Frankfurt, 20. Jan (Reuters) - Die Finanzaufsicht BaFin erwägt Insidern zufolge eine strengere Überwachung der Deutschen Börse DB1Gn.DE . Die Deutsche Börse sei eines von mehreren Unternehmen, bei dem geprüft werde, ob eine Einstufung als Finanzholding in Frage komme, sagten zwei mit der Sache vertraute Personen am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. Das "Handelsblatt" hatte zuerst darüber berichtet und sich auf interne Mails der BaFin berufen. Der Betreiber der Frankfurter Börse lehnte eine Stellungnahme ab. Die Deutsche-Börse-Aktie war mit einem Minus von einem Prozent einer der größten Verlierer im Leitindex Dax .GDAXI .
Eine Einstufung als Finanzholding würde bedeuten, dass die Deutsche Börse vollständig unter der Aufsicht der BaFin stehen würde. Bislang überwacht die Bonner Behörde nur die vier Banktöchter des Börsenbetreibers. Primär für die Kontrolle ist wie bei allen deutschen Börsen die jeweilige Landesregierung zuständig.
Ein Sprecher der BaFin erklärte, die Behörde nehme gemeinsam mit der Bundesbank regelmäßig eine Prüfung der Finanzholding-Eigenschaft vor, die klaren Kriterien folge. "Zunächst obliegt die Prüfung der Finanzholding-Eigenschaft aber den Instituten selbst bzw. den Wirtschaftsprüfern." Zum konkreten Fall der Deutschen Börse wollte sich der Sprecher nicht äußern.
Hintergrund für die Überlegungen ist der Bilanzskandal bei Wirecard WDIG.DE . Der Konzern war als Zahlungsdienstleister, nicht als Finanzholding eingestuft. Er wurde damit nicht von der BaFin überwacht. Unbemerkt von Wirtschaftsprüfern manipulierte das Wirecard-Management nach bisherigen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München jahrelang die Bilanzen. Im Juni ging Wirecard pleite. Die BaFin steht deswegen in der Kritik.
Insgesamt prüft die BaFin derzeit bei 16 Unternehmen, ob eine Einstufung als Finanzholding in Frage kommt, wie aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine schriftliche Anfrage des Grünen-Abgeordneten Danyal Bayaz hervorgeht. In drei Fällen sei diese Notwendigkeit bereits festgestellt worden, in vier Fällen sei sie verneint worden, hieß es darin. Neun Fälle befänden sich noch in der Prüfung. "Die Tatsache, dass es viele andere Firmenkonglomerate mit einer ähnlichen Struktur wie Wirecard gibt, die aktuell nicht umfassend beaufsichtigt werden, ist besorgniserregend", erklärte Bayaz. "Ich finde es gut, dass die Bafin aus Fehlern lernt und nun prüft, ob sie solche Konzerne anders einstufen und in der Folge enger überwachen kann." (Reporterin: Patricia Uhlig, redigiert von Hans Seidenstücker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter den Telefonnummern 030 2201 33711 für Politik und Konjunktur oder 030 2201 33702 für Unternehmen und Märkte)