- von Peter Maushagen und Conor Humphries und Victoria Bryan
Frankfurt/Dublin (Reuters) - Ryanair (IR:RYA) erhöht den Druck auf die Lufthansa (DE:LHAG).
Die Iren stemmen sich bei den Wettbewerbsbehörden gegen die Expansion des deutschen Marktführers und greifen die Kranich-Linie gleichzeitig an ihrem Heimatflughafen Frankfurt an. Dort ist der nächste Expansionsschritt der Iren schon so gut wie in trockenen Tüchern. "Wir benötigen noch sechs bis acht Wochen, um unsere Planung abzuschließen, und dann werden wir neue Routen ankündigen", sagte Ryanair-Marketing-Chef Kenny Jacobs am Donnerstag in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters.
Vorgesehen seien ab Ende Oktober Flüge von der Main-Metropole zu neuen Mittelmeer-Destinationen und Zielen, die bei Geschäftskunden beliebt seien. Damit gewinnt die Expansion der Iren am größten deutschen Flughafen nach einem zögerlichen Start deutlich an Fahrt. Denn bislang ist nur angekündigt, dass ab Ende März erstmals vier Bade-Ziele vom größten deutschen Flughafen aus angeflogen werden. "Frankfurt ist ein strategisch wichtiger Flughafen", sagte er.
Das Vorpreschen von Ryanair an die wichtigste Basis der Lufthansa steht symbolisch für einen grundlegenden Wandel auf dem deutschen Flugmarkt. Die Lufthansa, Air Berlin und Co teilten sich das Passagiervolumen jahrelang auf, Billigflieger waren eine Randerscheinung und starteten häufig nur von abgelegenen Ex-Militär-Airports wie Hahn im Hunsrück. Günstiganbieter wie eben Ryanair, Easyjet (LON:EZJ) oder Wizz Air wollten sich nicht mit der mächtigen Lufthansa anlegen. Doch der Dauer-Konzernumbau der Frankfurter und Air Berlins Rückzug auf Raten rief sie wieder auf den Plan. Die Lufthansa schätzt den Vorstoß der Billigheimer als so schwerwiegend ein, dass sie ihren eigenen Günstigableger Eurowings ins Rennen schickt, um die Attacke abzuwehren. Vor allem um den Ausbau von Eurowings zu beschleunigen, mietete die Konzern mehr als drei Dutzend Jets samt Crews von Air Berlin.
RYANAIR-CHEF NENNT LUFTHANSA-DEAL "WITZ"
Nach Aussage von Ryanair-Chef Michael O'Leary ist der Lufthansa-Air-Berlin-Deal schädlich für Passagiere, da die Ticketpreisen steigen werden. "Es ist ein Witz", hatte O'Leary in einem Reuters-Interview gesagt. "Die Lufthansa zerschlägt Air Berlin unter dem Feigenblatt eines Miet-Deals und kauft so ihren einzigen einheimischen Rivalen." Der Marktanteil der Kranich-Linie steige damit auf 63 Prozent. Seinem Unmut über das Geschäft machte der umtriebige Unternehmenslenker auch gegenüber dem Bundeskartellamt Luft. Dort wird der Vertrag noch bis Ende des Monats auf negative Folgen für den Wettbewerb geprüft. Die Bonner Behörde sei sehr interessiert an den Einwänden von Ryanair gewesen, hatte er gesagt.
Grund sei, dass durch den angestrebten Zusammenschluss auf innerdeutschen Routen Flugkapazitäten verschwinden und die Ticket-Preise steigen dürften. "Die Kartellregeln in Europa werden nicht fair durchgesetzt." Der Versuch von Ryanair, den irischen Rivalen Aer Lingus zu kaufen, sei vor vier Jahren von der EU-Kommission wegen der drohenden Marktmacht des Duos in Irland gestoppt worden. "Gleichzeitig dürfen Air France (PA:AIRF) und Lufthansa kaufen, was sie wollen." Nach Aussagen eines Kartellamtssprechers ist Ryanair bei der Prüfung des Lufthansa-Air-Berlin-Geschäfts im Rahmen der üblichen Marktbefragung konsultiert worden. Die Lufthansa wollte sich nicht dazu äußern.
O'Leary kann mittlerweile aus einer Position der Stärke heraus handeln. Die Mitte der 80er Jahre mit wenigen Flugzeugen gegründete Ryanair wächst nämlich rasant. Voriges Jahr verzeichneten die Iren ein Plus von 15 Prozent auf 117 Millionen Passagiere und zogen damit erstmals am bisherigen Europa-Marktführer Lufthansa vorbei. Möglich machen das niedrige Kosten sowie die einheitliche Boeing-737-Flotte, die die Wartungs- und Reparaturkosten niedrig hält. Gewerkschafter kritisieren die Arbeitsbedingungen bei Ryanair.