PARIS/BERLIN (dpa-AFX) - Die OECD sieht die Eurozone in einem gefährlichen Teufelskreis aus Verschuldung und schwachem Wachstum. Die Existenzkrise des Euro sei nur noch mit einem Befreiungsschlag zu bekämpfen. Die Organisation der führenden westlichen Industriestaaten (OECD) rechnete am Montag mit dem Krisenmanagement der Gemeinschaft ab und verlangte radikale Eingriffe, darunter eine Aufstockung des Rettungsfonds EFSF 'um ein Vielfaches dessen, was wir bisher gelesen haben'. Außerdem müsse die Europäische Zentralbank (EZB) schnellstens 'stärkere Feuerkraft' erhalten, forderte OECD-Chef-Volkswirt Pier Carlo Padoan.
Große Sorgen bereitet der OECD die immer schwächere Konjunktur: Die Eurozone rutscht demnach fast schon unweigerlich in eine Rezession. Ob diese milde oder hart ausfalle, hänge von den nächsten Anti-Schulden-Maßnahmen ab. Für 2012 prognostizieren die OECD-Experten in der Eurozone nur noch ein Wachstum von 0,2 Prozent. In den Krisenstaaten ist die Lage noch düsterer: Für Italien wird ein Rückgang des Bruttoinlandsproduktes um 0,5 Prozent prognostiziert. Die Schätzung für Griechenland liegt bei minus 3,0 Prozent, Frankreich müsse eines weiteres Anti-Defizit-Programm auflegen. Erst 2013 können die Krisenstaaten wieder auf positive Zahlen hoffen.
OECD OPTIMISTISCH FÜR DEUTSCHLAND
Relativ optimistisch blickt die OECD noch auf die Lage in Deutschland. Die wirtschaftliche Entwicklung werde zwar bis ins Frühjahr hinein schwach bleiben. Ab Mitte 2012 sei aber mit einer Erholung zu rechnen. Für 2012 rechnet die OECD mit Wachstum von 0,6 Prozent, ein weiterer Rückgang von 200 000 Arbeitslosen sei zu erwarten.
Ein orientierungsloses Bild geben die Finanzmärkte ab: Während die hochverschuldeten Länder Italien und Belgien hohe Zinsen für frische Kredite bieten mussten, machten die Aktienmärkte in Deutschland und Europa kräftige Sprünge.
AKTIEN DEUTLICH GESTIEGEN
Der Dax legte um deutlich über 4 Prozent zu, der EuroStoxx 50 um mehr als fünfeinhalb Prozent zu. Einerseits schichten Anleger Anleihen in Aktien, andererseits erwarten die Finanzmärkte neue Konzepte gegen die Schuldenkrise.
Der Druck der Investoren auf Italien bleibt unerbittlich stark: Bei einer Anleihen-Emission mit einer Laufzeit bis 2023 lag die Rendite bei 7,3 Prozent. Die Schwelle von sieben Prozent gilt als kritisch, weil andere Euro-Länder bei diesem Renditeniveau gerettet werden mussten.
KEINE FINANZSPRITZE FÜR ITALIEN
Italien musste sich zudem gegen Gerüchte stemmen, Hilfszahlungen erbeten zu haben. Sowohl EU-Kommission als auch der Internationale Währungsfonds (IWF) dementierten die Gerüchte über eine Finanzspritze für das Euro-Sorgenkind.
Schlechte Nachrichten auch für Belgien: Das kriselnde Euro-Mitglied musste Investoren bei einer Auktion zehnjähriger Staatsanleihen so hohe Zinsen wie seit über zehn Jahren nicht mehr bieten. Die Rendite lag bei 5,659 Prozent - der höchste Wert seit Anfang 2000.
RENDITE DER ZEHNJÄHRIGEN BUNDESANLEIHE GESTIEGEN
Auch die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe kletterte, und zwar auf 2,304 Prozent. Bis vor kurzem noch hatte der deutsche Staat in aller Regel von steigenden Zinsen anderer Euro-Ländern profitiert.
Immer weniger klar erscheint, wie die Politik die Krise in den Griff bekommen will. So fällt die geplante höhere Schlagkraft des Rettungsschirms EFSF voraussichtlich geringer aus als erhofft.
ANGEPEILTES HILFSVOLUMEN NICHT ERREICHBAR
EFSF-Chef Klaus Regling machte vor Haushaltsexperten des Bundestages nach Angaben von Teilnehmern deutlich, dass das angepeilte Hilfsvolumen von bis zu einer Billion Euro zunächst nicht erreichbar sei. Grund sei das schlechte Marktumfeld.
