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ROUNDUP 3: Delivery Hero verschreckt Investoren mit Ausblick - Aktie stürzt ab

Veröffentlicht am 10.02.2022, 16:06
Aktualisiert 10.02.2022, 16:15
©  Reuters
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(neu: Aktueller Kurs, Hintergrund, Details RBC-Analystin)

BERLIN (dpa-AFX) - Nach einem Jahr mit kräftigem Wachstum hat eine vorsichtige Prognose für 2022 den Lieferdienst Delivery Hero (4:DHER) in Bedrängnis gebracht und die Aktie einbrechen lassen. Für das laufende Jahr peilt der Vorstand einen Bruttowarenwert von 44 bis 45 Milliarden Euro an, wie das Dax (DAX)-Unternehmen am Donnerstag in Berlin mitteilte. Davon sollen 1 bis 1,2 Prozent als operativer Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) anfallen. Das Management rechnet also mit einem weiteren Jahr mit hohen Verlusten. Der Ausblick verschreckte die Anleger.

Die seit einiger Zeit unter Druck stehende Aktie brach weiter ein. Der Börsenwert sackte am Nachmittag um knapp 30 Prozent ab. Der Börsenwert fiel damit um fast fünf Milliarden Euro auf nur noch zwölf Milliarden Euro. Zu den besten Zeiten war das Unternehmen mehr als 36 Milliarden Euro wert gewesen. Die Aktie entfernt sich damit immer weiter von ihrem Rekordhoch in Höhe von 145,40 Euro vor gut einem Jahr. Seit Mitte November vergangenen Jahres geht es bergab für den Delivery-Hero-Kurs. Alleine in diesem Jahr verlor die Aktie mehr als 50 Prozent.

Sollte Delivery Hero mit einem Minus von rund 30 Prozent aus dem Handel gehen, wäre es einer der größten prozentualen Tagesverluste einer Aktie in der Geschichte des Dax. Das heftige Minus ist Wasser auf die Mühlen der Kritiker des Konzerns und des Aufstiegs in den deutschen Leitindex im Sommer 2020. Damals folgte Delivery Hero auf den insolventen Zahlungsabwickler Wirecard (3:0O8X). Da der Essenslieferant noch nie Gewinn erzielte, sorgte die Aufnahme in den Dax für zum Teil heftige Kritik. Die Deutsche Börse (4:DB1Gn) hat inzwischen darauf reagiert und die Regeln geändert - inzwischen muss ein Unternehmen profitabel sein, um in die oberste deutsche Börsenliga aufgenommen werden zu können.

Auf Basis der Prognose ergibt sich rechnerisch beim operativen Verlust eine Spanne von 440 Millionen Euro bis 540 Millionen Euro. Der Umsatz ohne Berücksichtigung von Gutscheineffekten (Segmentumsatz) soll zwischen 9,5 und 10,5 Milliarden Euro liegen. Bei diesem Ausblick ist allerdings die geplante Übernahme des spanischen Lieferdienstes Glovo noch nicht enthalten. Nach Unternehmensangaben hatten Ende Januar mehr als 95 Prozent der Glovo-Aktionäre ihre Aktien gegen Delivery-Hero-Anteile anstelle von Geld getauscht. Der Deal soll noch im zweiten Quartal abgeschlossen sein.

Auch das Langfristziel eines Bruttowarenwertes von 200 bis 350 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030 konnte die Anleger nicht überzeugen. Wie bereits bekannt, will Delivery Hero über kurz oder lang davon fünf bis acht Prozent als Betriebsergebnis in der Bilanz sehen.

Mit der Zielmarke für den Bruttowarenwert 2022 liege Delivery Hero um sechs Prozent unter der Markterwartung, schrieb Jefferies-Analyst Giles Thorne in einer ersten Reaktion. Der Mittelwert der in Aussicht gestellten Prognosespanne für den bereinigten operativen Gewinn (Ebitda) würde die Konsensschätzung sogar noch kräftiger verfehlen. Die Zunahme der Aufträge habe sich im vierten Quartal unterdessen im Verhältnis zum dritten Quartal nahezu halbiert. Der Kurs des Essenslieferdienstes - wie auch das ganze Branchenumfeld - stehe auf besonders wackeligen Beinen, schrieb Thorne.

