Investing.com - In den Augen von Marko Kolanovic, Chefstratege bei JPMorgan Chase & Co (NYSE:JPM), gleicht die derzeitige Gemütslage der Anleger beunruhigend stark der Zeit vor dem weltweiten Finanzkollaps von 2007-2008.
In seiner regelmäßigen Kolumne für JPMorgan-Kunden warnte er erneut vor dem schwierigen makroökonomischen Umfeld und dem daraus resultierenden Gegenwind für Risikoanlagen.
Kolanovic räumte zwar ein, dass die aktuelle Lage nicht exakt der von damals entspricht, doch er weist auf auffallende Parallelen hin, die eine klare Warnung aussprechen.
So seien die Anleger aufgrund der Erwartung, dass die US-Notenbank ihre Zinserhöhungen beenden werde, der Widerstandsfähigkeit der Verbraucher, des robusten Arbeitsmarkts und der Möglichkeit einer sanften Landung der Wirtschaft optimistisch. All dies seien auch Themen gewesen, die im Vorfeld der Finanzkrise 2007 diskutiert worden seien.
Er drückte auch seine Besorgnis über die Kombination eines höheren US-Dollars, steigender Brent-Ölpreise und steigender Anleiherenditen aus, die er für problematisch und nicht nachhaltig halte.
Er fügte hinzu, dass die jüngsten Turbulenzen an den Anleihemärkten darauf hindeuten könnten, dass die Haltung "höhere Zinsen für längere Zeit" Herausforderungen mit sich bringe, die den Anlegern Schmerzen bereiten könnten.
"Wir werden weiterhin vorsichtig bleiben, solange die Zinsen hoch und die Bewertungen teuer bleiben, während geopolitische Risiken weiterhin schwer wiegen. Seit Jahresbeginn hat sich unserer Meinung nach der Wind an den Märkten gedreht und der Rückenwind abgeschwächt. Die negativen Auswirkungen der hohen Zinsen werden dieses Mal zwar länger auf sich warten lassen, aber unserer Meinung nach sind die meisten schädlichen Effekte noch nicht eingetreten", gibt Kolanovic in seiner Mitteilung zu bedenken.
Zudem hätten sich die geopolitischen Bedingungen verschlechtert, die Bewertungen seien ungünstiger geworden und die zuvor vorteilhafteren Bedingungen für Risikoanlagen hätten sich abgeschwächt. Die Wiedereröffnung Chinas, die ursprünglich als positiver Faktor gesehen wurde, habe sich zu einem leichten Gegenwind entwickelt.
Die Positionierung am Markt sei bereits überdurchschnittlich und die historisch niedrigen Werte des Cboe Volatility Index (VIX) könnten sich noch ändern. Darüber hinaus bereite auch die Erosion der Liquiditätspolster der Verbraucher Sorgen.
"Der S&P 500 wurde in der vergangenen Woche nur etwa 1 % nahe unserem Jahresendziel von 4.200 Punkten gehandelt. Von hier aus erwarten wir, dass sich der Markt in einem breiteren Bereich bewegt, und auf mittlere Sicht bleiben wir pessimistisch eingestellt", erklärt der Stratege.