(neu: Aktienkurs, Aussagen aus Telefonkonferenz)
ESSEN (dpa-AFX) - Deutschlands zweitgrößter Energiekonzern RWE (XETRA:RWEG) schlittert immer weiter in die Krise. Im ersten Halbjahr rutschte der um Sondereffekte bereinigte Nettogewinn der Essener um fast 28 Prozent auf 543 Millionen Euro ab, wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte. Das war noch schlechter als von Analysten erwartet. RWE-Aktien verloren bis zum Mittag fast sechs Prozent an Wert und waren damit klar der schwächste Wert im Dax (DAX). Einbußen gab es vor allem bei der konventionellen Stromerzeugung mit Kohle und Gas.
RWE denke aktuell dennoch nicht an eine Aufspaltung wie der Konkurrent Eon (ETR:EOAN), sagte RWE-Chef Peter Terium in einer Telefonkonferenz. Eine solche Abspaltung brächte "kaum absehbare Probleme und Risiken" und er sehe kein nachhaltiges Potenzial. Dafür sei die vom Bundeswirtschaftsministerium als Reaktion auf die Aufspaltungspläne von Eon geplante Verschärfung der Haftungsregeln für Atom-Altlasten ein gutes Beispiel, sagte Terium.
'WIR HABEN EINEN PLAN'
Ein integrierter Konzern mit der gesamten Palette von der Erzeugung bis zum Vertrieb habe mehr Möglichkeiten - auch wenn das weniger radikal und spektakulär wirke. Allerdings hält sich auch RWE eine Ausgliederung explizit offen, falls sich die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen weiter verschlechtern sollten. Zuletzt gab es zumindest einen kleinen Lichtblick, als Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) die geplante Klimaabgabe für alte Kohlekraftwerke aufgab.
RWE steuere "mit aller Kraft" gegen die branchenweite Krise, versicherte Terium: "Wir haben einen Plan, wie wir den Konzern wieder nach vorn bringen werden." Künftig will RWE mit einer gestärkten Zentrale und weniger Bürokratie schneller auf neue Herausforderungen reagieren können. Entsprechende Pläne für einen tiefgreifenden Umbau der Konzernstruktur hatte der Aufsichtsrat am Montag gebilligt.
BRITISCHES GESCHÄFT WIRD ZUM PROBLEMFALL
Der Rückgang im ersten Halbjahr war noch stärker als erwartet. Im zweiten Quartal kam sogar ein Verlust zustande. Dabei drückte neben einer höheren Steuerlast der anhaltende Verfall der Strompreise im Großhandel, der sich immer stärker in die Bilanzen im klassischen Erzeugungsgeschäft von RWE frisst. Zudem entwickelte sich das für den Konzern wichtige Geschäft in Großbritannien zu einem Sorgenfall. Dort gibt es EDV-Probleme und Kundenverluste. Das werde den Gewinn der Sparte um 200 Millionen Euro drücken. Nicht vor Ende kommenden Jahres rechnet RWE damit, die Probleme behoben zu haben.
Der Umsatz blieb trotz des Strompreisverfalls an der Börse vor allem dank eines gestiegenen Gasabsatzes stabil bei 25,1 Milliarden Euro. Dass unter dem Strich der Überschuss um 70 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro stieg, lag fast allein am Sonderertrag aus dem Verkauf der Öl- und Gasfördertochter Dea im ersten Quartal.