bereits, dass sie nicht unter Babis in eine Koalition eintreten wollten. Babis beteuerte in dem Reuters-Interview aber, er wolle mit allen Parteien sprechen. Ein Bündnis mit den Rechtsextremen wolle er nicht, versicherte er.
Nach Auszählung aller Stimmen entfielen auf die ANO 29,6 Prozent. Überraschend stark schnitt die rechtsextreme und EU-feindliche SPD mit 10,6 Prozent ab. Rund elf Prozent erhielt die liberal-konservative Partei ODS. Die Sozialdemokraten von Regierungschef Sobotka landeten abgeschlagen bei 7,3 Prozent.
Babis hatte im Wahlkampf versprochen, die Steuern zu senken, korrupte Politiker abzulösen und die europäischen Grenzen abzuriegeln, damit kein Flüchtling in Tschechien aufgenommen wird.