NEW YORK (dpa-AFX) - Die anhaltenden Sorgen wegen Griechenland haben am Montag auch die Anleger an der Wall Street nicht kalt gelassen. Der Pessimismus selbst mit Blick auf eine kurzfristige Lösung scheine jeden Tag zuzunehmen, kommentierte Marktanalyst Michael Hewson vom Wertpapierhändler CMC Markets UK die Ängste vor einem Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone ("Grexit"). Das hatte schon am Freitag die amerikanischen und stärker noch die europäischen Börsen belastet.
Diese Entwicklung setzte sich nach dem Wochenende fort: Zuletzt sank der US-Leitindex Dow Jones Industrial (US 30) um 0,87 Prozent auf 17 742,66 Punkte. Für den marktbreiten S&P-500-Index (S&P 500) ging es um 0,73 Prozent auf 2078,88 Punkte nach unten und der technologielastige Auswahlindex Nasdaq 100
Die Verhandlungspartner im griechischen Schuldendrama seien offenbar weiter als je zuvor von einer Einigung entfernt, befürchtet Experte Hewson. Zwar hält EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker ungeachtet eines gescheiterten Vermittlungsversuchs die Türen für Griechenland offen. "Falls es etwas Neues gibt, wären wir sehr glücklich, als Vermittler beizutragen", sagte der Chefsprecher der Behörde.
Die Kommission fordert jedoch stärkere Reformanstrengungen in Athen und politischen Willen auf allen Seiten, um fristgerecht zu einer Vereinbarung über ein Reformpaket zu gelangen. "Die einzige Frist, die es gibt, ist der 30. Juni", so der Sprecher. Zu diesem Termin läuft das schon zweimal verlängerte griechische Hilfsprogramm aus. Der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis dringt dagegen weiter auf einen Schuldenerlass.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) setzt auf eine Verständigung beider Seiten. Doch dem Vernehmen nach herrscht in der CDU-Spitze Ratlosigkeit über das Verhalten der griechischen Regierung. Es bestehe Unsicherheit, ob Athen den Ernst der Lage erkannt habe oder testen wolle, wer die besseren Nerven habe, hieß es.
Zumindest von den überwiegend schwachen Konjunkturdaten gab es für die US-Börsen am Montag keinen Gegenwind. Der Empire-State-Index, der die Stimmung in der Industrie des US-Bundesstaats New York misst, trübte sich im Juni überraschend ein. Entgegen den Erwartungen rückläufig entwickelte sich auch die Industrieproduktion, die im Mai den zweiten Monat in Folge zurückgegangen war. Lediglich der NAHB-Hauspreisindex stieg deutlicher als prognostiziert.
Die Industriedaten sprechen nach Einschätzung der Helaba-Experten gegen eine baldige Zinserhöhung durch die US-Notenbank Fed. Deren Politik des billigen Geldes war in den vergangenen Jahren der wichtigste Kurstreiber an den Aktienmärkten weltweit, da festverzinsliche Wertanlagen in diesem Umfeld kaum eine Rendite abwerfen.
Unter den Einzelwerten büßten United Technologies (NYSE:UTX) (FSE:UTC1) trotz der geplanten Trennung von der Hubschraubertochter Sikorsky 2,21 Prozent ein - dies bedeutete den letzten Platz im Dow. Der Industriekonzern will bis Ende September über einen Verkauf oder einen Börsengang entscheiden.
In Medienberichten werden unter anderem die Luftfahrt- und Rüstungskonzerne Boeing (NYSE:BA) (ETR:BCO), Lockheed Martin (NYSE:LMT) (FSE:LOM) und Airbus (XETRA:AIRG) (PSE:PAIR) sowie der zum Textron-Konzern (NYSE:TXT) gehörende Hubschrauber-Konkurrent Bell Helicopter als Kaufinteressenten gehandelt. Deren Aktien gaben durch die Bank ebenfalls nach.
Der chinesische Internetkonzern Alibaba (NAS:BABA) will unterdessen mit einem eigenen Videostreaming-Angebot in China punkten. Die in New York gelisteten Papiere von Alibaba hielten sich mit einem knappen Minus besser als der Markt, während die Aktien des US-Streamingprimus Netflix 2,86 Prozent verloren.
Im Rohstoffsektor sorgten schwache Metallnotierungen für Kursabschläge. Der Kupferpreis war auf den tiefsten Stand seit fast drei Monaten gesunken - entsprechend büßten die Aktien von Southern Copper (NYS:SCON) und Freeport-McMoRan (NYSE:FCX) 2,05 beziehungsweise 0,96 Prozent an Wert ein.