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Duell Merkel-Schulz - Umfragen sehen Kanzlerin vorn

Veröffentlicht am 03.09.2017, 23:06
Aktualisiert 03.09.2017, 23:10
© Reuters. A screen shows the TV debate between German Chancellor Angela Merkel of the Christian Democratic Union (CDU) and her challenger Germany's Social Democratic Party SPD candidate for chancellor Martin Schulz in Berlin

- von Alexander Ratz

Berlin (Reuters) - Bundeskanzlerin Angela Merkel hat das TV-Duell gegen ihren SPD-Herausforderer Martin Schulz ersten Umfragen zufolge für sich entschieden.

Nach Erhebungen der ARD nach Ende der Sendung am Sonntagabend sah eine Mehrheit der Befragten die Kanzlerin als überzeugender, glaubwürdiger und kompetenter. In dem 90-minütigen Duell kamen vor allem die Außen- und Flüchtlingspolitik zur Sprache. Merkel und Schulz kritisierten dabei die türkische Regierung und betonten Differenzen mit US-Präsident Donald Trump. Während beide Seiten jeweils ihren Kandidaten zum Sieger des einzigen TV-Duells zur Bundestagswahl erklärten, hagelte es Kritik von den anderen Parteien.

Merkel versprach in ihrem Schlusswort, Deutschland zukunftsfest zu machen und Arbeitsplätze zu sichern. "Wir müssen jetzt die Weichen für die Zukunft stellen", sagt sie: "Dafür möchte ich arbeiten, für Sie und mit Ihnen. Und ich glaube, dass wir das gemeinsam schaffen können." Schulz appellierte in seinem Schlusswort an die Wähler, in unruhigen Zeiten Zuversicht zu zeigen. "Das beste Mittel ist der Mut zum Aufbruch", sagte er: "Die Zukunft gestalten und nicht die Vergangenheit verwalten." Er bitte um das Vertrauen, dem Land als Bundeskanzler in einem europäischen Deutschland dienen zu dürfen.

In der Befragung der ARD fanden 55 Prozent der Befragten die Kanzlerin überzeugender, 35 Prozent sahen hier den SPD-Chef vorn. Bei den noch unentschiedenen Wählern lag Merkel demnach mit 48 zu 36 Prozent in Front. Auch in den meisten anderen Feldern lag Merkel vorn: So hielten 44 Prozent ihre Argumente für besser als die von Schulz. Den SPD-Politiker sahen 38 Prozent vorn. Schulz wurde dagegen als angriffslustiger gehalten. Auch bei der Frage der Bürgernähe lag er vorn: 55 Prozent billigten dies Schulz zu, 24 Prozent Merkel. Die Kanzlerin wiederum wurde in der Befragung von 64 Prozent als kompetenter wahrgenommen. Bei Schulz sahen dies 20 Prozent.

Der Forschungsgruppe Wahlen zufolge lag Merkel in den Augen von 32 Prozent der ZDF-Zuschauer vorn, 29 Prozent sahen Schulz in Führung, 39 Prozent fanden keinen großen Unterschied. Bei den Unentschlossenen habe Schulz (29 Prozent) einen besseren Gesamteindruck hinterlassen als Merkel (25 Prozent).

"ALLE ROTEN LINIEN ÜBERSCHRITTEN"

Breiten Raum nahm das Thema Türkei in der Sendung ein: Schulz sagte, bei einem Wahlsieg würde er die EU-Beitrittsverhandlungen mit dem Land beenden. Das Verhalten von Präsident Recep Tayyip Erdogan lasse keine andere Wahl. "Hier sind alle roten Linien überschritten. Der Punkt ist beendet." Auch Merkel fand deutliche Worte: "Die Türkei entfernt sich in einem atemberaubenden Tempo von allen demokratischen Gepflogenheiten." Die Kanzlerin verwies aber darauf, dass die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei von den EU-Staaten formell nur einstimmig beendet werden könnten. Es sei jetzt aber vor allem geboten, wirtschaftlichen Druck auf die Türkei auszuüben.

