TALLINN/RIGA (dpa-AFX) - Freie Fahrt in Tallinn: Im Kampf gegen tägliche Staus und für die Umwelt hat Estlands Hauptstadt mit Jahresbeginn Gratis-Nahverkehr in der ganzen Stadt eingeführt. Seither können die 420 000 Einwohner der Großstadt an der Ostsee die Busse und Bahnen umsonst nutzen. Probleme bereitet noch das neue elektronische Ticketsystem, außerdem gibt es Kritik an den Kosten.
'Tallinn ist eine innovative Stadt. Wir sind die erste Hauptstadt, in der ein derartiges Konzept in einem solchen Umfang umgesetzt wird', sagt Edgar Savisaar. Der Bürgermeister hat sich gegen einige Widerstände durchgesetzt. Dabei stützte er sich auf eine Bürgerbefragung im Frühjahr 2012. Mehr als 75 Prozent der Tallinner unterstützen die Initiative.
Manche konnten es kaum abwarten: 'Ich habe meine erste Freifahrt gleich am 1. Januar um 6 Uhr morgens gemacht. Ich denke, ich werde es irgendwann mal wieder tun', beschrieb der estnische Sänger Koit Toome im Frauenmagazin 'Naisteleht' seine ersten Erfahrungen mit dem Gratis-Nahverkehr.
'Im letzen Jahr nutzten täglich rund 100 000 Menschen den Nahverkehr. Wir hoffen, dass diese Zahl zunimmt und immer mehr Bürger ihr Auto stehen lassen und auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen', sagt Savisaar. Mit den Freifahrten soll zudem die Mobilität ärmerer Familien erhöht werden.
Die Stadt hilft dabei mit umstrittenen Mitteln nach: buchstäblich über Nacht wurden auf mehreren Straßen in der Innenstadt Fahrstreifen in Busspuren umgewandelt und die Ampelschaltung zugunsten von Bus und Bahn geändert. Gerade im Berufsverkehr, in dem die Straßen schon zuvor stark verstopft waren, bringt die geänderte Verkehrsführung viele Autofahrer auf die Palme.
Doch ersten Untersuchungen zufolge scheint das Konzept aufzugehen. Im Januar waren bisher 15 Prozent weniger Autos unterwegs als in den beiden Vormonaten, während Busse und Bahnen in derselben Zeit sechs Prozent mehr Passagiere beförderten. Dass die Schule erst in der zweiten Januarwoche wieder begann, erleichterte dabei den Umstieg.
Die freie Fahrt steht allen gemeldeten Einwohnern zu. Sie brauchen nur eine Chipkarte, mit der sie sich an den Lesegeräten in Bus und Bahn identifizieren müssen. Die Datenschutzbehörde hat allerdings rechtliche Bedenken wegen der Speicherung und dem Zugang zu den personenbezogenen Daten auf der Chipkarte angemeldet.
Bisher hat wegen Liefer-Engpässen nur knapp die Hälfte aller Tallinner eine solche Chipkarte. Touristen hoffen vergeblich auf einen Freifahrtschein: Sie müssen weiter ein Ticket kaufen.
Kritiker warnen vor den Kosten der Umstellung - jährlich fehlen rund zwölf Millionen Euro im städtischen Haushalt, die bisher aus dem Fahrkartenverkauf stammten. Hinzu kommen dringend notwendige Investitionen in neue Busse und Bahnen.
Die Stadtverwaltung setzt dagegen auf zusätzliche Steuereinnahmen durch zugezogene Tallinner, die sich bisher nicht offiziell als Einwohner angemeldet haben. Dadurch könne der Nulltarif mindestens teilfinanziert werden, heißt es aus dem Rathaus.
Auch in den Nachbarländern ist man neugierig, wie sich der Gratis-Nahverkehr in Tallinn bewährt: Helsinki, Riga und Vilnius haben bereits angekündigt, dem Beispiel eventuell folgen zu wollen, falls es sich langfristig als tragbar erweise./awe/czy/DP/zb
'Tallinn ist eine innovative Stadt. Wir sind die erste Hauptstadt, in der ein derartiges Konzept in einem solchen Umfang umgesetzt wird', sagt Edgar Savisaar. Der Bürgermeister hat sich gegen einige Widerstände durchgesetzt. Dabei stützte er sich auf eine Bürgerbefragung im Frühjahr 2012. Mehr als 75 Prozent der Tallinner unterstützen die Initiative.
Manche konnten es kaum abwarten: 'Ich habe meine erste Freifahrt gleich am 1. Januar um 6 Uhr morgens gemacht. Ich denke, ich werde es irgendwann mal wieder tun', beschrieb der estnische Sänger Koit Toome im Frauenmagazin 'Naisteleht' seine ersten Erfahrungen mit dem Gratis-Nahverkehr.
'Im letzen Jahr nutzten täglich rund 100 000 Menschen den Nahverkehr. Wir hoffen, dass diese Zahl zunimmt und immer mehr Bürger ihr Auto stehen lassen und auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen', sagt Savisaar. Mit den Freifahrten soll zudem die Mobilität ärmerer Familien erhöht werden.
Die Stadt hilft dabei mit umstrittenen Mitteln nach: buchstäblich über Nacht wurden auf mehreren Straßen in der Innenstadt Fahrstreifen in Busspuren umgewandelt und die Ampelschaltung zugunsten von Bus und Bahn geändert. Gerade im Berufsverkehr, in dem die Straßen schon zuvor stark verstopft waren, bringt die geänderte Verkehrsführung viele Autofahrer auf die Palme.
Doch ersten Untersuchungen zufolge scheint das Konzept aufzugehen. Im Januar waren bisher 15 Prozent weniger Autos unterwegs als in den beiden Vormonaten, während Busse und Bahnen in derselben Zeit sechs Prozent mehr Passagiere beförderten. Dass die Schule erst in der zweiten Januarwoche wieder begann, erleichterte dabei den Umstieg.
Die freie Fahrt steht allen gemeldeten Einwohnern zu. Sie brauchen nur eine Chipkarte, mit der sie sich an den Lesegeräten in Bus und Bahn identifizieren müssen. Die Datenschutzbehörde hat allerdings rechtliche Bedenken wegen der Speicherung und dem Zugang zu den personenbezogenen Daten auf der Chipkarte angemeldet.
Bisher hat wegen Liefer-Engpässen nur knapp die Hälfte aller Tallinner eine solche Chipkarte. Touristen hoffen vergeblich auf einen Freifahrtschein: Sie müssen weiter ein Ticket kaufen.
Kritiker warnen vor den Kosten der Umstellung - jährlich fehlen rund zwölf Millionen Euro im städtischen Haushalt, die bisher aus dem Fahrkartenverkauf stammten. Hinzu kommen dringend notwendige Investitionen in neue Busse und Bahnen.
Die Stadtverwaltung setzt dagegen auf zusätzliche Steuereinnahmen durch zugezogene Tallinner, die sich bisher nicht offiziell als Einwohner angemeldet haben. Dadurch könne der Nulltarif mindestens teilfinanziert werden, heißt es aus dem Rathaus.
Auch in den Nachbarländern ist man neugierig, wie sich der Gratis-Nahverkehr in Tallinn bewährt: Helsinki, Riga und Vilnius haben bereits angekündigt, dem Beispiel eventuell folgen zu wollen, falls es sich langfristig als tragbar erweise./awe/czy/DP/zb