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Lira bleibt unter Druck - Erdogan: Angriffe gehen weiter

Veröffentlicht am 13.08.2018, 14:33
© Reuters. FILE PHOTO: Turkish President Tayyip Erdogan makes a speech during a ceremony marking the second anniversary of the attempted coup at the Presidential Palace in Ankara
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- von Daren Butler

Istanbul (Reuters) - Die Türkei stemmt sich mit Investitionen, Drohungen und Geldspritzen gegen den dramatischen Verfall der Lira - bislang vergeblich.

Trotz Maßnahmen der Notenbank und Beschwichtigungen der Regierung rutschte der Kurs der Landeswährung am Montag auf einen historischen Tiefstand ab. Ein Dollar kostete 7,24 Lira - so viel wie nie zuvor. Damit hat die Lira in diesem Jahr mehr als 40 Prozent an Wert verloren. Präsident Recep Tayyip Erdogan stellt sich auf eine längere kritische Phase ein. "Es ist offensichtlich, dass die Angriffe noch eine Weile andauern werden", sagte Erdogan, der sein Land als Opfer einer Verschwörung sieht. Die Türkei werde nun die bis 2023 geplanten Investitionen schneller durchziehen, mit denen es zu den zehn größten Wirtschaftsmächten aufsteigen will.

Die Türkei will zugleich gegen negative Kommentare zur Wirtschaft in sozialen Netzwerken vorgehen. Entsprechende rechtliche Maßnahmen gegen solche Mitteilungen würden eingeleitet, erklärte das Innenministerium. Seit dem 7. August seien 346 Nutzerkonten auf sozialen Netzwerken ausgemacht worden, in denen der Verfall der Lira auf provozierende Art und Weise kommentiert wurde.

Die Zentralbank des Landes versucht, eine Beruhigungspille an die Finanzmärkte zu verteilen, indem sie versprach, die Geldversorgung der im Gefolge der Währungskrise unter Druck geratenen Geschäftsbanken sicherzustellen. Sie werde den Finanzmarkt genau beobachten und alle notwendigen Schritte ergreifen, um die Finanzstabilität zu sichern, hieß es. Bankenkreisen zufolge könnte eine straffere Geldpolitik folgen. Dafür könnte die Zentralbank statt einer Anhebung der Leitzinsen einen Zinskorridor nutzen, sagten Banker der Nachrichtenagentur Reuters. Aktuell liegt der Schlüsselsatz zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld bei 17,75 Prozent.

Experten gehen davon aus, dass eine deutliche Zinserhöhung um mehrere Prozentpunkte den Lira-Verfall bremsen könnte. Mit ein Auslöser für den Lira-Verfall waren allerdings Sorgen über die Unabhängigkeit der Notenbank: Erdogan hat sich selbst wiederholt als "Gegner der Zinsen" bezeichnet und angekündigt, eine größere Kontrolle über die Geldpolitik auszuüben. Er will, dass die Banken billige Kredite vergeben und so das Wirtschaftswachstum ankurbeln. Anleger befürchten jedoch, dass es zu einer Überhitzung kommen könnte.

Der Handel mit Aktien der führenden Banken Yapi Kredi, Akbank und Isbank wurde zeitweise vom Handel ausgesetzt, nachdem die Kurse um mehr als elf Prozent eingebrochen waren. "Dies ist ein ernsthafter Spekulationsangriff", sagte Isbank-Chef Adnan Bali dem Sender BloombergHT. "Ich kann den Punkt, an dem wir angekommen sind, nicht mit den wirtschaftlichen Grundlagen zusammenbringen."

Die Krise in der Türkei schickte auch Schockwellen in andere Länder und Märkte. Der Dax startete schwächer in die Woche. "Die Börsen sind zurück im Krisenmodus", sagte Portfoliomanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. "Das ist aktuell ein gefährlicher Cocktail aus Belastungsfaktoren." Neben dem Kursabsturz der Lira, von dem Investoren Ansteckungseffekte für Schwellenländer und sogar europäische Banken befürchten, schlummere noch der Handelsstreit zwischen USA und China in den Köpfen der Anleger.

"INTERESSE AN STABILER TÜRKEI"

© Reuters. FILE PHOTO: Turkish President Tayyip Erdogan makes a speech during a ceremony marking the second anniversary of the attempted coup at the Presidential Palace in Ankara

In Berlin wird die Entwicklung deshalb genau verfolgt. Niemand habe ein Interesse an einer wirtschaftlichen Destabilisierung der Türkei, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Kommentieren wollten weder das Finanz- noch das Wirtschaftsministerium die jüngste Entwicklung und etwaige Auswirkungen auf Deutschland. Ifo-Chef Clemens Fuest rät der Türkei, Hilfen beim Internationalen Währungsfonds (IWF) zu beantragen. "Wir müssen uns massiv Sorgen machen", schrieb er im "Handelsblatt". Die Ankündigung von US-Sanktionen gegen die Türkei, die seit Montagmorgen gelten, seien der "Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat". Allerdings sind IWF-Hilfen mit Auflagen für die Wirtschaftspolitik verbunden.

Ein wesentlicher Grund für die Währungskrise sind Befürchtungen, Präsident Erdogan, der seit einer Verfassungsänderung mit besonders großer Machtfülle ausgestattet ist, könnte sich massiv in die Wirtschaft und die Währungspolitik einmischen. So wächst die Besorgnis, dass die Notenbank ihre Unabhängigkeit verliert. Zudem liegt Erdogan mit dem Nato-Partner USA bei mehreren Themen über Kreuz, darunter die unterschiedlichen Interessen im Syrien-Konflikt. Zugespitzt hat sich zuletzt der Streit wegen des in der Türkei festgehaltenen US-Pastors Andrew Brunson. Türkische Ermittler werfen ihm Verbindungen zu dem in den USA lebenden Geistlichen Fethullah Gülen vor, der nach Darstellung der Regierung in Ankara hinter dem Putschversuch vor zwei Jahren steckt.

Am Freitag hatte US-Präsident Donald Trump eine Verdoppelung der Sonderzölle auf Stahl und Aluminium aus der Türkei angeordnet. Erdogan drohte daraufhin mit einer wirtschaftlichen und politischen Abkehr vom Westen und kündigt eine stärkere Hinwendung zu Russland, China und der Ukraine an.

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