Zum Auftakt des Duells warf Schulz der Kanzlerin Fehler in der Flüchtlingspolitik vor. Merkel hätte auf dem Höhepunkt der Krise im Sommer 2015 die europäischen Partner früher einbinden müssen, sagte Schulz. Nur weil die Kanzlerin dies nicht getan habe, könnten sich heute etwa Ungarn und Polen bei der Aufnahme der Menschen aus der Verantwortung stehlen. Merkel konterte, der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban sei von Anfang an nicht bereit gewesen, in der Krise zusammenzuarbeiten. "Wir haben damals eine sehr dramatische Situation gehabt", sagte Merkel: "Es gibt im Leben einer Bundeskanzlerin Momente, da müssen Sie entscheiden."

"SCHWERWIEGENDE DIFFERENZEN"

Deutliche Kritik übten Merkel und Schulz auch an Trump. "Wir haben schwerwiegende Differenzen mit dem amerikanischen Präsidenten", sagte Merkel. Als Beispiel für Konflikte mit der Regierung in Washington nannte die Kanzlerin die Klimafrage, aber auch die Äußerungen Trumps zu den rassistischen Ausschreitungen von Charlottesville: "Da stockt einem der Atem." Differenzen müssten daher deutlich angesprochen werden. Schulz hält den US-Präsidenten nicht für fähig, den Konflikt mit Nordkorea zu entschärfen. "Das Problem, das wir mit Trump haben, ist seine Unberechenbarkeit."

© Reuters. A screen shows the TV debate between German Chancellor Angela Merkel of the Christian Democratic Union (CDU) and her challenger Germany's Social Democratic Party SPD candidate for chancellor Martin Schulz in Berlin

Kaum Raum fand in dem Duell dagegen die Innenpolitik: Beim Thema Rente lehnte Merkel eine Anhebung des gesetzlichen Eintrittsalters auf 70 Jahre ab. "Ein ganz klares Nein", sagte sie, was von Schulz begrüßt wurde. Der SPD-Chef äußerte allerdings Zweifel daran, dass Merkel hier Wort halten werde. In der Diesel-Krise warf die Kanzlerin der Autoindustrie Vertrauensbruch vor, die Umweltprobleme in Städten hätten damit aber nur indirekt zu tun. Selbst wenn die Autos genau wie angegeben Abgase ausstoßen würden, bliebe hier noch einiges zu tun. Klar sei aber: "Die Autoindustrie muss das, was sie angerichtet hat, auch wieder gutmachen", sagte sie. "Ich bin stocksauer."

Das Duell war in die Themenkomplexe Flüchtlingspolitik, Außenpolitik, soziale Gerechtigkeit und Innere Sicherheit eingeteilt. Die Opposition ließ kein gutes Haar an der Diskussion: "Das war kein TV-Duell, sondern 90 quälende Minuten GroKo-Therapiegespräch, ein TV-Duett, kaum erträgliche Merkel-Schulz-Konsens-Soße", twitterte der Chef der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch. Grünen-Chef Cem Özdemir schrieb im Kurznachrichtendienst: "#tvduell zeigt: Platz 3 entscheidet über Charakter & Zukunft unseres Landes. GroKo=Stillstand, SchwarzGelb=Vergangenheit, Grün=Zukunft". FDP-Chef Christian Lindner fragte: "Wieso gab es beim TV-Duell nichts zu Bildung, Digitalisierung, Euro, Energie, Klima, Innovation, Bürokratie?"

In Umfragen liegen CDU und CSU weit vorne. Sie kommen auf 37 bis 40 Prozent, während die SPD zwischen 22 und 24 Prozent rangiert. Linke, Grüne, FDP und AfD ringen mit Werten zwischen 6,5 Prozent und elf Prozent um Platz Drei. Einer Forsa-Erhebung zufolge wollte rund die Hälfte der 61,5 Millionen Wahlberechtigten das Duell verfolgen. Die Wahl ist am 24. September.

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