PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Europas Börsen haben am Montag ihrem jüngsten Höhenflug Tribut gezollt. Neben den weltweiten politischen Risiken drückten laut Experten die zunehmenden Signale für bald steigende US-Zinsen auf die Stimmung. Im Fokus standen die Kapitalerhöhung der Deutschen Bank (4:DBKGn), welche die gesamte Branche in Europa belastete, und der nun festgezurrte Verkauf der General-Motors-Tochter (1:GM) Opel an den französischen Konkurrenten PSA (9:PEUP).
Der EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) schloss 0,47 Prozent tiefer bei 3387,46 Punkten. Am Freitag hatte der Eurozonen-Leitindex noch den höchsten Stand seit Dezember 2015 erreicht und ein Wochenplus von drei Prozent verbucht. Der Pariser CAC-40 (CAC 40)-Index (CAC 40) verabschiedete sich am Montag 0,46 Prozent schwächer bei 4972,19 Zählern aus dem Handel. Für den Londoner FTSE 100 , der schon vor dem Wochenende knapp unterhalb seines Rekordhochs geschwächelt hatte, ging es um weitere 0,33 Prozent auf 7350,12 Punkte bergab.
Als Bremsklötze für die Aktienmärkte nannte Analyst Mike von Dulken von Accendo Markets die nordkoreanischen Raketentests, die anhaltenden Unsicherheiten über US-Präsident Donald Trump und mögliche Wahlerfolge von Populisten in Europa. Bereits in der kommenden Woche wählen die Niederländer ein neues Parlament, ab Ende April stehen die französischen Präsidentschaftswahlen auf der Tagesordnung
Nach Abhör-Vorwürfen gegen Amtsvorgänger Barack Obama machte Trump mit einer Neuauflage seines gescheiterten Einwanderungs-Verbots Schlagzeilen. Vom neuen Dekret betroffen sind Flüchtlinge und Menschen aus den sechs vorwiegend muslimischen Ländern Iran, Syrien, Somalia, Jemen, Libyen und dem Sudan. Der Irak wurde im Vergleich zu dem im Januar erlassenen und dann von Gerichten gestoppten Dekret herausgenommen. Der neue Erlass tritt nicht sofort, sondern erst nach zehntägiger Frist am 16. März in Kraft.
Andere Experten sahen die sich abzeichnende Straffung der amerikanischen Geldpolitik als Belastungsfaktor. Nach ähnlichen Aussagen anderer Währungshüter hatte sich vor dem Wochenende auch die US-Notenbankvorsitzende Janet Yellen für eine Leitzinsanhebung auf der Sitzung Mitte März ausgesprochen. Der US-Arbeitsmarktbericht am kommenden Freitag dürfte nach Einschätzung von Volkswirten robust ausfallen und Yellen argumentative Schützenhilfe geben.
Auf den Verkaufszetteln der Anleger in Europa standen vor allem Rohstoff- und Bankentitel: Die beiden Subindizes im marktbreiten Stoxx Europe 600 verloren 2,18 beziehungsweise 1,23 Prozent. Während die Rohstoffbranche unter sinkenden Preisen für etliche Metalle litten, zog der Kursrutsch der Deutschen Bank die gesamte europäische Bankbranche in Mitleidenschaft.
Mit über 4 Prozent Minus ebenfalls unter Druck standen Titel von Credit Suisse (5:CSGN). Am Wochenende hatte es in einem Bericht der Schweizer "Sonntagszeitung" geheißen, dass die Bank eine Absage des geplanten Börsengangs der Schweiz-Tochter prüfe.
Am besten hielten sich im Branchenvergleich die Einzelhändler und Energiekonzerne: Deren Indizes waren die einzigen Gewinner im Stoxx Europe 600.
Im Autosektor drehte sich alles um den Kauf von Opel durch PSA. Die Franzosen kaufen Opel vom US-Konzern General Motors (1:GM) (GM) (1:GM) und zahlen allein für die Marken Opel und Vauxhall der GM-Europasparte 1,3 Milliarden Euro. Durch diesen Coup wollen sie mit ihren bisherigen Marken Peugeot , Citroën und DS und den nun zugekauften zu einem "europäischen Auto-Champion" aufsteigen.
Die PSA-Papiere gewannen an der CAC-40-Spitze letztlich 2,73 Prozent auf 19,58 Euro, nachdem sie zeitweise sogar bei mehr als 20 Euro den höchsten Stand seit Sommer 2011 erreicht hatten. Die Anteilsscheine von Renault (9:RENA) - Peugeots Konkurrent im Kampf um den zweiten Platz in Europa hinter VW (4:VOWG_p) - sanken dagegen um 1,35 Prozent. Die Papiere des Autobauers Fiat Chrysler (6:FCHA), der früher ebenfalls Interesse an Opel angemeldet hatte, verloren in Mailand 0,95 Prozent.
In London ging es für den Versicherer Standard Life (3:SL) um 5,68 Prozent hoch. Der Plan, gemeinsam mit Aberdeen Asset Management den größten Fondsverwalter Europas zu schmieden, kam an der Börse gut an. Der Versicherer will Aberdeen übernehmen und mit eigenen Aktien bezahlen. Das Gebot von 0,757 neuen Standard-Life-Papieren bewertet Aberdeen mit 3,8 Milliarden britischen Pfund. Die Aberdeen-Papiere profitierten in London mit plus 4,16 Prozent.