Die noch zur Verfügung stehenden Restmittel des EFSF-Rettungsfonds von 250 Milliarden Euro sollen mit Hilfe privater Geldgeber und von Staatsfonds vervielfacht werden. Geldgeber vor allem aus Asien sind aber zurückhaltend.
BUNDESREGIERUNG GEGEN GEMEINSAME ANLEIHEN
Mit aller Macht stemmt sich die Bundesregierung gegen gemeinsame europäischen Staatsanleihen - auch gegen kollektive Anleihen der sechs Euro-Länder mit Top-Bonität. Es gebe weder Gespräche darüber noch Pläne für derartige 'Elite-Bonds', stellte das Finanzministerium klar.
'Die Welt' hatte unter Berufung auf EU-Diplomaten berichtet, mit gemeinsamen Anleihen der Länder mit Bestnoten bei der Kreditwürdigkeit - das sind neben Deutschland auch Frankreich, Finnland, die Niederlande, Luxemburg und Österreich - könnten nicht nur Schulden dieser 'Triple-A-Länder' finanziert werden. Gegen strenge Auflagen seien dann auch Hilfen für Krisenländer möglich.
SEIBERT GEGEN NEUE DEBATTEN
Regierungssprecher Steffen Seibert warnte vor immer neuen Debatten über zusätzliche Geldmittel. Seibert kündigte für diesen Freitag eine Regierungserklärung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Bundestag zum EU-Gipfel nächste Woche an.
Bereits an diesem Dienstag stehen schon wichtige Termine an: Das Bundesverfassungsgericht verhandelt über den im Oktober eingegangenen Antrag der SPD-Abgeordneten Swen Schulz und Peter Danckert. Sie sehen ihre Rechte dadurch verletzt, dass Entscheidungen über Hilfsmaßnahmen des Euro-Rettungsfonds EFSF von einem Sondergremium aus nur neun Abgeordneten getroffen werden können.
FINANZCHEFS TREFFEN SICH
Im Mittelpunkt des Treffens der Euro-Finanzminister in Brüssel steht die geplante Verstärkung des Krisenfonds und der nächste Kredit für Athen. Die Finanzchefs der 17 Euro-Länder wollen Leitlinien über die künftige Feuerkraft des EFSF beschließen, dessen Kapital mit Hilfe privater Investoren aufgestockt werden soll. Dabei geht es um die Frage, in welchem Umfang der Krisenfonds Verluste künftig übernehmen wird. Eine Art Teilkaskoversicherung soll Schuldscheine kriselnder Länder wieder interessant machen. /sl/sam/bgf/jkr/rek/aha/DP/jsl
--- Von Ralf E. Krüger und Matthias Armborst, dpa ---
Große Sorgen bereitet der OECD die immer schwächere Konjunktur: Die Eurozone rutscht demnach fast schon unweigerlich in eine Rezession. Ob diese milde oder hart ausfalle, hänge von den nächsten Anti-Schulden-Maßnahmen ab. Für 2012 prognostizieren die OECD-Experten in der Eurozone nur noch ein Wachstum von 0,2 Prozent. In den Krisenstaaten ist die Lage noch düsterer: Für Italien wird ein Rückgang des Bruttoinlandsproduktes um 0,5 Prozent prognostiziert. Die Schätzung für Griechenland liegt bei minus 3,0 Prozent, Frankreich müsse eines weiteres Anti-Defizit-Programm auflegen. Erst 2013 können die Krisenstaaten wieder auf positive Zahlen hoffen.
OECD OPTIMISTISCH FÜR DEUTSCHLAND
Relativ optimistisch blickt die OECD noch auf die Lage in Deutschland. Die wirtschaftliche Entwicklung werde zwar bis ins Frühjahr hinein schwach bleiben. Ab Mitte 2012 sei aber mit einer Erholung zu rechnen. Für 2012 rechnet die OECD mit Wachstum von 0,6 Prozent, ein weiterer Rückgang von 200 000 Arbeitslosen sei zu erwarten.
Ein orientierungsloses Bild geben die Finanzmärkte ab: Während die hochverschuldeten Länder Italien und Belgien hohe Zinsen für frische Kredite bieten mussten, machten die Aktienmärkte in Deutschland und Europa kräftige Sprünge.
AKTIEN DEUTLICH GESTIEGEN
Der Dax legte um deutlich über 4 Prozent zu, der EuroStoxx 50 um mehr als fünfeinhalb Prozent zu. Einerseits schichten Anleger Anleihen in Aktien, andererseits erwarten die Finanzmärkte neue Konzepte gegen die Schuldenkrise.
