Sarajevo (Reuters) - Die nationalistischen Parteien der drei großen Volksgruppen in Bosnien-Herzegowina sind nach vorläufigen Ergebnisse vom Montag die Gewinner der Parlamentswahl in dem Balkan-Staat.
Die Nationalisten werden nun für vier Jahre die Politik bestimmen, könnten die ethnischen Konflikte verschärfen und die Annäherung des Balkan-Landes an die EU verzögern. Denn mehr als zwei Jahrzehnte nach dem Ende des Bosnien-Krieges machten die siegreichen Kandidaten der Serben, Kroaten und muslimische Bosniaken Wahlkampf mit Parolen, die sich gegen jeweils andere Bevölkerungsteile richteten. Auch aus der parallel abgehaltenen Wahl des nach Proporz besetzten Staatspräsidiums gingen die nationalistischen Kandidaten der Serben und Bosniaken als Sieger hervor. Der nationalistische Kandidat der Kroaten unterlag einem gemäßigten Konkurrenten und kündigte umgehend Widerstand an.
Bei der Parlamentswahl kristallisierte sich der Wahlkommission zufolge die nationalistische Partei des prorussischen Serben Milorad Dodik, SNSD, als größte Siegerin heraus. Dodik hat sich wiederholt für eine Abspaltung der serbisch geprägten autonomen Republik Srpska von Bosnien-Herzegowina und einen Anschluss an Serbien ausgesprochen. Er zieht für die bosnischen Serben auch in das Staatspräsidium ein. Die größte Partei der muslimischen Bosniaken, SDA, wird dort von Sefik Dzaferovic vertreten.
Der amtierende Vertreter der nationalistischen Kroaten, Dragan Covic, unterlag jedoch dem gemäßigteren Kandidaten Zeljko Komsic. Covic sah sich aber als Sieger in der kroatischen Wählerschaft und zeigte sich kampfbereit: "Solche Wahlen könnten Bosnien-Herzegowina in eine bisher nicht dagewesene Krise stürzen", sagte er. Seine Niederlage sei nur darauf zurückzuführen, dass Bosniaken für Komsic gestimmt hätten. Komsic war bereits selbst zwei Mal für die Kroaten im Staatspräsidium.
Covics Kroaten-Partei HDZ hatte sich im Vorfeld für eine Änderung des Wahlrechts eingesetzt, so dass Wähler nur Vertretern ihrer eigenen Volksgruppe die Stimme geben könnten. Damit stieß die HDZ aber auf Widerstand der Bosniaken. Der ungelöste Streit könnte dazu führen, dass eine Konstituierung des Oberhauses blockiert wird.
Nach dem Bosnien-Krieg von 1992 bis 1995 mit 100.000 Toten wurde als Ausgleich zwischen den Volksgruppen eine komplexe Regierungsstruktur vereinbart. Doch die politischen Lager blockieren sich oft gegenseitig, und Vetternwirtschaft ist weit verbreitet. Von den 3,4 Millionen Wahlberechtigten gingen laut Wahlkommission am Sonntag 53 Prozent an die Urnen.