Frankfurt (Reuters) - Die Haushaltspläne der sich abzeichnenden neuen Regierung in Italien haben Europas Anleger am Freitag verunsichert.
Vor dem langen Pfingstwochenende gingen vor allem die Aktienkurse in Mailand in die Knie. Auch der Euro geriet unter Druck und verlor 0,4 Prozent auf 1,1751 Dollar.
Grund waren die Pläne der 5-Sterne-Bewegung und der rechtsextremen Lega zu Steuersenkungen und höheren Staatsausgaben. Eine Populistenregierung wäre sowohl für Italien, als auch für Europa kein gutes Omen, sagte Helaba-Volkswirt Stefan Mütze. Diskussionen über Schuldenschnitte oder einen Euro-Austritt des mit massiven Strukturproblemen kämpfenden Landes lösten Sorgen um die Währungsunion aus. Der Dollar-Index erklomm daraufhin ein Fünf-Monats-Hoch.
Am deutschen Aktienmarkt nahmen Anleger lieber Gewinne mit: der Dax ging am kleinen Verfallstag mit 13.077,72 Zählern 0,3 Prozent tiefer aus dem Handel. Dank des für die Exporteure günstigeren Euro-Kurses gelang ihm aber mit einem Plus von rund 0,6 Prozent der achte Wochengewinn in Folge. Das ist die längste Serie seit fast eineinhalb Jahren.
Doch zum Wochenausklang dominierten die Sorgen um Italien. An der Börse in Mailand rutschte der Leitindex 1,5 Prozent ab, während der EuroStoxx50 0,6 Prozent verlor. Vor allem Italiens Bankaktien standen unter Druck: Ubi Banca rutschten mit 7,8 Prozent am heftigsten ab. Auch italienische Anleihen flogen aus den Depots. Dies trieb die Rendite der zehnjährigen Papiere auf 2,175 von zuvor 2,114 Prozent. "Nicht nur die Fiskalpläne der designierten Regierung in Rom bereiten Investoren Sorge, auch drohen vor dem Hintergrund der europapolitischen Ambitionen der Koalitionäre Konflikte mit Brüssel", erläuterte DZ-Bank-Analyst Daniel Lenz. Der Ausverkauf der italienischen Anleihen könne in diesem Fall in eine neue Runde gehen.
An der Wall Street standen die Handelsgespräche zwischen den USA und China im Fokus der Investoren. Konkrete Fortschritte gab es zunächst nicht. Die Verhandlungen dauerten an und seien konstruktiv, sagte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums in Peking. Technologiewerte gerieten unter die Räder, nachdem der weltgrößte Chipanlagenbauer Applied Materials einen trüben Ausblick ablieferte.
ANALYST SIEHT "GIFTIGEN COCKTAIL" BEI TELECOM ITALIA
An der Börse in London flogen die Titel des Pharmariesen AstraZeneca aus den Depots, der Kurs fiel um 1,9 Prozent. Der britische Hersteller von Nachahmermedikamenten musste zu Jahresbeginn bei seinem Cholesterinsenker Crestor Umsatzeinbußen hinnehmen und verlor dadurch in Europa und Japan Marktanteile.
Die Aktien von Telecom Italia (MI:TLIT) rutschten in Mailand um 3,4 Prozent ab. Der Streit der beiden Hauptaktionäre Elliott und Vivendi (PA:VIV) um Sitze im Aufsichtsrat des Telekommunikationskonzerns geht in eine neue Runde. Analyst Nicolas Didio von der Berenberg Bank sprach von einem "giftigen Cocktail", der sich bei Telecom Italia zusammenbraue.
Ein überraschend starkes Umsatzplus hievte Ubisoft zeitweise auf ein Rekordhoch. Die Aktien des französischen Computerspiele-Anbieters schlossen 4,5 Prozent höher. Dank des Verkaufserfolgs der neuesten Folgen der Spiele-Reihen "Far Cry" und "Assassin's Creed" stieg der Umsatz im abgelaufenen Geschäftsjahr um knapp 19 Prozent auf 1,73 Milliarden Euro und übertraf das selbst gesteckte Ziel von 1,64 Milliarden Euro.