Der Druck der Investoren auf Italien bleibt unerbittlich stark: Bei einer Anleihen-Emission mit einer Laufzeit bis 2023 lag die Rendite bei 7,3 Prozent. Die Schwelle von sieben Prozent gilt als kritisch, weil andere Euro-Länder bei diesem Renditeniveau gerettet werden mussten.
KEINE FINANZSPRITZE FÜR ITALIEN
Italien musste sich zudem gegen Gerüchte stemmen, Hilfszahlungen erbeten zu haben. Sowohl EU-Kommission als auch der Internationale Währungsfonds (IWF) dementierten die Gerüchte über eine Finanzspritze für das Euro-Sorgenkind.
Schlechte Nachrichten auch für Belgien: Das kriselnde Euro-Mitglied musste Investoren bei einer Auktion zehnjähriger Staatsanleihen so hohe Zinsen wie seit über zehn Jahren nicht mehr bieten. Die Rendite lag bei 5,659 Prozent - der höchste Wert seit Anfang 2000.
RENDITE DER ZEHNJÄHRIGEN BUNDESANLEIHE GESTIEGEN
Auch die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe kletterte, und zwar auf 2,304 Prozent. Bis vor kurzem noch hatte der deutsche Staat in aller Regel von steigenden Zinsen anderer Euro-Ländern profitiert.
Immer weniger klar erscheint, wie die Politik die Krise in den Griff bekommen will. So fällt die geplante höhere Schlagkraft des Rettungsschirms EFSF voraussichtlich geringer aus als erhofft.
ANGEPEILTES HILFSVOLUMEN NICHT ERREICHBAR
EFSF-Chef Klaus Regling machte vor Haushaltsexperten des Bundestages nach Angaben von Teilnehmern deutlich, dass das angepeilte Hilfsvolumen von bis zu einer Billion Euro zunächst nicht erreichbar sei. Grund sei das schlechte Marktumfeld.
Die noch zur Verfügung stehenden Restmittel des EFSF-Rettungsfonds von 250 Milliarden Euro sollen mit Hilfe privater Geldgeber und von Staatsfonds vervielfacht werden. Geldgeber vor allem aus Asien sind aber zurückhaltend.
BUNDESREGIERUNG GEGEN GEMEINSAME ANLEIHEN
Mit aller Macht stemmt sich die Bundesregierung gegen gemeinsame europäischen Staatsanleihen - auch gegen kollektive Anleihen der sechs Euro-Länder mit Top-Bonität. Es gebe weder Gespräche darüber noch Pläne für derartige 'Elite-Bonds', stellte das Finanzministerium klar.
'Die Welt' hatte unter Berufung auf EU-Diplomaten berichtet, mit gemeinsamen Anleihen der Länder mit Bestnoten bei der Kreditwürdigkeit - das sind neben Deutschland auch Frankreich, Finnland, die Niederlande, Luxemburg und Österreich - könnten nicht nur Schulden dieser 'Triple-A-Länder' finanziert werden. Gegen strenge Auflagen seien dann auch Hilfen für Krisenländer möglich.
SEIBERT GEGEN NEUE DEBATTEN
Regierungssprecher Steffen Seibert warnte vor immer neuen Debatten über zusätzliche Geldmittel. Seibert kündigte für diesen Freitag eine Regierungserklärung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Bundestag zum EU-Gipfel nächste Woche an.
Bereits an diesem Dienstag stehen schon wichtige Termine an: Das Bundesverfassungsgericht verhandelt über den im Oktober eingegangenen Antrag der SPD-Abgeordneten Swen Schulz und Peter Danckert. Sie sehen ihre Rechte dadurch verletzt, dass Entscheidungen über Hilfsmaßnahmen des Euro-Rettungsfonds EFSF von einem Sondergremium aus nur neun Abgeordneten getroffen werden können.
FINANZCHEFS TREFFEN SICH
Im Mittelpunkt des Treffens der Euro-Finanzminister in Brüssel steht die geplante Verstärkung des Krisenfonds und der nächste Kredit für Athen. Die Finanzchefs der 17 Euro-Länder wollen Leitlinien über die künftige Feuerkraft des EFSF beschließen, dessen Kapital mit Hilfe privater Investoren aufgestockt werden soll. Dabei geht es um die Frage, in welchem Umfang der Krisenfonds Verluste künftig übernehmen wird. Eine Art Teilkaskoversicherung soll Schuldscheine kriselnder Länder wieder interessant machen. /sl/sam/bgf/jkr/rek/aha/DP/jsl
--- Von Ralf E. Krüger und Matthias Armborst, dpa ---