Die Erfolgsgeschichte des Unternehmens sei mittlerweile vor Herausforderungen gestellt, schrieb Andrew Ross von der Investmentbank Barclays (LON:BARC). Delivery Hero agiere in einem Umfeld, in welchem "der Markt stark wachsende, aber verlustreiche Anlagen nicht mehr liebt". Nun komme es vor allem darauf an, dass das Unternehmen im Verlauf des zweiten Halbjahres die Profitabilität hochfahren könne.

Sherri Malek von der kanadischen Bank RBC hingegen verwies darauf, dass das Unternehmen sich im Schlussquartal nicht so gut entwickelt habe wie von Experten erhofft. Sie sieht Delivery Hero insgesamt aber auf einem guten Weg zur Gewinnschwelle und bevorzugt die Aktie weiterhin gegenüber der des Konkurrenten Just Eat Takeaway (7:TKWY).

2021 hatte Delivery Hero dagegen die Erwartungen von Analysten an den Bruttowarenwert (GMV) übertroffen. So zog der Wert im Vergleich zum Vorjahr um 62 Prozent auf gut 35 Milliarden Euro an. Damit erreichte Delivery Hero auch etwas mehr als das, was der Konzern selbst in Aussicht gestellt hatte. Der um Sondereffekte bereinigte Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) stieg um fast ein Drittel auf 781 Millionen Euro.

Da der Verlust nicht so stark anzog wie der Bruttowarenwert verbesserte sich auch die Marge um 0,5 Prozentpunkte auf minus 2,2 Prozent. Im laufenden Jahr peilt der Konzern weiter ein kräftiges Plus beim Bruttowarenwert und einen niedrigeren operativen Verlust an. Die Prognosen für 2022 liegen im Rahmen der Analystenerwartungen.

Der Segmentumsatz stieg konzernweit um 89 Prozent auf 6,6 Milliarden Euro, was im Rahmen der eigenen Prognose lag. In den Zahlen ist der südkoreanische Zukauf Woowa enthalten. Den überwiegenden Teil des Bruttowarenwertes macht das Berliner Unternehmen mit Bestellungen in Asien, die rund zwei Drittel des Gesamtbetrags im vierten Quartal ausmachten.

Nur einen Bruchteil davon macht Delivery Hero in Europa und seinen amerikanischen Geschäften. Das zeigt sich auch beim Segmentumsatz, bei dem Transaktionen in Asien in den Monaten bis Dezember die Hälfte des Gesamtwertes ausmachten. In Deutschland hat der Dax-Konzern kein operatives Geschäft mehr, nachdem er dieses vor einiger Zeit an den Konkurrenten Just Eat Takeaway (7:TKWY) verkauft hatte.

Vergangenes Jahr hatte Delivery Hero versucht, mit der Marke Foodpanda zurück nach Deutschland zu kommen und sich zu etablieren. Kurz vor Weihnachten stampfte Konzernchef Niklas Östberg das Experiment dann aber schon wieder ein. "Wir haben an anderen Orten bessere Investitionsmöglichkeiten gesehen und uns schnell umentschieden", sagte er am Donnerstag.

Von Deutschland will der Chef auch erstmal seine Finger lassen. Eine Beteiligung oder Übernahme von Medizin-Lieferdiensten etwa wie First A oder Mayd schloss Östberg zunächst aus. "Wir haben dazu keine Pläne", sagte er in einer Konferenz mit Journalisten. In anderen Teilen der Welt könnten Kunden hingegen bereits Medikamente über die jeweiligen Apps bestellen. Den Geschäftsbericht 2021 mit Angaben zum Nettoverlust sowie Zahlen für das erste Quartal des laufenden Jahres will der Vorstand am 28. April vorlegen.

Delivery Hero wurde 2011 gegründet. Das Wachstum wurde zwischenzeitlich von dem Start-up-Inkubator Rocket Internet (DE:RKET) mitfinanziert. Seit Anfang 2017 ist der südafrikanische Medienkonzern Naspers mit an Bord. Im Juni 2017 wurde das Unternehmen für 25,50 Euro je Aktie an die Börse gebracht. Naspers hält über seine Internetbeteiligungsgesellschaft Prosus (7:PRX) weiter 27 Prozent der Anteile und ist damit der größte Aktionär des Berliner Unternehmens. Der Kurs der im EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) notierten Prosus-Aktie büßte am Donnerstag mehr als drei Prozent ein.

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